Jazz in der City Fiebriger Bebop und flauschige Balladen des Swing

Saarbrücken · Deutsch-französisches Jazz-Konzert im Zeichen der engen Verbundenheit zwischen Saarbrücken und Nantes im „Jules Verne“.

Akademisches Viertel? Von wegen: Die jungen Jazzer, die am Freitag unter dem Motto „Ça va Jazzer“ auftraten, gönnten sich gleich drei Viertelstunden Verspätung, bis sie endlich loslegten. Die französische Nonchalance war verständlich: Um 18.30 Uhr, als das Konzert hätte losgehen sollen, war kaum Publikum da – wahrlich eine reichlich frühe Zeit für Blue Notes. Aber dann sollte es tatsächlich ein richtig netter Modern-Jazz-Abend werden: Anlässlich der Europawoche und im Rahmen der Städtepartnerschaft Saarbrücken-Nantes teilten sich zwei Trios aus der Großregion Saar-Lor-Lux und Nantes die Bühne der Szene-Bar „Jules Verne“ in der Mainzerstraße.

Organisiert wurde das eintrittsfreie Konzert von der Landeshauptstadt Saarbrücken, dem Frankreichzentrum der Saar-Uni und dem Deutsch-Französischen Jugendwerk, vertreten durch drei junge Französinnen. Ausgeheckt und organisiert hatten das Ganze Émilie Moysan, junge Botschafterin aus Nantes in Saarbrücken, Hélène François, Absolventin eines freiwilligen kulturellen Jahres im Frankreichzentrum, und Perrine Martin, die im Saarländischen Künstlerhaus ebenfalls ein freiwilliges kulturelles Jahr absolviert.

Für Samstag hatten die drei Damen die Bands dann noch einmal engagiert, diesmal für eine Jazzmatinée in der Musikkneipe Zing in der Rotenbergstraße. Die beiden Konzerte umrahmten den deutsch-französischen Stammtisch, zu dem Moysan und François zweimal im Monat einladen. Quasi als Vorgruppe jazzte das Trio „Billet doux“, benannt nach jenem handgeschriebenen Brief, in dem Verliebte früher einander heimlich ihre Liebe gestanden. „Wir sind nur der kleine Opener“, verkündete Patrick Hinsberger (Trompete und Flügelhorn), der sich zusammen mit Philipp Herget (Gitarre) und Nico Klöffer (Kontrabass) bei „Billet doux“ unter anderem dem Great American Songbook verschrieben hat.

Hier ließen es die drei zunächst eher ruhig angehen. Nach einer ausgedehnten Warmspielphase mit eher lyrischen Nummern, die ein Zuhörer mit „gediegener Wohnzimmer-Jazz“ kommentierte, nahm ihr Spiel jedoch an Tempo zu: Nun mischten sich auch ein paar flottere Standards ins Repertoire, bei dem Hinsberger und Herget mit ansprechenden Soli glänzten.

Eine merklich souveränere und dabei unverschämt lässige Gangart legten die Franzosen an den Tag, die sowohl fiebrigen Bebop wie flauschige Balladen der goldenen Swing-Ära beherrschen: Das „Trio Nantais“, 2017 am Conservatoire de Nantes gegründet, beruft sich auf den Pianisten Bill Evans, der mit seinem Stil ganze Generationen von Musikern beeinflusste. Eine recht markante Handschrift bewies denn auch Pianist Gaspard Berton. Als besonders agiler Kontrabassist begeisterte Luc-Antoine Duret. Alleinstellungsmerkmal des Trios ist die Tatsache, dass Sven Michel als Dritter im Bunde am Schlagzeug ebenso überzeugt wie an der Posaune – er wechselte hier routiniert von einem Instrument zum anderen.

Zum Finale jazzten dann beide Bands gemeinsam. Schade bloß, dass nur die vorderen Tische den Musikern volle Aufmerksamkeit zollten. Dabei ist das „Jules Verne“ durchaus ein Ort der Kunst und Kultur: Hier laufen unter anderem Ausstellungen, Performances, Lesungen, Poetry Slams, Comedy und Konzerte sowie Jazz-Jam-Sessions.

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