Sie macht Kultur in Großrosseln „Und plötzlich war es ein Vollzeitjob“

Großrosseln · Die Kulturbeauftragten im Regionalverband: Nadia Haag und Frank Trenz kümmerns sich um die Kultur in Großrosseln.

 Nadja Haag und Frank Trenz machen Kultur in Großrosseln. 

Nadja Haag und Frank Trenz machen Kultur in Großrosseln. 

Foto: Iris Maria Maurer

Noch nicht erntereif – dann sind sie ja tiefschwarz – sondern kurz vorher leuchten Brombeeren in einem dunklen Purpurton. Wände in dieser Farbe erwartet man eher nicht in einem Rathaus. Und wenn schon, „ich hab mir das ausgesucht“, strahlt Nadia Haag. Ihr Büro liegt unterm Dach und zeitigt nicht nur diese spezielle Farbgebung, sondern auch ziemlich schräge Wände. Wenn sie nicht gerade „Materialbeschaffung und andere Verwaltungsaufgaben“ erledigen muss, organisiert die Beamtin hier das Kulturprogramm für die 8300 Großrosselner und ihre Gäste. Wobei sich Nadia Haags Dienst nicht nur in diesen vier Wänden abspielt, sondern auch in der 500 Meter Luftlinie entfernten Rosseltalhalle oder, auf Schusters Rappen, in Wald und Feld.

Im Dienst wandern – kombiniert mit Jodeln und Esel führen, Vollmond anschauen oder Pilze bestimmen? Für Nadia Haag nichts Ungewöhnliches, die Themenwanderungen rund um den Premium Warndt-Wald-Weg oder den Schäfertrail Warndt wollen schließlich vorbereitet und getestet sein. Das gehört für die zweifache Mutter ebenso zum Alltag wie Überstunden zu familienunfreundlichen Tageszeiten, oft auch sonn- und feiertags. Was Nadia Haag relativ gelassen nimmt: Mit 15 und 13 Jahren sind ihre beiden Kinder längst aus dem Gröbsten raus und wenn es sich ergibt, begleitet ihre Tochter sie sogar gern zu Ausstellungseröffnungen oder Konzerten.

„Durch Zufall“ ist Nadia Haag in die Kulturschiene gerutscht. Nach dem Studium arbeitete sie zuerst einmal für die Universitäts-Kasse. Allerdings nur befristet. Als im Großrosselner Sozialamt dann eine Stelle frei wurde, bewarb sie sich erfolgreich. Und als dann noch die Mitarbeiterin im Kulturamt in Mutterschutz ging, hatte Nadia Haag ihren Platz und ihre Bestimmung gefunden. Seit 2006 kümmerte sich die Verwaltungsangestellte zunächst neben vielem Anderen um Rathaussturm und Volkstrauertag und ab und zu um ein Konzert. Peu á peu wurde es mehr Kultur und „plötzlich war es ein Vollzeitjob“ – ein abwechslungsreicher, der „sehr viel Spaß macht, sagt Nadia Haag“.

Im Veranstaltungskalender findet man Sachen, die man einer Mini-Gemeinde wie Großrosseln gar nicht zutrauen würde, unter anderem Rockkonzerte und Musicals (Gunni Mahling und sein Ensemble sind quasi Stammgäste), im März sogar ein zweitägiges Jazzfestival – undenkbar ohne die Rosseltalhalle. Konzipiert als reiner Kulturort, optimierten Akustik-Ingenieure durch bauliche Maßnahmen ihren Klang.

Mit erstaunlichem Resultat: „Die Künstler sind begeistert“, verschiedene Studios nutzen den Saal für Aufnahmen aller Art. Sogar aus Österreich sind sie schon angereist, laut Nadia Haag ist das „der Ritterschlag“. Obwohl sie schon 1000 Veranstaltungen inklusive Probebetrieb auf dem Buckel hat, sieht die Halle in ihrem zehntem Jahr noch aus „wie geleckt“, findet Frank Trenz. Ihm obliegen das technische Know How, Kontakte zu den Bands und die Sicherheit bei Veranstaltungen in der Rosseltalhalle.

Für Trenz ist die Kultur das Sahnehäubchen auf dem Dienst im Liegenschaftsamt. „Es macht mich richtig glücklich“, Live-Musik auf den Weg zu bringen. So freut es ihn „wie ein kleines Kind“, wenn er den mit den Füßen wippenden Zuhörern in der Rosseltalhalle zuschauen kann. „Da kommt die ganze Liebe und Leidenschaft, die wir reinstecken, zurück.“

Dankbar ist das Duo nicht zuletzt dem Bürgermeister von Großrosseln, Jörg Dreistadt. „Weil er wirklich offen ist und uns die Freiräume lässt, die wir brauchen“, erklärt Nadia Haag. „Es ist ein gutes, schönes Arbeiten.“ Was überdies nur funktioniere, weil Bauhof und Hausmeister tatkräftig zuarbeiten, betont Dreistadt.

Wenn sie sich was wünschen dürfte, was das wäre? Klarer Fall: „Ich höre so gerne Pur“, verrät Nadia Haag. Und weil die ja auch ab und zu Wohnzimmerkonzerte geben, hat sie dafür Großrosseln vorgeschlagen. Bisher leider ohne Rückmeldung. Dafür gab es für sie zum letzten Geburtstag einen Gänsehautmoment: Als ihr die 430 Besucher des Weihnachtskonzertes unter Leitung von Gunni Mahling ein Ständchen sangen: „Das war so toll.“

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