Sommerszene Ganz entspannt in die Sommerszene

Saarbrücken · Charlie Bick bleibt seinem Straßentheater-Festival treu. Am 5. Juli geht es los. Die Gaukler und Straßenkünstler erobern dann die Stadt.

 Symbolfoto

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Foto: dpa/Heinz von Heydenaber

Kann ein Mann entspannter sein? Wiegenden Schrittes schaukelt Charlie Bick in den sonnendurchfluteten Innenhof des Cafés Kostbar, plumpst in einen Rattanstuhl und bestellt eine Bionade. Der Festivalmacher kommt gerade vom Grafiker, das Programmheft ist fertig – es kann losgehen.

Am 5. Juli startet die Sommerszene und lockt in Saarbrücken und Dillingen mit bunter Vielfalt: Von der kleinen mobilen Attraktion bis zur großen Platz-Inszenierung bieten die Internationalen Straßentheatertage bis zum 15. Juli alles, was das Herz des Fans begehrt.

Völklingen ist, wie schon vor zwei Jahren, nicht mehr dabei: Nachdem die Stadt bereits 2013 ihren Zuschuss halbiert hatte, stieg sie 2015 ganz aus. „Schade“, meint Charlie Bick, der das Festival jetzt seit 32 Jahren verantwortet – anfangs mit Unterstützung seiner Asphalt-Company, jetzt seit fast drei Jahrzehnten im Duo mit Marion Künster und dem gemeinnützigen Verein Kultur Direkt.

Schade vor allem deswegen, weil gerade in Völklingen Bicks niedrigschwelliges Umsonst-und-draußen-Konzept einer Kultur für alle fruchtete: „Wir versuchen jeden Abend, das Publikum neu zusammenzusetzen“, erläutert Bick. „Wir wollen Leute erreichen, die sich so etwas sonst nicht leisten könnten.“

An finanziellen Hürden dürfe Kulturvermittlung nicht scheitern, ist er überzeugt. Weil aber der Gesamtetat kontinuierlich geschrumpft ist, findet die Sommerszene bereits seit 2007 nur noch alle zwei Jahre statt. Nun hat auch Dillingen den Zuschuss halbiert.

Bick ist mittlerweile 62 Jahre – denkt er da an Rückzug? „Nein“, tritt er kursierenden Gerüchten entgegen: „Die Sommerszene ist unser Baby, für das wir verantwortlich sind. Wir denken im Moment gar nicht daran aufzuhören!“ 2018 gönnt er sich ein Sabbathjahr, um professioneller Deformation vorzubeugen.

Und in Zukunft will er überhaupt nur noch Sachen machen, die ihm Spaß bereiten – und da gehört die Sommerszene definitiv dazu. Denn alle anderen Festivals und Projekte, die er und Marion Künster jeweils allein oder im Team deutschlandweit auf die Beine stellten beziehungsweise noch stellen, sind Auftragsarbeiten.

Aber während etwa das Straßentheaterfestival Rastatt, das die beiden von 1993 bis 2014 organisierten und als größtes deutsches Spektakel dieser Art etablierten, unter neuer Leitung weitergeführt wird, macht sich Bick bezüglich der Sommerszene keine Illusionen: „Wenn wir gehen, stirbt das Festival. Nachfolger für uns wird es keine geben, denn davon kann niemand leben.“

Das war aber auch nicht sein Ansinnen, als er die Sommerszene 1985 aus der Taufe hob: „Meine Generation hatte keine Geschäftsideen, sondern gesellschaftliche Ambitionen.“ Umso mehr freut er sich über die nachhaltige Wertschätzung durch die Stadt Saarbrücken – und über die ehrenamtliche Unterstützung aller Helfer vor Ort.

Seit Marion Künster vor drei Jahren ins niedersächsische Einbeck gezogen ist, kümmert sie sich im Vorfeld des Festivals verstärkt um die künstlerische Programmgestaltung, während Bick den organisatorischen Part vor Ort übernommen hat.

Abhängig sind die Straßentheatertage außerdem vom guten Willen des Wettergottes. Wie praktisch, dass die Sommerszene ihren eigenen Wetterfrosch hat. Ronald Maltha heißt der Mann, der schon ewig, seit seiner Rückkehr ins Saarland sogar von der Wetterstation Ensheim aus, tagesaktuelle Prognosen abgibt.

Riskieren wir ein Open Air, oder flüchten wir besser ins Regenquartier? Um diesen Nervenkitzel kommen Bick und Künster auch in diesem Jahr nicht herum.

Internetseite www.sommerszene.de ist freigeschaltet. Das Programm liegt  in Saarbrücken und Dillingen kostenlos aus.

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