Beinahe-Zoff um Sonnenstrom

Karlsbrunn · Nach wie vor beobachten Anwohner mit Argusaugen, was sich auf dem Gelände der ehemaligen Grube Warndt in Karlsbrunn tut. Dabei haben sie 2014 Verstöße gegen Bebauungsplan-Vorschriften festgestellt. Die werden jetzt wohl korrigiert.

 17 Hektar Photovoltaik: Blick vom Förderturm der ehemaligen Grube Warndt auf die riesige Anlage zur Erzeugung von Sonnenenergie. Der Straße (im Bildhintergrund) sind die Erbauer mit den Modulen näher gerückt, als sie durften. Archivfoto: Jenal

17 Hektar Photovoltaik: Blick vom Förderturm der ehemaligen Grube Warndt auf die riesige Anlage zur Erzeugung von Sonnenenergie. Der Straße (im Bildhintergrund) sind die Erbauer mit den Modulen näher gerückt, als sie durften. Archivfoto: Jenal

Noch vor Wochenfrist sah es nach einem ernsthaften Konflikt aus, eventuell nach einem langen Rechtsstreit. Die Erbauer der gigantischen Photovoltaik-Anlage, die seit 2012 auf dem Gelände der ehemaligen Grube Warndt in Karlsbrunn Strom erzeugt, hatten Auflagen des Bebauungsplans missachtet; Anwohner hatten 2014 darauf aufmerksam gemacht. Großrosselns Verwaltung und Rat bestanden auf Einhaltung der Vorgaben. Der Regionalverband, zuständig fürs Durchsetzen von Baurecht, stand parat zur Aktion. Doch nun lenkt der Anlagen-Eigentümer offenbar ein: Wie Regionalverbandssprecher Stefan Kiefer auf SZ-Anfrage mitteilte, hat er sich per Brief gemeldet.

Laut Bebauungsplan sollte die Photovoltaik-Anlage einen bestimmten Abstand halten von der Karlsbrunner Schlossstraße, der Hauptstraße im Ort. Und sie sollte mit einem breiten, auf Betreiber-Kosten anzulegenden Grünstreifen abgetrennt werden von der angrenzenden Wohnbebauung. Um beides hatten die Anlagenbauer sich nicht gekümmert. Und nachdem die Kommune den neuen Eigentümer - die Anlage wurde zwischenzeitlich verkauft - an seine Pflichten erinnert hatte, ließ der nicht etwa Bauarbeiter anrücken. Sondern schickte einen Antrag ins Rosseler Rathaus, die Gemeinde möge ihn von den Bebauungsplan-Auflagen befreien. Das lehnte der Gemeinderat im Dezember einstimmig ab.

Die aktuelle Post hat der Regionalverband jetzt an die Gemeinde weitergereicht, zuständigkeitshalber. Der Anlagen-Eigentümer, die Firma Solarpark Gemini, habe um Fristverlängerung gebeten, sagte Bürgermeister Jörg Dreistadt (SPD ) auf SZ-Anfrage. Die Firma wolle den Verstoß offenbar "heilen" und bis Ende März ein Konzept dafür vorstellen. Die Gemeinde werde ihr mit der Frist entgegenkommen, sagte Dreistadt, "es gibt keinen Grund, das nicht zu tun". Anschließend werde sich der Rat noch einmal mit der Sache befassen.

Um den Bebauungsplan für das alte Grubengelände hatte es heftigen Streit gegeben. Karlsbrunner Anwohner, heute zusammengeschlossen im Verein "Initiative Lebenswertes Karlsbrunn ", hatten lautstark protestiert gegen neue Gewerbeansiedlungen: Es seien Beeinträchtigungen durch Lärm und andere Immisionen zu fürchten. Erst nach jahrelangem Hin und Her und etlichen Änderungen setzte der Rat den Plan in Kraft. Von daher ist das Thema noch immer höchst sensibel.

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HintergrundDie Photovoltaik-Anlage auf dem Gelände der ehemaligen Grube Warndt ging im März 2012 in Betrieb. Sie umfasst 17 Hektar Fläche und hat eine Leistung von 3,8 Megawatt. Damit kann sie 20 Jahre lang 3,5 Millionen Kilowatt Strom jährlich erzeugen, genug für etwa 1100 Haushalte. Gebaut wurde die Anlage von der Firma Renerco Solar, einer Tochter der Baywa. Die Investition dafür belief sich nach Erbauer-Angaben auf rund sechs Millionen Euro. Das Sonnenstrom-Projekt war ursprünglich Teil des Plans, auf dem früheren Grubengelände in großem Stil günstig Bioenergie zu erzeugen und mit dieser billigen Energie neues Gewerbe an den Standort zu locken. Doch nachdem eine lokale Bürgerinitiative Einsprüche erhoben hatte, verzögerte sich die Verabschiedung des Bebauungsplans um mehrere Jahre. Da sich zwischenzeitlich auch die Förderung für Bioenergie veränderte, rückte der Investor von seinem Vorhaben ab. Nur die Photovoltaik-Anlage wurde realisiert. dd

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