Saarbrücken Als plötzlich eine Granate auf dem Tisch lag

Saarbrücken · Eine alte Dame räumte den Keller auf und transportierte dann einen gefährlichen Fund in einer Plastiktüte quer durch Saarbrücken.

 Dirk Otterbein ist für die Entschärfung von Weltkriegs-Sprengstoff im Saarland zuständig. Er kümmerte sich auch um die  Granate, die im Ordnungsamt abgegeben wurde. Unser Foto zeigt ihn mit einer Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg, die er im Februar in Homburg entschärft hat.

Dirk Otterbein ist für die Entschärfung von Weltkriegs-Sprengstoff im Saarland zuständig. Er kümmerte sich auch um die  Granate, die im Ordnungsamt abgegeben wurde. Unser Foto zeigt ihn mit einer Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg, die er im Februar in Homburg entschärft hat.

Foto: BeckerBredel

Den 4. Mai wird Jan Wachter vermutlich nie mehr vergessen. Es war der Tag, an dem ihm eine alte Dame eine Mörsergranate auf den Schreibtisch legte. Dabei sah an diesem Tag alles nach Routine aus in der Waffenbehörde der Landeshauptstadt Saarbrücken. Am Tag zuvor hatte Jan Wachter mit der alten Dame telefoniert. Beim Umzug habe sie einen Patronengurt mit Munition gefunden. Um solche Funde entgegenzunehmen und ordnungsgemäß zu beseitigen, ist die Behörde, in der Jan Wachter arbeitet, da.

Als die Dame aus Burbach ihm am nächsten Tag dann eine Plastiktüte auf den Tisch legte, war es dann aber vorbei mit der Routine. In der Tüte befand sich eine 500-Millimeter-Mörsergranate. Jan Wachter begleitete die alte Frau aus dem Büro und informierte den Kampfmittelräumdienst, der nur wenige 100 Meter von Ordnungsamt entfernt in der Mainzer Straße sitzt.

Der oberste Kampfmittelräumer  des Saarlandes, Dirk Otterbein, war etwas zehn Minuten später im Ordnungsamt. Über das, was dort  auf dem Schreibtisch lag, habe er sich „gewundert“, sagt er. Die Waffenbehörde sei für „neumodische“ Waffen und Munition zuständig, für deren Entschärfung eine andere Abteilung der Polizei. Otterbein rückt normalerweise nur aus, wenn irgendwo Waffen oder Munition aus dem Ersten oder Zweiten Weltkrieg gefunden werden. Und damit war er im Büro von Jan Wachter genau richtig.

Neben einem Patronengurt, der Übungsmunition der Bundeswehr enthalten hat, also neumodisches Zeug, lag da eine französische Granate aus dem Jahr 1940. Und die gehörte da nicht hin. „Die mechanische Auslösung war nicht mehr möglich, aber der Sprengstoff war in der Granate noch vorhanden. Der explodiert aber zum Glück nicht von alleine“, stellte Otterbein fest.

Von der Weltkriegsgranate ging also keine unmittelbare Gefahr aus. Dennoch rät Dirk Otterbein dringend: „Die Bürger sollten mit solchen Dingen nicht auf Reisen gehen.“ Vor allem nicht mit Bus und Saarbahn quer durch die Stadt zum Ordnungsamt. „Wir kommen auch zu den Leuten nach Hause“, verspricht der Kampfmittelräumdienst-Chef.

Und das kommt gar nicht so selten vor. Rund 220 Einsätze hatte der Kampfmittelräumdienst im vergangenen Jahr im Saarland. Dabei wurden 3,7 Tonnen Munition und Sprengstoff sichergestellt, „von der Gewehrpatrone bis zur 500-Kilo-Bombe“, wie Otterbein sagt. Dass Menschen, so wie die alte Dame, zum Beispiel nach dem Tod eines Angehörigen beim Aufräumen dessen Hauses alte Waffen und Munition im Keller finden, komme gar nicht so selten vor. Auch bei der Gartenarbeit oder beim Pilzesuchen stoße man manchmal auf Dinge, für die der Kampfmittelräumdienst zuständig ist.

„Der Laie kann nicht erkennen, ob das, was er da gefunden hat, gefährlich ist, ob es nicht verschossene Munition oder ein Blindgänger ist“, weiß Otterbein und empfiehlt daher: „An der Fundstelle liegen lassen und nicht bewegen.“ Dann wähle man am besten die 110 oder die 112. Weil ja heute fast jeder ein Mobiltelefon hat, mit dem Fotos gemacht werden können,  könne dann schnell geklärt werden, wer für den Fund zuständig ist.

Manchmal, sagt Stefan König, der Leiter des Saarbrücker Amts für Brand- und Katastrophenschutz, zeigen Fotos von der Fundstelle dann auch, dass der Fund harmlos ist, „etwa ein alter Feuerlöscher oder ein Metallzylinder, der mit Waffen aber nichts zu tun hat“, wie er sagt.

Das klappe in der Regel auch alles wunderbar, sagt der Leiter der Polizeibehörde im Ordnungsamt, Beekmens Xavier. Polizei, Ordnungsamt und Feuerwehr arbeiten gut zusammen. Für ihn war es das erste Mal, dass er ein Büro im städtischen Ordnungsamt hat absichern müssen, weil da plötzlich eine Weltkrieg-Granate lag.

Damit so etwas nicht nochmal passiert, hat Stadtpressesprecher Thomas Blug eine Bitte an alle, die den Keller aufräumen, Pilze suchen oder im Garten mal etwas tiefer graben: „Nicht mit einer Granate in einer Plastiktüte durch die Stadt fahren!“

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