Auch ohne Mandat ein politischer Mensch sein

Friedrichsthal · Ein wenig komisch ist ihm schon zumute, wenn er zurzeit an den Info-Ständen der Parteien im Landtagswahlkampf vorbeigeht. Denn bis vor rund zwei Jahren hat er das auch gemacht: Die Menschen in unserer Region informiert über das jeweils aktuelle (Wahl)-Programm. Auch wenn es für Klaus Gottfreund eine Nummer kleiner sein durfte.

 Ex-Stadtrat Klaus Gottfreund Foto: privat

Ex-Stadtrat Klaus Gottfreund Foto: privat

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Denn der heute 51-Jährige kandidierte seinerzeit für den Stadtrat von Friedrichsthal - und war erfolgreich. Folglich gehörte er dem Gremium seit der vorigen Kommunalwahl bis zu seinem Ausscheiden an. Und dieses Ausscheiden war seinem Umzug nach Saarbrücken geschuldet - und zwar einzig diesem und nicht etwa einem Zerwürfnis mit den Kollegen "seiner" Linken-Fraktion, wie es gerüchteweise noch heute heiße. Im Gegenteil, wie der Diplom-Kaufmann im Gespräch mit der SZ sagt. Gerade in den gemeinsamen Sitzungen mit den Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, mit der die Linke seit der Kommunalwahl eine reguläre Koalition führt, sei es immer "sehr konstruktiv und offen" zugegangen.

Der Mitarbeiter der KDI in Sulzbach spricht hier ganz deutlich von "gelebter Demokratie". Doch nicht nur das Miteinander in seiner Fraktion und in der Koalition fehlen Gottfreund heute.

Auch die Geplänkel mit den politischen Gegnern während der Rats- oder Ausschuss-Sitzungen bezeichnet er heute (mit dem Abstand des Zurückgetretenen) als wichtig und lehrreich.

Ob es ihm da nicht manchmal zu heftig und laut zuging? Nein. "Klappern gehört zum Handwerk", sagt er und "gesteht" jetzt auch ein, dass man in Kenntnis des Gegenübers dessen Verbalattacken hin und wieder provoziert habe, um die Zuhörer/Fraktionskollegen zu beeindrucken.

Doch was kann man als Stadtverordneter eigentlich bewegen? Nicht viel, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen. Das sei im Wesentlichen den Pflichtaufgaben geschuldet, die den Kommunen von Bund und Land aufgedrückt würden. Und hier spricht Gottfreund wieder Klartext: "Der Bund muss das System reformieren." Denn das Leben spiele sich in erster Linie in der Kommune ab und nicht in der Bundeshauptstadt. Und vor Ort werde dringend Geld gebraucht, um die vielfältigen Aufgaben zu bewältigen und - vor allem auch, um "die Zukunft zu gestalten", wie Gottfreund es nennt. Der hat nach eigenen Worten als AH-Leiter des SC Friedrichsthal immer noch Kontakt in die Stadt, in der er aufgewachsen ist, und weiß also, was so läuft in Kommunen.

Was gibt der mittlerweile Parteilose, der sich ein politisches Engagement (zum Beispiel in der Landeshauptstadt) durchaus wieder vorstellen kann, jungen Mandatsträgern oder den Anwärtern darauf mit auf den Weg? "Es braucht Menschen, die die Situation ändern wollen und auch mal zivilen Ungehorsam üben."

Er hält es für wichtig, "dass jeder/jede sich engagiert, auch wenn dicke Bretter zu bohren sind". Man dürfe das politische Feld nicht den Extremen überlassen. Und da denkt er über den Tellerrand des Politikers hinaus; Hauptsache engagiert. Ob im Sport, in der Kultur, im Sozialen oder eben doch in der Politik: Das stärke die Persönlichkeit des/der Einzelnen und lehre Rücksichtnahme, Toleranz und taktisches Verhalten in der Gruppe. Und das nütze auch im Beruf. Und den nimmt Gottfreund zurzeit sehr ernst, den er bereitet sich per Fernstudium auf den "Master of Engineering" im Instandhaltungsmanagement Rohrleitungssysteme vor. Aber wenn das geschafft ist, sieht man Klaus Gottfreund vielleicht doch wieder an einem Info-Stand. Denn: Die nächste Wahl kommt bestimmt.

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