Hiobsbotschaft im ungünstigsten Moment Ukraine-Krieg bereitet Ford Probleme – weiter Kurzarbeit im Werk Saarlouis

Saarlouis · Die Kurzarbeit muss wegen Lieferproblemen von Teilen aus der Ukraine für den Focus verlängert werden. Demnach gilt in Saarlouis zeitweise Kurzarbeit.

 Die Produktion im Ford-Werk-Saarlouis ist weiterhin massiv beeinträchtigt. Jetzt fehlen nicht nur Halbleiter, sondern auch Lenkräder aus der Ukraine für den Focus. 

Die Produktion im Ford-Werk-Saarlouis ist weiterhin massiv beeinträchtigt. Jetzt fehlen nicht nur Halbleiter, sondern auch Lenkräder aus der Ukraine für den Focus. 

Foto: Ruppenthal

Die 5000 Beschäftigten im Saarlouiser Ford-Werk müssen eine weitere schlechte Nachricht verkraften. Statt auf eine reguläre Produktion setzen zu können, muss das Werk die Kurzarbeit verlängern. Anders als bisher sind dafür nicht mehr nur die Engpässe in der Versorgung mit Halbleitern für wichtige Bauteile im Focus verantwortlich. Jetzt beginnt sich nach Angaben des Ford-Betriebsrates im Saarlouiser Werk auch der Ukraine-Krieg auf die Versorgungslage mit wichtigen Bauteilen auszuwirken.

Demnach können wichtige Zulieferteile aus der Ukraine für den Focus nicht mehr angeliefert werden, wie der Betriebsrat am Dienstag in einer Info an die Beschäftigten mitteilt. Nach derzeitigem Stand sind hiervon unter anderem die Lenkräder für den Focus betroffen. „Ob hier eine rechtzeitige Umstellung auf einen anderen Zulieferer erfolgen kann, wird aktuell geprüft", heißt es in der Mitteilung.

Ukraine-Krieg macht Ford in Saarlouis zu schaffen

Erschwert werde die Situation jedoch auch massiv durch bestimmte Kriegsfolgen. So stünden vielen Zulieferbetrieben im Grenzgebiet zur Ukraine ein Großteil ihres Personals nicht mehr zur Verfügung. Davon berichteten derzeit Zulieferbetriebe aus Polen, Tschechien und der Slowakei. Der wesentlichste Grund hierfür sei, dass zahlreiche Mitarbeiter in ihre Heimat zurückgekehrt sind, um dort für die Unabhängigkeit der Ukraine zu kämpfen. „Die genauen Auswirkungen, die hieraus entstehen, können noch nicht abgeschätzt werden", heißt es in der Betriebsrats-Info an die Ford-Beschäftigten.

Deshalb sei es momentan nicht möglich, verlässlich zu planen, wann und in welcher Form die Produktion  an den Ford-Standorten in Saarlouis sowie in Köln weitergehen kann. Im saarländischen Werk werde jedoch diese Woche noch durchgehend produziert. In Köln wird bereits ab Freitag wieder zur  Kurzarbeit übergegangen.

Zum weiteren Vorgehen in Saarlouis heißt es wörtlich: „Für den Fall, dass wir in dieser Woche Fehlteile haben, werden die Fahrzeuge hier im Werk zunächst geparkt, bis eine Nachrüstung möglich ist. So, wie wir das bereits im Februar gemacht haben." Für die kommende Woche würden definitiv 5000 Focus-Einheiten aus dem Programm genommen, da man die Verfügbarkeit der benötigten Teile nicht garantieren könne. Deshalb werde die Kurzarbeit im Werk Saarlouis vom kommenden Montag, 21. März, bis Freitag, 25. März, auf die Früh- und Spätschicht ausgedehnt. Die Werkleitung habe bereits eine entsprechenden Antrag eingereicht. Der Betriebsrat habe diesem Antrag auch schon zugestimmt.

Wie es danach in Saarlouis mit der Produktion weitergeht ist, noch offen. Verlässliche Aussagen hierüber könne man frühestens Ende dieser beziehungsweise Anfang nächster Woche treffen.

Hiobsbotschaft für Ford Saarlouis im ungünstigsten Moment

Die jüngsten Botschaften zu den Versorgungsengpässen kommen für den Standort Saarlouis im ungünstigsten Moment. Zum einen bemüht man sich, im Wettbewerb mit dem spanischen  Konkurrenzstandort Valencia derzeit durch eine verlässliche Produktion und möglichst gute Standortbedingungen zu überzeugen. Seit Monaten wird hinter den Kulissen in vielen Arbeitsgruppen unter maßgeblicher Beteiligung des Betriebsrates sowie der Beschäftigten ein attraktives Konzept gestrickt, mit dem man an der Spitze von Ford-Deutschland und Ford-Europa zu Gunsten von Saarlouis überzeugen will.

Zum anderen haben auch die jüngsten Botschaften von Ford-Europa-Chef Stuart Rowley für Unruhe gesorgt, der zwar erneut eine grundsätzliche Produktion von Elektroautos in Europa und Deutschland bekräftigt hat, die anstelle von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor treten soll, jedoch wieder den Ford-Standort Saarlouis unerwähnt ließ. Bisher sind für diesen grundsätzlichen Umbau hin zur Elektromobilität nur hohe Finanzmittel für Ford in Köln beschlossen.

Markus Thal, Betriebsratschef in Saarlouis, rechnet dennoch nach wie vor mit guten Aussichten des saarländischen Werkes im Vergleich zum  spanischen  Standort Valencia. Obwohl er zugleich als Optimal-Option ansieht, beide Standorte auch künftig zu erhalten. Auch die saarländische Landesregierung mit Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) und Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) hatten bereits in den vergangenen Wochen mehrfach deutlich gemacht, alles menschenmögliche getan zu haben, um dem Ford-Standort Saarlouis das Überleben möglichst auch langfristig zu sichern.

Einen Lichtblick gibt es dennoch. So sind nach Angaben des Betriebsrates Ende Januar 23 Auszubildende nach dem erfolgreichen Abschluss ihrer Lehre zunächst auf zwölf Monate befristet in den Betrieb übernommen worden. Ihre unbefristete Übernahme ist für Januar 2023 vereinbart. Zudem wurden weitere 29 ehemalige Auszubildende als Jungfacharbeiter nach ihrem Tarifjahr unbefristet übernommen. 

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