Anhörung mit Wehrführer Denzer Großeinsatz wegen des Feuerwehr-Chefs

Saarbrücken · In Saarbrücken diskutierte die Freiwillige Feuerwehr über ihren Wehrführer Denzer. Nach der Anhörung dürfte die Stadt ihn abberufen.

 Frühzeitiger Abgang für den Chef der Freiwilligen Feuerwehr? Wehrführer Marc Denzer sah sich am Donnerstag massiver Kritik ausgesetzt.

Frühzeitiger Abgang für den Chef der Freiwilligen Feuerwehr? Wehrführer Marc Denzer sah sich am Donnerstag massiver Kritik ausgesetzt.

Foto: BeckerBredel

Durch die engen Straßen von St. Arnual schiebt sich ein Löschzug nach dem andern. Die Freiwillige Feuerwehr in Saarbrücken erwartet einen Großeinsatz. Einen eher unfreiwilligen.

Die Stadtverwaltung will Feuerwehr-Chef Marc Denzer absetzen. Davor muss sie die Mitglieder der größten Wehr im ganzen Land anhören. So lauten die Vorschriften. Deshalb drängen am Donnerstagabend etwa 400 Feuerwehrleute in die Scharnhorsthalle im Osten der Landeshauptstadt. Etwas mehr als die Hälfte aller Mitglieder.

Anfang nächster Woche wird im Rathaus dann eine Entscheidung über die Zukunft des Wehrführers fallen. Denzer muss nach der Anhörung mit einem vorzeitigen Ende seiner sechsjährigen Amtszeit rechnen. Ein einmaliger Vorgang.

Der Saarbrücker Sicherheitsdezernent Harald Schindel (Linke) hat sich am Freitag mit Bürgermeister Ralf Latz (SPD) beraten. Nun will er Führungskräfte der Feuerwehr anrufen, „einvernehmlich mit allen“ zu einem Urteil über Denzer gelangen. „Die müssen mit diesem Mann arbeiten“, sagt der Dezernent. Er rechnet mit weiteren Führungswechseln. Schindel: „Ich glaube, dass es mit Sicherheit einen Schnitt geben wird, um klarzumachen, dass es hier keinen Putsch gegeben hat.“ Einer möglichen Abberufung zuvorkommen wird der Wehrführer nicht. „Ein Rücktritt steht für mich nicht zur Debatte bei dem Verhalten, das an den Tag gelegt wird“, sagt Denzer.

Ähnlich wie bei der Saarbrücker Berufsfeuerwehr sind die Unstimmigkeiten bei den Freiwilligen für Außenstehende schwer zu durchschauen. Es sei an der Zeit zu erfahren, worum es in diesem Konflikt eigentlich gehe, hat Denzer kürzlich gesagt. Alle Gründe seien Denzer bekannt, erwiderte Schindel. Man habe dem Wehrführer sehr viel Zeit gegeben. Im vergangenen November erklärten seine Stellvertreter und die Löschabschnittsführer, eine Zusammenarbeit mit Denzer sei aufgrund mangelnden Vertrauens nicht mehr möglich. Er sei nicht erreichbar, erledige seine Aufgaben nicht. Sie sprachen sich für eine sofortige Beurlaubung ihres Chefs aus.

Auf den letzten Metern zur Anhörung am Donnerstag hält Denzer seinen Tablet-PC fest umklammert. Die Hauptperson dieses Abends reiht sich in die Schlange vor dem Eingang ein. Um 18.59 Uhr trägt Denzer sich in die Anwesenheitsliste ein. Dass dieser Termin stattfindet, ist das Ergebnis einer juristischen Niederlage, die er der Stadt im Juni vor dem Verwaltungsgericht in Saarlouis bereitet hat.

Nachdem im Dezember das Feuerwehrgerätehaus in Altenkessel gebrannt hatte, Denzer zunächst nicht erreichbar gewesen war, untersagte Sicherheitsdezernent Schindel ihm alle Dienstgeschäfte. Mit sofortiger Wirkung. Das Verwaltungsgericht stufte die Maßnahme im Juni als „offensichtlich rechtswidrig“ ein. So dass Denzer in sein Amt zurückkehren konnte.

Seitdem bemüht sich die Verwaltung um seine Abberufung als Feuerwehr-Chef. Sie spricht ihm sogar die „charakterliche Eignung“ für eine Mitgliedschaft in der Freiwilligen Feuerwehr ab. Trotzdem ehrte Schindel den Feuerwehrmann vor zwei Wochen im Rittersaal des Saarbrücker Rathauses für zwei Jahrzehnte im Freiwilligendienst.

In der Sporthalle in St. Arnual läuft Denzer auf und ab. Er wirkt ein wenig verloren zwischen all den Stühlen, die sich nur langsam füllen. Auf der Suche nach seinem Platz. Der Beginn der Anhörung verzögert sich um mehr als eine halbe Stunde. Kurz vor halb acht schrecken die Feuerwehrleute auf. Über St. Arnual entlädt sich ein Gewitter. Der Regen prasselt auf das Hallendach. Man versteht sein eigenes Wort nicht mehr. Schindel muss die Lautstärke anheben, als er die Veranstaltung eröffnet. Knapp zwei Stunden wird die Anhörung dauern.

Am Rande der Veranstaltung ist von massiver Kritik am Wehrführer zu hören. In den Zigarettenpausen sprechen manche von einer „Hinrichtung“. Andere von der Schwierigkeit, sich eine Meinung zum Führungsstreit zu bilden. Er pumpe lieber drei Stunden einen Keller aus als weiter zuzuhören, sagt ein Feuerwehrmann. Um 21.27 Uhr strömen die Feuerwehrleute nach draußen. Gegenüber Journalisten will sich niemand äußern.

Die Anhörung habe „unter sehr fairen Bedingungen stattgefunden“, sagt Schindel anderntags. Was meint der Wehrführer? „Das war eine politische Veranstaltung, die nur in zwei Extremen ausgehen konnte“, sagt Denzer. Er meint: Pro oder Contra. Es habe Kritik an ihm gegeben, neue Gründe für seine Abberufung seien nicht vorgetragen worden. „Ich wollte hier gewisse Dinge verändern“, erklärt er. „Dass man bei alteingesessenen Führungskräften auf Widerstände stößt, war klar.“

 Etwa 400 Feuerwehrleute waren bei der Anhörung mit der Stadtverwaltung dabei.

Etwa 400 Feuerwehrleute waren bei der Anhörung mit der Stadtverwaltung dabei.

Foto: BeckerBredel

Denzer sieht tiefer gehende Probleme. „Mit einem Rücktritt meiner Person wäre die Spaltung der Feuerwehr weiter vorhanden“, so Denzer. Er sei weiter gesprächsbereit, um eine Lösung zu finden. Die könnte für ihn in einem „Mediationsverfahren“ bestehen – nicht in einem freiwilligen Rückzug. „Ich bin der Letzte, der an seinem Stuhl klebt“, sagt Denzer. „Aber ich habe in einer demokratischen Wahl die Aufgabe erhalten, diese Wehr zu führen.“ Das gilt vorerst auch nach dem Großeinsatz in St. Arnual.

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