Der Warndt kämpft um Zukunfts-GeldLandes-Versäumnisse führen zu zähem Programmstart

Warndt. "Der Warndt kommt in Schwung": Unter dieses Motto stellte die Lokale Aktionsgemeinschaft (LAG) Warndt 2008 die Vorstellung eines neuen Regionalprodukts

 Schwung pur im Kindergarten Dorf im Warndt: Kinder spielen mit dem Wildschaukelschwein, das die Design-Studentin Christine Schößer entworfen hat. Großrosselns Bürgermeister Peter Duchene hat den Kindergärten der Gemeinde je eins der symbolischen Holztiere spendiert. Foto: Becker & Bredel

Schwung pur im Kindergarten Dorf im Warndt: Kinder spielen mit dem Wildschaukelschwein, das die Design-Studentin Christine Schößer entworfen hat. Großrosselns Bürgermeister Peter Duchene hat den Kindergärten der Gemeinde je eins der symbolischen Holztiere spendiert. Foto: Becker & Bredel

Warndt. "Der Warndt kommt in Schwung": Unter dieses Motto stellte die Lokale Aktionsgemeinschaft (LAG) Warndt 2008 die Vorstellung eines neuen Regionalprodukts. Mit Augenzwinkern, denn es ging um ein Spielzeug - Christine Schößer, Design-Studentin an der Saar-Kunsthochschule, hatte für ein Studienprojekt die wilden Wutzen des Warndtwaldes als "Wildschaukelschweine" gezähmt. Die schwungvollen Dinger, von einem St. Nikolauser Schreiner gefertigt, fanden bei den Kindern Anklang. Und schienen für die LAG Warndt, regional verantwortlich fürs europäische Leader-Programm, ein gutes Omen. Ab Juli 2009 galten offenere Förderrichtlinien, die Projektarbeit kam nach eineinhalb Jahren Stillstand (siehe nebenstehenden Artikel) in Schwung.Aufs Ganze gesehen, ebenso gut wie die anderen Leader-Regionen im Saarland. 25 Projekte brachte die LAG Warndt bis November 2010 auf den Weg, berichtet Vorsitzender Wilhelm Wagner (Foto: dd). Im Bliesgau und im St. Wendeler Land waren es je 24. Wobei es freilich Unterschiede gibt. So haben Vereine die meisten Warndt-Vorhaben eingereicht (13). In den anderen Regionen dominieren Kommunen oder Kreis. Dorther kommen im Bliesgau 13 Anträge, in St. Wendel zwölf, im Warndt nur sechs. Verschieden also auch das Antragsvolumen, Vereine wagen ja meist nur kleinere Projekte: In St. Wendel beträgt es 2,42 Millionen Euro, im Bliesgau 1,78 Millionen Euro. Im Warndt sind es nur 1,57 Millionen Euro. Hier blieb man anfangs regelrecht auf den Zuschüssen sitzen, weil Programm und Region erst nach Änderungen der Förderrichtlinien zusammenpassten, also erst ab Mitte 2009.

Doch nun empfehlen Gutachter, bei der Verteilung der 2,7 Millionen Euro "Reserve" für 2010 bis 2013 den Warndt außen vor zu lassen. Und raten, das Warndt-Drittel quasi umzubuchen: 900 000 Euro für Melk-Roboter. Dieser Gutachter-Rat, sagte Saarforst-Mann Hubertus Lehnhausen jetzt in der Mitgliederversammlung der LAG Warndt, habe wohl ganz eigene Gründe: Lehnhausen hat die Gutachter als "Freunde der industriellen Landwirtschaft" erlebt; sie sähen den Leader-Prozess als "Spielerei", die "ihrer Klientel das Geld wegnimmt".

Die LAG Warndt hat gegen das Gutachten protestiert. Mit ihr der Großrosseler Gemeinderat. Und die beiden anderen LAGs, denn seit 2010 arbeiten die Leader-Regionen zusammen: Eine Kürzung im Warndt würde alle schwächen. Und: Für jetzt geplante Großprojekte brauche der Warndt dringend das Geld. Dafür kämpft er nun - um in Schwung zu bleiben. Warndt. Das Leader-Programm der Europäischen Union (EU) hat im Warndt für ein Wechselbad der Gefühle gesorgt. Es begann Ende 2007 mit Jubel. Da hatte der Warndt im saarländischen Drei-Regionen-Wettbewerb Platz zwei belegt, 1,7 Millionen Euro EU-Zuschüsse winkten bis 2010. Leader, so teilten Landes-Vertreter mit, folge dem Motto "bottom up", von unten, fördere auch Vorhaben von Bürgern und Vereinen.

Im Januar 2008 folgte Ernüchterung. Im Vergleich zu Vorgänger-Programmen hatte die EU ihre Förderrichtlinien eingeengt. Geld war nur für Land- und Forstwirtschaft zu haben - im Warndt zählen aber andere Themen, Region und Programm passten nicht zusammen. Und private Projektträger bekamen nur wenig Geld, konnten sich den Eigenanteil nicht leisten; kein "bottom up" mehr. Bayerische Landesvertreter hatten die Einengungen früh bemerkt und mitgeteilt - saarländische hatten das verschlafen. Wache Kreative im Warndt waren ausgebremst.

Im März 2008 informierten die Leader-Akteure das Land, wo sie Lockerungen der Förderregeln dringlich fanden. Im Dezember (!) trug das Land die Wünsche nach Brüssel. Im Juli 2009 traten Änderungen in Kraft; die lokalen Akteure im Warndt konnten endlich mit der Projektarbeit beginnen.

Nach der Landtagswahl 2009 wanderte die Zuständigkeit für Leader vom Umwelt- ins Wirtschaftsministerium. Die Leader-Betreuer wanderten jedoch nicht mit. Erst seit Herbst 2010 haben die lokalen Leader-Macher wieder feste Ansprechpartner beim Land. dd

Auf einen Blick

"Leader" ist eine Abkürzung für "Liaison entre actions de dévéloppement de l'économie rurale", Vernetzung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft, und bezeichnet ein Förderprogramm, das aus dem Agrarfonds der Europäischen Union finanziert wird. Im Saarland profitieren davon der Bliesgau, der Warndt und das St. Wendeler Land. Für alle drei Regionen stehen im Zeitraum von 2007 bis 2013 insgesamt 8,5 Millionen Euro zur Verfügung, die als Zuschüsse in nachhaltige Projekte zur regionalen Entwicklung fließen sollen. Über die Verteilung der 2,7 Millionen Euro für die Zeit von 2011 bis 2013 wird das zuständige Landes-Wirtschaftsministerium in den nächsten Wochen entscheiden. dd

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort