Zerstörungen und etwas Hoffnung

Großrosseln. Die erste Meldung kommt vom Verein zur Förderung des Warndt-Tourismus (VFWT), der am vergangenen Sonntag seine Draisinen-Saison abgeschlossen hat: Am denkmalgeschützten alten Bahnhof in Großrosseln, Start- und Zielpunkt der Draisinenfahrten, waren wieder Vandalen am Werk. Was Hermann Folz, Postenführer des Polizeipostens Großrosseln, auf SZ-Nachfrage bestätigt

 Die Obergeschoss-Fenster im Großrosseler Bahnhof sind zerschlagen, die Schiefer-Dachschindeln verschwunden. Trotzdem ist die reizvolle Architektur des Baus erkennbar geblieben. Foto: Döpke

Die Obergeschoss-Fenster im Großrosseler Bahnhof sind zerschlagen, die Schiefer-Dachschindeln verschwunden. Trotzdem ist die reizvolle Architektur des Baus erkennbar geblieben. Foto: Döpke

Großrosseln. Die erste Meldung kommt vom Verein zur Förderung des Warndt-Tourismus (VFWT), der am vergangenen Sonntag seine Draisinen-Saison abgeschlossen hat: Am denkmalgeschützten alten Bahnhof in Großrosseln, Start- und Zielpunkt der Draisinenfahrten, waren wieder Vandalen am Werk. Was Hermann Folz, Postenführer des Polizeipostens Großrosseln, auf SZ-Nachfrage bestätigt. Welche Zerstörungen frisch sind, haben die Polizisten freilich nicht exakt protokolliert. Bis auf den demolierten Stellwerks-Telefonkasten. Der Bau sei insgesamt in so schlechtem Zustand, sagt Folz, dass man alte und neue Schäden schwer unterscheiden könne. Der VFWT hingegen hat das Aktuelle genau notiert. Der Verein, erläutert der zweite Vorsitzende Johannes Barton, nutzte bisher mit Erlaubnis der Eigentümerin, der Deutschen Bahn (DB), noch intakte Bahnhofs-Räume, um Material zu lagern. Bartons Fazit: Der Stellwerksraum wurde aufgebrochen, das Sicherheitsschloss an der Relaisstation geknackt. Beim Ortstermin zeigt sich, dass der ganze Bau an der Gleisseite offen steht - eine neue Situation.Nicht neu sind eingeschlagene Scheiben, herausgerissene Fensterrahmen, lockere Ziegel, offene Stellen im Dach, die freizügig Regen und Wind einlassen und illegal Unterschlupf Suchenden das Eindringen leicht machen. Eine Besichtigung vor gut einem Jahr, bei der auch Bau-Sachverständige dabei waren, ergab, dass Witterung und Vandalismus dem Denkmal bereits kräftig zugesetzt haben. Einige Holzfußböden seien so marode, dass man beim Betreten mitsamt den morschen Dielen in die Etage drunter stürzen könne, lautete das Experten-Urteil. Und: Um das Denkmal zu erhalten, müsse eiligst eine Notsicherung her. Doch geschehen ist seither nichts. Auch in Sachen Gebäude-Verkauf hat sich nichts getan. Außer dass das entsprechende Immobilien-Angebot auf der DB-Internet-Seite nicht mehr zu finden ist. Das, sagt DB-Pressesprecher Hartmut Lange, liege daran, dass sich auf das Angebot hin Interessenten gemeldet hätten. Man stehe in Verhandlungen und hoffe, dass bis Jahresende ein Kaufvertrag unterschrieben sei. Investieren werde man nicht mehr in den Bahnhof, "er ist für uns entbehrlich". Ihrer Verkehrssicherungspflicht für den Bau werde die DB aber nachkommen und auch dafür sorgen, dass wieder dichtgemacht werde: "Wir schicken jemanden vorbei, der sich das Ganze ansieht." Aktiv werden will jetzt auch Josef Baulig, Leiter des Landesdenkmalamtes. Er werde auf die Gemeinde zugehen, sagt er, um sie für eine Übernahme des Bahnhofs zu gewinnen. Die Gemeinde als Eigentümerin könne dann Zuschüsse erhalten für die Sanierung des Baus. Ob sie daran Interesse hat, war gestern nicht in Erfahrung zu bringen, denn Bürgermeister Peter Duchene war krankheitshalber nicht im Dienst.Die Polizei, so berichtete Inspektions-Leiter Axel Busch gestern, ermittelt derweil wegen der jüngsten Zerstörungen. Meinung

Allerhöchste Eisenbahn

 Vandalismus-Schäden vom vergangenen Wochenende: Das Stellwerk, im Anbau links untergebracht, ist aufgebrochen, das Stellwerks-Telefon demoliert. Foto: Barton

Vandalismus-Schäden vom vergangenen Wochenende: Das Stellwerk, im Anbau links untergebracht, ist aufgebrochen, das Stellwerks-Telefon demoliert. Foto: Barton

Von SZ-RedakteurinDoris Döpke Löcher im Dach, in Wänden, Türen, Fenstern: Weil Schutz gegen die Unbilden der Witterung fehlt, ist der alte Großrosseler Bahnhof, ein Denkmal, gefährdet. Und er ist zudem gefährlich: Wenn sich Menschen Zutritt zum Gebäude verschaffen, könnte die marode Bausubstanz zu schweren Unfällen führen. Das stellten Bau-Experten bereits vor mehr als einem Jahr fest. Folgenlos, Sicherungen gegen das Wetter sind seither ausgeblieben, Sicherungen gegen illegale Eindringlinge und Vandalen ebenso. Dass auch Unfälle bisher ausblieben, ist reines Glück. Die Deutsche Bahn als Eigentümerin, das Landesdenkmalamt als Sachwalter des historischen Bau-Dokuments und die Gemeindeverwaltung waren sich bisher stillschweigend in einem einig: Sie haben gewartet, worauf auch immer; eine Koalition der Untätigen, wenn man so will. Wetter und zerstörungswütige Menschen hingegen waren unablässig tätig. Zum Schaden des Denkmals, das weiter verfällt.Jetzt, immerhin, scheint Bewegung in die Sache zu kommen. Für den Bahnhof ist es allerhöchste Eisenbahn. Auf einen BlickDer Bahnhof Großrosseln hatte im vorigen Jahr 100-jähriges Jubiläum: 1907 weihte die Königlich Preußische Eisenbahnverwaltung den Bau ein. Er war damals Endpunkt der Rosseltal-Bahnstrecke. 1976 wurde dort der Personenverkehr eingestellt, der Bahnhof wurde überflüssig. Die technischen Einrichtungen dort benötigte die Bahn jedoch länger, um die Kohle-Transporte vom Bergwerk Warndt abzuwickeln. Seit 2001 steht das Gebäude unter Denkmalschutz. dd

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