Aufklärung über Gestank gefordert

Saarbrücken/Völklingen/Carling · Nachdem das Umweltministerium Studien zur Luftqualität im Warndt vorgestellt hat, fordern Linke, Grüne und Anwohner weitere Messungen. Denn nach wie vor ist unklar, ob die lothringische Chemieplattform Carling Quelle der Gerüche ist.

 Viele Bewohner der Warndt-Gemeinden machen die Chemieplattform im lothringischen Carling für die Gerüche in ihrer Region verantwortlich. Foto: Michel Labelle/Total Petrochemicals

Viele Bewohner der Warndt-Gemeinden machen die Chemieplattform im lothringischen Carling für die Gerüche in ihrer Region verantwortlich. Foto: Michel Labelle/Total Petrochemicals

Foto: Michel Labelle/Total Petrochemicals

Die Opposition im Landtag fordert von der Landesregierung, weiter nach der Ursache des Gestanks im Warndt zu suchen. Umweltminister Reinhold Jost (SPD ) hatte am Mittwoch die Ergebnisse einer Geruchs- sowie einer Flechtenstudie vorgestellt, die sich mit der Luftqualität nahe der lothringischen Chemieplattform Carling befassten (die SZ berichtete). Sein Fazit: "Die Luft im Warndt ist sauber."

Grünen-Fraktionschef Hubert Ulrich hält das für eine "reine Beschwichtigungsstrategie": "Zwar konnte in Bezug auf die Schadstoffbelastung der Luft größtenteils Entwarnung gegeben werden. Doch noch immer haben die Bewohner keine Gewissheit darüber, woher der Gestank stammt." Auch Dagmar Ensch-Engel, umweltpolitische Sprecherin der Linken, erklärte, die Anwohner hätten ein Recht darauf, zu erfahren, woher die üblen Gerüche stammen und wie man sie abstellen kann.

Zudem sei offen, so Ulrich, ob die Stoffe, die hinter dem Geruch stecken, dauerhaft gesundheitsschädlich sind. Davon geht das Umweltministerium nicht aus: Jost hatte am Mittwoch erklärt, dass in den vergangenen Jahren weder überdurchschnittlich viele Krebserkrankungen noch Atemwegserkrankungen im Warndt aufgetreten seien.

Die Opposition forderte, schnellstmöglich weitere Messungen in die Wege zu leiten. Jost hatte angekündigt, in fünf Jahren erneut Untersuchungen durchführen zu lassen.

Die Bürgerinitiative "Saubere Luft für die Warndtgemeinden" zeigte sich von den Studienergebnissen wenig überrascht: "Dass sich die Flechtenpopulation alleine aufgrund der Schließung der Kokerei vor einigen Jahren verbessern würde, war offensichtlich", sagte die Vorsitzende Heike Schreiner. Flechten seien nicht geeignet, um die spezifischen Schadstoffe der Plattform ausreichend zu beurteilen. Sie forderte, andere Messmethoden auszuprobieren.

An 200 Bäumen im Warndt waren Flechten untersucht worden, weil diese sehr sensibel auf Luft- und Klimaveränderungen reagieren. Dabei stieß der Flechtenexperte Volker John sogar auf zahlreiche bedrohte Arten, sodass er den Schluss zog: Die Luft ist sauber.

Zugleich waren über drei Monate hinweg mit Mikrosensoren Gerüche in der Region erfasst worden. Die Anwohner sollten zudem ihre Geruchsempfindungen festhalten. Im ersten Anlauf drohte das Projekt zu scheitern, weil viele Teilnehmer absprangen, laut Jost mit der Begründung "Es stinkt nicht mehr". Im zweiten Durchgang nahmen 30 Warndt-Bewohner teil. Dabei stellte man fest, dass sie den Gestank ebenso oft bei Südwest-Wind bemerkten - was ein Hinweis auf Carling als Quelle wäre - wie bei Wind aus anderen Richtungen. In mehr als 80 Prozent der Fälle stellten sie zudem gar keinen Geruch fest. Das Ministerium folgerte daraus, der Gestank sei nicht "erheblich belästigend", die Quelle unklar.

Dass Jost am Mittwoch zudem rechtliche Schritte gegen die Erweiterung der Chemieplattform ausgeschlossen hatte, bezeichnete die Opposition als "Schlag ins Gesicht der besorgten Bürger". Jost hatte erklärt, "wenn die Anlage in Deutschland gebaut würde, wäre sie genauso genehmigt worden", hatte aber ein "umfassendes Monitoring" der Luft-, Wasser- und Bodenqualität versprochen. Die Stadt Völklingen erwägt eine Klage gegen den Umbau, weil sie - anders als Jost - der Meinung ist, dass sowohl das Genehmigungsverfahren als auch der Umbau selbst gegen EU-Regelungen verstoßen.

Die Bürgerinitiative hält indes eine EU-Beschwerde für erfolgversprechender, weil eine Klage sich lange hinziehen und teuer werden würde. Trotz mancher Differenz sprach die Vorsitzende dem Minister ein Lob aus: "Jost hat sich mehr eingesetzt als seine Vorgänger." Das Resultat sei aber das Gleiche: "Die Franzosen machen, was sie wollen."

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