Theorie in Saarbrücken, Praxis in Lothringen Ausbildung in zwei Ländern gleichzeitig

Saarbrücken · In Saarbrücken die Berufsschule besuchen und im nahen Frankreich als Azubi arbeiten – oder umgekehrt. Wie so etwas funktioniert – und bereichernd sein kann, darum ging es an der Mügelsbergschule.

 Wolfgang Klein (links), der Schulleiter des TGBBZ 1, führte Azubi Max Baas (Mitte) und Arbeitsvermittler Julien Robichon durch die Holzwerkstatt.

Wolfgang Klein (links), der Schulleiter des TGBBZ 1, führte Azubi Max Baas (Mitte) und Arbeitsvermittler Julien Robichon durch die Holzwerkstatt.

Foto: Stefan Bohlander

Großes entsteht immer im Kleinen – oder auch aus dem Nichts. Denn gegen Null tendierten die Französischkenntnisse von Max Baas noch vor rund einem Jahr, wie er am Mittwochmorgen erzählte. Da war der 20-Jährige zu Gast im Technisch-gewerblichen Berufsbildungszentrum 1, kurz TGGBZ oder Mügelsbergschule, und machte Werbung für eine grenzüberschreitende Ausbildung.

Trotz widriger Voraussetzungen hatte er sich dazu entschlossen, im französischen Montbronn, etwa eine halbe Stunde von Saargemünd entfernt, eine Ausbildung zum Tischler zu beginnen. Seit August absolviert er den praktischen Teil bei der dortigen Menuiserie Nickel, also einer Schreinerei. Für die Theorie jedoch fährt er nach Saarbrücken in die Mügelsbergschule. Und seit dieser Zeit lernt er auch die Sprache deutlich intensiver.

Skeptisch zeigte sich anfangs Julien Robichon. Er vermittelt bei der Agentur für Arbeit in Saarbrücken grenzüberschreitende Ausbildungen. Seit 2014 gebe es ein Abkommen zwischen dem Saarland und Lothringen, das diese Möglichkeit bietet. 68 junge Menschen wurden so bislang vermittelt. 

Max ist der erste Tischler-Azubi. Genau die Dinge, die das Abkommen ermöglichen soll, waren es letztlich, die Max Baas zu dem Schritt bewogen: „Eine neue Sprache und eine andere Kultur kennenlernen“, das sei ihm, wie er erklärte, wichtig gewesen. Etwas anderes ist ihm aber mindestens ebenso wichtig: „Es macht deutlich selbstständiger.“

Inspiration bezog er auch aus der eigenen Familie. Denn vor etwa zehn Jahren zog sein Vater nach Frankreich. Vor kurzem ging er selbst nach Lemberg, etwa zehn Minuten Autofahrt von Montbronn entfernt. Dass Max relativ früh bei der Agentur für Arbeit anfragte, sieht Arbeitsvermittler Julien Robichon als Vorteil: „Dann hat man genügend Zeit“, denn es gelte, im Vorfeld einige Formalitäten zu klären und sich mit Kammern abzustimmen – in diesem Fall mit der Handwerkskammer.

In anderen Fällen müsse mit der Landwirtschafts- oder der Industrie- und Handelskammer abgeklärt werden, ob die jeweiligen Lehrbetriebe in Deutschland oder Frankreich beispielsweise überhaupt eine Ausbildungsberechtigung haben.

Die Zahl der jungen Menschen, die sich für eine grenzüberschreitende Ausbildung interessieren, werde größer. Besonders in Frankreich: Überwiegend seien es französische Jugendliche, die die Praxis gern in Deutschland absolvieren. Zu einer unverbindlichen Info-Veranstaltung können sowohl angehende Azubis auch Vertreter von Firmen jeden ersten Dienstag im Monat um 10 Uhr ins BIZ kommen.

Eingebunden war die Inforunde mit Max Baas und Julien Robichon in den „Deutsch-Französischen Tag“, den das TGBBZ 1 zum Jahrestag der Unterzeichnung des Élysée-Vertrages ausgerichtet hatte. Dabei war Professor Thomas Bousonville. Der Direktor des Deutsch Französischen Hochschulinstituts (DFHI) warb für Deutsch-Französische Studiengänge. Unter anderem lasse sich am DFHI Logistik, Tourismus und Maschinenbau studieren. Bousonville erinnerte sich an seine eigene Studienzeit, in der das alles nicht so einfach gewesen sei: „Da war die Grenze ja noch da.“ Das DFHI ist seit 1978 eine Kooperation der HTW Saar und der Université de Lorraine. Mit rund 450 Studierenden ist es die größte deutsch-französische Hochschulkooperation.

Es folgte eine Vorstellungsrunde von grenzüberschreitenden Azubis, die in der jeweiligen Fremdsprache darüber berichteten, was ihnen am Nachbarland gefällt. Auch „Shoppen gehen“ und der Besuch eines Fitness-Studios wurden da unter anderem genannt.

An der Mügelsbergschule selbst wird die deutsch-französische Begegnung am Dreikönigstag mit dem „Galette des Rois“ gefeiert („Dreikönigs-Kuchen“ oder „Königstags-Galette“). Darin eingebacken ist eine kleine Porzellan-Figur. Wer sie findet, darf sich eine Krone aufsetzen – und ist deutsch-französischer König für einen Tag.

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