„Jeden Tag kommt was Neues“

Großrosseln · Zwei Mitarbeiterinnen der Gemeindeverwaltung, unterstützt von einer Sozialarbeiterin und zwei Arabisch-Kundigen, kümmern sich in Großrosseln um Flüchtlinge. Von der Wohnung bis zum deutschen Alltag – sie haben alle Hände voll zu tun.

 Sie kümmern sich in Großrosseln um Flüchtlinge, von links: Hasan Ahmad, Michaela Becker, Saskia Uhl und Inga Kietel in der alten Schule. Ahmad kam selbst als Flüchtling, Becker und Uhl gehören der Verwaltung an, Kietel ist Sozialarbeiterin. Foto: Becker & Bredel

Sie kümmern sich in Großrosseln um Flüchtlinge, von links: Hasan Ahmad, Michaela Becker, Saskia Uhl und Inga Kietel in der alten Schule. Ahmad kam selbst als Flüchtling, Becker und Uhl gehören der Verwaltung an, Kietel ist Sozialarbeiterin. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Die Verwaltungsmitarbeiterinnen Michaela Becker und Saskia Uhl kümmern sich im Rosseler Rathaus um Flüchtlingsangelegenheiten. Sozialarbeiterin Inga Kietel und der Integrationslotse Hasan Ahmad unterstützen die beiden. Ahmad kam im Mai 2015 als Flüchtling aus Syrien, seit November arbeitet er für die Gemeinde. "Er ist uns eine sehr große Hilfe", sagt Teamleiterin Becker. Der Kollege spricht Englisch, Arabisch, Kurdisch.

Inga Kietel lebt seit 2006 in Deutschland, sie beherrscht Polnisch, Englisch und Deutsch. Die Sozialarbeiterin, die ihre Stelle Anfang Januar antrat, bringt viele neue Ideen ein. Zurzeit sucht sie Paten, die den Asylbewerbern die Umgebung zeigen und die deutsche Kultur näher bringen. Und auch deutschen Alltag - in den Herkunftsländern der Schutzsuchenden ist es zum Beispiel nicht üblich, Müll zu trennen oder Energie zu sparen. Einige Kontakte wurden bereits geknüpft, zwei Flüchtlinge proben im Kirchenchor mit.

Wir treffen die Verwaltungsmitarbeiter in einem Büro in der ehemaligen Rosseler Grundschule. Bei dem Gespräch fehlt Mohamed Haj. Der Dolmetscher aus dem Libanon, der auf 450-Euro-Basis für die Gemeinde arbeitet, komplettiert das Team. Einige Räume weiter bietet eine Integrationslotsin des Roten Kreuzes gerade ihre wöchentliche Flüchtlingssprechstunde an, gemeinsam mit einer Psychologin.

Draußen machen sich einige Syrer auf den Weg in den Ort. Sie wollen sich bei den Bürgern mit Blumen für die nette Aufnahme bedanken. Und sie möchten sich von den Silvester-Übergriffen in Köln distanzieren. "Wir sind gegen Belästigung", steht auf einem ihrer Plakate.

In der früheren Schule wohnen 26 Flüchtlinge . Sachbearbeiterin Uhl kümmert sich um alle Verwaltungsaufgaben, etwa um die Abrechnung mit dem Sozialamt. Sie ist auch vor Ort, wenn die Hilfesuchenden ankommen. "Im Regelfall haben wir zwei Wochen Vorlaufzeit", erklärt die Angestellte mit Blick auf die Zuweisungen durch den Regionalverband. Insgesamt leben in Großrosseln zurzeit 84 Flüchtlinge . Neuankömmlinge kommen nicht mit komplett leeren Händen. Die Erstausstattung mit Handtüchern, Besteck oder Jogginghose erfolgt in der Landesaufnahmestelle in Lebach.

Bei der weiteren Ausstattung, etwa mit Möbeln oder Kleidung, kann die Gemeindeverwaltung auf die große Hilfsbereitschaft der Rosseler setzen. Gibt es noch Engpässe? "Verkehrstüchtige Fahrräder werden immer gebraucht", betont Michaela Becker. Die Bevölkerung hilft nicht nur mit Sachspenden, eine Bürgerin bringt minderjährigen Flüchtlingen ehrenamtlich Deutsch bei. Die Neue Arbeit Saar bietet ebenfalls Sprachkurse an.

Bei der Betreuung der Flüchtlinge ist Improvisationstalent gefragt. "Jeden Tag kommt was Neues", weiß Michaela Becker. Als es letzte Woche zu schneien begann, starteten die Flüchtlinge eine Schneeballschlacht.

Doch dann erfuhren sie, dass die weiße Pracht auch Pflichten mit sich bringt. Das Rathaus-Team besorgte Schneeschieber zum Räumen der Wege. Schnee fällt in Syrien nur ganz selten. Und der Karneval ist völlig unbekannt. In einer Infoveranstaltung werden die Asylsuchenden Verhaltenstipps für den Rosseler Umzug erhalten.

Die Flüchtlinge vertrauen ihren Helfern von der Gemeindeverwaltung. "Sie sind sehr freundlich", versichert Michaela Becker. Gibt es doch mal Probleme, versucht man die Konflikte frühzeitig zu lösen. "Kommunikation ist alles", weiß Saskia Uhl.

Das Rathausteam kümmert sich um seine Schützlinge, und die Flüchtlinge umsorgen ihre Betreuer. Immer wieder mal bringen sie Kaffee ins Büro oder laden zum selbst gekochten Essen ein. Den Verwaltungsmitarbeitern macht der Job trotz stressiger Phasen Spaß. Ist alles erklärt und organisiert, können sie die Hände nicht in den Schoss legen. Stehen Neuankömmlinge vor der Tür, fängt die Arbeit wieder von vorne an. "Man ist nie fertig", sagt Uhl. Am Nachmittag fährt Sozialarbeiterin Kietel in ein Möbelhaus. Weitere Zimmer müssen eingerichtet werden. Bis Ende Januar, berichtet Uhl, erwartet die Gemeinde 16 neue Flüchtlinge .

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