Ein langes Handwerk Ein Leben im Zeichen des Handwerks

Bildstock · Siegfried Kappes wurde für 60 Jahre mit dem Diamantenen Meisterbrief geehrt. Heute backt er nicht mal mehr Kuchen.

 Bäckermeister Siegfried Kappes in der heutigen Bäckerei seines Sohnes Frank Kappes

Bäckermeister Siegfried Kappes in der heutigen Bäckerei seines Sohnes Frank Kappes

Foto: BeckerBredel

„Als ich 1961 in Quierschied angefangen habe, hatte ich keinen Pfennig Geld in der Tasche. Ich hatte kein Geld für neue Schuhe, aber ich habe alle Rechnungen sofort bezahlt, damit ich Skonto bekomme“, sagt Bäckermeister Siegfried Kappes (84) aus Bildstock.

Seine Bäckerei in Quierschied gab er auf, als man ihm einen Wechsel nach Bildstock anbot. Dort wurde für eine 1889 gegründete Bäckerei ein Nachfolger gesucht, 20 Mitbewerber gab es. „Der Chef hatte sich ganz genau ausgesucht, wem er seinen Betrieb überlässt. Ich habe ihn dann bekommen“, sagt Kappes, der von der Handwerkskammer des Saarlandes nun den Diamantenen Meisterbrief für 60 Meisterjahre erhielt und noch heute neben der Bäckerei wohnt, die nun den Namen seines Sohnes trägt.

Trotzdem ist der Betrieb in der Ortsmitte seit 1889 dem Standort treu, auch die Backstube ist dort zu finden. Siegfried Kappes lobt seine Frau: „Sie hat geschafft wie nur was. Ein Bäcker steht in der Backstube und bekommt vom Betrieb nix mit. Die Frau kümmert sich um den Laden“, erzählt der Bäckermeister und lächelt ihr zu.

Diese Arbeitsteilung gibt es heute noch. Sohn Frank, der aktuelle Betriebsinhaber, ist auch mit Ehefrau im Familienbetrieb aktiv. „Ich wollte nie, dass mein Sohn Bäcker wird. Er hatte ein Angebot von einer Bank. Aber er wollte es unbedingt“, so Kappes, dessen Sohn schließlich als landesbester Bäckermeister seine Prüfung abschloss und mit 58 Jahren heutzutage jede Nacht kurz nach Mitternacht die Öfen startet. Nur wenn der 1. FC Saarbrücken spiele, gehe er als Fußballfan aus dem Haus. Selbst Auswärtsspiele besucht er gern.

Ansonsten präge der Alltag in der Backstube das Leben: Nachts wird gearbeitet, am Tag wird geschlafen. Das sei auch der Grund für die betrieblichen Nachwuchsprobleme. Die Bäckerei in Bildstock bilde seit drei Jahren nicht mehr aus, auch einen Nachfolger gebe es nicht. „Der Verdienst ist wirklich gut, man kann vom Ertrag einer Bäckerei gut leben“, sagt Frank Kappes. Aber die Arbeitsbedingungen seien der Grund, warum allein er eine ganze Reihe anderer Betriebe kenne, die vor der Aufgabe stünden oder schon leerstehen.

Aktuell sehe es so aus, als könnte die 129 Jahre alte Bäckerei ihren 140. Geburtstag nicht mehr feiern. Jubilar Siegfried Kappes, der im Turnverein Bildstock in der Prellballabteilung lange Zeit aktiv war, beobachtet die Entwicklung. Er sei froh, dass der Betrieb die Existenz seines Sohnes bis heute sichern könne. Die Zukunft des Bäckerhandwerks sei aber nunmal schwierig. Er selbst hat dem Handwerk auch entsagt: „Ich backe seit meiner Rente keinen Kuchen mehr. Ich esse ihn nur noch gern.“ Gebacken wird er dann aber von seiner Frau – unter einer Bedingung: „Der Altmeister soll mir nicht reinreden.“

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