Entsorgungsverband Saar Kampf gegen die „Pumpenkiller“

Saarbrücken · Für die schnelle Reinigung und unterwegs sind Feuchttücher prima. Für Abwasseranlagen jedoch immer mehr ein teures Ärgernis. Oft auch mit negativen Folgen für die Umwelt.

 Feuchttücher, die aus einem Kanal stammen, hängen an einem Haken. Die Feuchttücher entwickeln sich für Kläranlagen zum Problem.

Feuchttücher, die aus einem Kanal stammen, hängen an einem Haken. Die Feuchttücher entwickeln sich für Kläranlagen zum Problem.

Foto: dpa/Entsorgungsverband Saar

Sie gelten als „sanft“ und „umweltfreundlich“. Für viele sind sie praktische Begleiter in Bad und Küche. Doch für Entsorgungsbetriebe sind sie ein rotes Tuch. „Pumpenkiller“ oder „Pumpenwürger“ werden Feuchttücher intern genannt. Denn sie legen immer öfter die Kläranlagen lahm. Auch im Saarland.

„Das ist in den letzten Jahren wirklich ein großes Problem geworden“, sagt Marianne Lehmann, Sprecherin beim Entsorgungsverband Saar (EVS), der landesweit 140 Kläranlagen betreibt. „Die kleinen Tüchlein sehen vielleicht harmlos aus, aber in der Summe sind sie extrem schädlich.“ Pro Jahr müssten beim EVS zwischen 300 000 und 500 000 Euro für die zusätzliche Reinigung, das Ausbauen und Reparieren von Anlagenteilen aufgebracht werden – allein, um die Auswirkungen dieser Verunreinigungen zu entfernen und in der Müllverbrennung beseitigen zu lassen. „Verzopfung“ nennen Experten die Klumpen aus Feuchttüchern, die sich um die Anlagenteile wickeln und diese stilllegen.

Denn anders als Toilettenpapier bestehen Feuchttücher meist aus langfaserigem Polyester, Viskose oder Baumwolle und sind extrem reiß-, wring- und vor allem wasserfest. Die Folge: Werden sie in die Toilette geworfen, lösen sie sich auf dem Weg zur Kläranlage nicht auf, sondern bilden zusammen mit anderen Feuchttüchern, Tampons oder Haaren ein dickes Knäuel, das die Pumpen verstopft.

Was passieren kann, wenn Kanäle verstopfen und Fäkalien ungefiltert in die Gewässer gelangen, wurde kürzlich in Baden-Württemberg deutlich, wo 170 Menschen nach einem Bad im Bodensee über Durchfall und Erbrechen klagten. Auch in Saarbrücken schlugen vor wenigen Tagen besorgte Anwohner Alarm, nachdem sich der Aschbach, der im Westen der Stadt in einen Weiher im Wald mündet, in eine bläulich schimmernde Kloake verwandelt hatte. Laut Umweltministerium war eine Betriebsstörung in einem Entlastungsbauwerk die Ursache für den Pumpenausfall – ausgelöst durch ein festgeklemmtes Holz mit Verzopfung.

„Ein klassisches Beispiel“, meint Lehmann. Zwar werden die Anlagenteile regelmäßig gewartet, „aber zwischen den Zyklen kann immer wieder etwas eskalieren.“ Dann sei es hilfreich, wenn sich Bürger in der Zentrale des EVS melden (Tel.:0681/ 5 00 00), um schnell reagieren zu können.

Ansonsten setzt der EVS auf Aufklärung. Unter dem Motto „Klärungsbedarf“ hat er eine „WC-Kampagne“ gestartet und Broschüren an alle Haushalte des Saarlandes verteilt. „Daran sieht man schon, wie groß der Schaden sein muss“, sagt Lehmann. Um Verstopfungen in den Abwasseranlagen, Störungen bei den Reinigungsprozessen oder Belastungen der Gewässer zu verhindern, appelliert der EVS an die Bürger, Toiletten nicht als Mülleimer zu nutzen.

Auch bei der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) in Hennef ist das Problem bekannt. Laut DWA-Sprecher Frank Bringewski hat der Verband einen Flyer entwickelt, um den Stadtentwässerungsbetrieben Argumentationshilfe zu geben. Zudem sei man mit der Industrie im Gespräch: „Wir versuchen, dass die Artikel anders ausgezeichnet werden, damit sie beim Verbraucher nicht den Eindruck erwecken, sie könnten in der Toilette entsorgt werden.“

Auch in der Wissenschaft ist das Problem inzwischen angekommen. So beschäftige sich an der Technischen Universität (TU) Berlin im Fachbereich Fluidsystemdynamik derzeit eine Dissertation speziell mit diesem Thema.

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