Veranstaltung der Linke in Bildstock Diskussion über faire Löhne und Ausbildung

Bildstock · Gute Arbeitsbedingungen, gerechte Löhne und die Wertschätzung der Mitarbeiter waren wichtige Themen einer Podiumsdiskussion der Linke in Bildstock.

Die Podiumsdiskussion zum Thema „Arm trotz Arbeit“ im Bildstocker Rechtsschutzsaal brachte Experten aus Politik, Wirtschaft und dem Gesundheitsbereich mit engagierten Zuhörern zusammen. Die von der Linksfraktion in der Regionalversammlung und des Wahlkreisbüros des Bundestagsabgeordneten Thomas Lutze organisierte Veranstaltung am Donnerstagabend war sehr gut besucht. Ganz eng mussten die rund 100 Zuhörer im Rechtsschutzsaal zusammenrücken.

Der Hauptinitiator der Veranstaltung, Jürgen Trenz, Vorsitzender der Fraktion Die Linke in der Regionalversammlung, begrüßte zur Diskussion Sandra Bollinger, Betriebsratsvorsitzende der Saarland Heilstätten GmbH, Frank Saar, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Saarbrücken, Thomas Lutze und den Bürgermeister der Stadt Friedrichsthal, Christian Jung (SPD). Der zog Vergleiche zwischen der derzeitigen Situation vieler arbeitender Menschen mit der vor 130 Jahren, als die Bergmänner unter der Führung von Nikolaus Warken eben an dieser Stelle das erste Gewerkschaftshaus in Deutschland errichteten, um fortan für ihre Rechte zu streiten. Früher wie heute sei es dabei um bessere Arbeitsbedingungen, gerechteren Lohn und höhere Wertschätzung gegangen. „Diese Thematik bewegt auch heute wieder unsere Gesellschaft“, sagte Jung. „Die ständig steigenden Kosten für Energie, Lebenshaltung und Wohnen drängen viele arbeitende Menschen an den Rand und schließen sie von sozialer Teilhabe aus.“

Moderatorin Heike Wendorff von der Stiftung Rechtsschutzsaal eröffnete die Diskussion mit alarmierenden Zahlen. „Während die Reallöhne im letzten Jahr um vier Prozent gesunken sind, sind die Verbraucherpreise um sechs Prozent gestiegen. Das ist für alle spürbar geworden“, sagte Wendorff. Die Frage, was dagegen unternommen werden kann und ob Lohnsteigerungen alleine diese Schieflage wieder zurechtrücken können, gab die Moderatorin zunächst an Sandra Bollinger weiter. Die SHG-Betriebsratsvorsitzende blickte auf die Situation der Pflegekräfte während der Coronapandemie zurück und stellte anhand dieser Erfahrungen fest, dass nur eine Kombination aus höherer Wertschätzung, besseren Arbeitsbedingungen und höheren Löhnen ein Schritt zur Lösung sein könnte. Außerdem sei die Idee einer Vier-Tage-Woche richtig. „Nur über höhere Löhne gewinnt man keinen Nachwuchs mehr“, meinte Bollinger.

Sie bemängelte die neue Ausbildungsstruktur in der Pflege. Der Hintergrund: Seit Januar 2020 beginnen alle Auszubildenden in den Gesundheitsberufen eine sogenannte „generalistische“ Ausbildung. Die Unterscheidung in die früheren Bereiche Alten-, Kranken- oder Kinderpflege ist entfallen. Nach Bollingers Meinung sei seitdem „keine qualitativ gute Ausbildung mehr gegeben“. Es fehle oft an Fachwissen. Diese Neuordnung der Ausbildung habe das System noch kranker gemacht und keinesfalls den Fachkräftemangel beseitigt.

Auch der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Saarbrücken, Frank Saar, sprach das Problem der oft fehlenden Qualifikation an. „Wir bräuchten Nachwuchskräfte, aber eben höher qualifizierte.“ Er verwies auf die oft schlechte Schul- und Allgemeinbildung der Bewerber und das veränderte Verhalten vieler Jugendlicher. „Die ticken heute ganz anders“, meinte Saar. „Inzwischen stellen wir da oft schon lieber Quereinsteiger ein.“ Bei seinen weiteren Ausführungen hinsichtlich der Zinspolitik, den Geldflüssen und der Geschäftspolitik der Sparkassen gerieten die eigentlichen Themen Armut und prekäre Beschäftigung, faire Arbeit und faire Löhne etwas in den Hintergrund. Zu viele finanztechnische Begriffe ließen die Zuhörer fragend zurück. Dann ging es konkret um die Schließung von Filialen und Geldautomaten. „Konten kosten uns viel Geld. Umsonst geht da nichts. Wir müssen eben wirtschaftlich handeln“, sagte der Sparkassenchef.

 Die Vorsitzende des Landesverbandes der Partei Die Linke, Barbara Spaniol, fragt nach. Daneben von links: Moderatorin Heike Wendorff, Thomas Lutze, Die Linke, Frank Saar, Vorstandschef der Sparkasse Saarbrücken und Sandra Bollinger, Betriebsratschefin der Saarland Heilstätten GmbH.

Die Vorsitzende des Landesverbandes der Partei Die Linke, Barbara Spaniol, fragt nach. Daneben von links: Moderatorin Heike Wendorff, Thomas Lutze, Die Linke, Frank Saar, Vorstandschef der Sparkasse Saarbrücken und Sandra Bollinger, Betriebsratschefin der Saarland Heilstätten GmbH.

Foto: Dieter Steinmann

Die Sorgen um die Versäumnisse und Fehlentwicklungen in der Bildungs- und Ausbildungspolitik reichte die Moderatorin an Thomas Lutze weiter. Er brachte das Thema Armut wieder in den Mittelpunkt der Diskussion und berichtete von seinen Erfahrungen aus vier Wahlperioden im Bundestag. „An die eklatanten Grundprobleme wird nicht rangegangen“, meinte er. „Es gibt nicht zu wenig Geld im Land. Es wird schlicht falsch verteilt.“ Die Kindergrundsicherung gebe es noch immer nicht, stattdessen aber 100 Milliarden Euro für die Rüstung. In der Coronapandemie hätten viele Firmen gut verdient, die dann noch zusätzlich unterstützt wurden. Hier stehe nun ernsthaft „der Zusammenhalt der Gesellschaft auf dem Spiel.“ Bei der anschließenden Fragerunde wurde deutlich, wie sehr sich die Zuhörer mit den vorgebrachten Problemen beschäftigen. Viele Fragen blieben offen, wurden aber in der „dritten Halbzeit“ bei einem Bergmannsfrühstück mit Lyoner und kalten Getränken noch lange weiter erörtert. Fazit vieler Gäste: Gerne dürfte es von Veranstaltungen dieser Art noch weitere geben.

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