Großrosseln brummt

Großrosseln · Am Rande liegt sie, die Warndt-Gemeinde Großrosseln. Und mit der Zeit sind Arbeitsplätze verlorengegangen, Bewohner weggezogen. Doch Bürgermeister Jörg Dreistadt (SPD) sieht nun eine Trendwende.

 Einkaufen und Bummeln in Großrosseln – gestern Nachmittag war in der Ortsmitte lebhafter Betrieb. Foto: Jenal

Einkaufen und Bummeln in Großrosseln – gestern Nachmittag war in der Ortsmitte lebhafter Betrieb. Foto: Jenal

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Es ist die Schlussfrage. Und ausgerechnet da wartet unser Redaktionsgast mit einer Überraschung auf. "Was läuft derzeit in Großrosseln besonders gut?", wollen wir wissen von Jörg Dreistadt (SPD ), dem Bürgermeister der Warndt-Gemeinde. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2016, antwortet er, sei die Einwohnerzahl Großrosselns wieder gestiegen. Zahlen? Die hat er gerade nicht parat; es sei nur ein winziger Anstieg, fügt er hinzu. Dennoch, er sieht darin eine Art Trendwende, ist doch Großrosselns Bevölkerung seit Jahren, ach was: seit Jahrzehnten stetig geschrumpft. Und wenn man bedenke, dass Forscher der Kommune im Warndt noch vor wenigen Jahren ein weiteres Absinken der Einwohnerzahl um rund 20 Prozent voraussagten, falle die aktuelle Entwicklung doppelt ins Gewicht.

Der Anstieg, das zeigt sich bei der Nachfrage im Einwohnermeldeamt, ist in der Tat nur winzig. Genau fünf Rosseler Bürger sind von Januar bis Juni 2016 hinzugekommen, 8076 Menschen zählte die Kommune zur Jahresmitte. Aber Dreistadt ist sicher, dass das kein Statistik-Zufall ist. Erstens, berichtet er, sei die Zahl der Eheschließungen in der Kommune merklich gestiegen. Zweitens gebe es wieder mehr Geburten. Und drittens könne man den Anstieg - zumindest die Stabilisierung - der Bevölkerungszahl nicht in Verbindung bringen mit dem Flüchtlingszustrom. Von den geflüchteten Menschen, die Großrosseln auf Zuweisung des Landes mit Wohnraum versorge, blieben nur ganz wenige in der Gemeinde, sobald ihr Asylstatus anerkannt sei und sie ihren Wohnsitz frei wählen könnten. "Die meisten ziehen weg, entweder zu Verwandten oder in größere Städte", sagt Dreistadt. Denn dort hätten Flüchtlinge einfach bessere Chancen auf Ausbildung und Jobs als im kleinen, etwas abgelegenen Großrosseln , das nicht mehr viele Arbeitsplätze biete und eher zur Wohngemeinde geworden sei.

Da aber sieht er Erfolge: "Wir haben kaum Leerstände", egal ob bei Wohnbauten oder bei Geschäften. Im kleinen neuen Neubaugebiet in Naßweiler seien alle Grundstücke weg. Und dort, wo jetzt noch die marode Karlsbrunner Turnhalle steht, kann er sich nach deren Abriss ein weiteres kleines Neubaugebiet vorstellen. Nein, Hilfe privater Investoren brauche Großrosseln dabei nicht: "Bei so wenigen Parzellen kann man das über die Verwaltung vermarkten", sagt er. So seien dann auch familienfreundliche Grundstückspreise möglich, weil es ja keinen Zwischenhändler-Aufschlag gebe.

Die letzten Laden-Leerstände in der Großrosseler Ortsmitte sind mittlerweile auch wieder belegt, berichtet er. Und die Neuansiedlungen dort - unter anderem Schuh- und Drogeriemarkt - hätten das Ihre getan zur Belebung: "Das brummt richtig." Nicht nur Franzosen hätten Großrosseln als Einkaufsort gewählt, sondern wohl auch mancher Völklinger: "So viele VK-Autos wie jetzt habe ich bei uns noch nie gesehen."

Förderung für ansiedlungswillige Familien


Doch dieses Extra ließ der Großrosseler Gemeindehaushalt auf Dauer nicht zu


Großrosseln. Die ersten großen Studien zur demografischen Entwicklung, seit Mitte der 2000er Jahre in der Debatte, prognostizierten für Kommunen wie Großrosseln ein rasches Absinken der Einwohnerzahl. Und einen ebenso raschen Anstieg des Durchschnittsalters. Um dem entgegenzuwirken, beschloss Großrosseln 2007 Extra-Förderung für Familien, die sich neu im Ort ansiedelten. Beim Bau oder Kauf von Wohnraum gab es von der Kommune Zuschüsse, 2500 Euro für jedes im Haushalt lebende Kind, pro Familie maximal 10 000 Euro. 50 000 Euro jährlich standen dafür ab 2008 im Gemeindehaushalt. Aber nur bis Ende 2012; danach zwangen Schuldenbremse und knappe Kasse die Gemeinde, auf das Extra zu verzichten. Auf Nachfrage ist aus dem Rosseler Rathaus zu hören, die Zuschüsse seien stets begehrt gewesen; von diesem Etat-Posten sei nie etwas übrig geblieben.

 Neu gebaut, nach eigenwilligem Entwurf: Der Kindergarten in Dorf im Warndt. Foto: Becker & Bredel

Neu gebaut, nach eigenwilligem Entwurf: Der Kindergarten in Dorf im Warndt. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Mittlerweile versucht die Gemeinde bei ihren Pflichtaufgaben, nämlich Schule und Kindergarten, nach Kräften Akzente zu setzen für junge Familien. Der Kindergarten in Dorf im Warndt ist neu gebaut, die Grundschule umgezogen ins - größere - Gebäude der früheren Realschule.

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