Corona bremst Fahrschüler aus Fahrschulen hoffen auf Ende des Stillstands

Saarbrücken/Völklingen · Wochenlanges Unterrichtsverbot wegen Corona-Pandemie belastet Betriebe und frustriert Tausende Schüler.

 Für den 18-jährigen Max Klostermann bleibt die Tür des Fahrschulautos momentan verschlossen.

Für den 18-jährigen Max Klostermann bleibt die Tür des Fahrschulautos momentan verschlossen.

Foto: Foto: Katja Sponholz

Detlef Mühlast, der Vorsitzende des Landesverband der Fahrlehrer Saar e.V., kann die Anrufe seit der Corona-Krise gar nicht zählen. „Am Tag klingelt rund 120 Mal das Telefon. Ganz schlimm momentan“, sagt er. Am anderen Ende der Leitung: Eltern, die wissen wollen, wann der Fahrschulunterricht für ihre Kinder weitergeht, junge Erwachsene, die unbedingt ihre Prüfung machen möchten, weil sie ihren Führerschein brauchen, um zur Ausbildungs- oder Arbeitsstelle zu kommen. Und Fahrlehrer, die verzweifelt sind, weil sie seit Wochen darauf warten, dass sie wieder ihren Betrieb fortführen dürfen. „Es geht um Existenzen“, sagt auch der zweite Vorsitzende Richard Malsac. „Vielen steht das Wasser bis zum Hals. Aber wir haben das Gefühl, dass uns die Politik vergessen hat. Bei denen sind wir überhaupt nicht im Fokus.“

In einem Brief an das Gesundheitsministerium machen sie nun auf die prekäre Situation der rund 300 Fahrschulen im Land aufmerksam und fordern, dass es diesen erlaubt wird, so schnell wie möglich wieder theoretischen und praktischen Fahrschulunterricht anzubieten. Wie am Samstag die Landesregierung entschied, sollen kurzfristig Fahrstunden und Prüfungen für Berufskraft- und Motorradfahrer ermöglicht werden. Beim Pkw-Führerschein kündigte Wirtschaftsministerin Nake Rehlinger (SPD) an, an diesem Montag weitere Modalitäten in einer Schaltkonferenz mit den Ministern zu besprechen.

Nach Meinung des Vorstandes des Fahrlehrerverbandes hätten die allermeisten Kollegen Soforthilfe beantragt und ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Doch der Landesverband befürchtet, dass trotzdem viele Fahrschulen auf der Strecke bleiben, wenn die Einschränkungen noch weiter anhalten. „Ich bin sicher, dass viele nicht mehr öffnen werden“, sagt Malsac. Denn es sind nicht nur Miete und Personalkosten, die die Fahrschulinhaber belasten: Es kommen auch noch diverse Summen für Leasing, Versicherung und Steuern für die Fahrzeuge hinzu. Denn schon eine kleine Ein-Mann-Fahrschule müsse mindestens zwei Autos (Schalt- und Automatikgetriebe), drei Motorräder, ein Moped und einen Anhänger im Bestand haben.

Und auch die Betroffenen auf der anderen Seite – rund 5000 nach Schätzungen des Verbandes –leiden unter der Situation: Fahrschüler wie Max Klostermann. Schon Ende des vergangenen Jahres hatte er seine theoretische Prüfung abgelegt – nun sollte Ende März der praktische Teil folgen. Bis dahin fehlten ihm nur noch einige wenige Fahrstunden. Doch als er am 23. März zum vereinbarten Termin an der Fahrschule erschien, stand er vor geschlossenen Türen und dem Hinweisschild, dass wegen der Corona-Krise die Schule geschlossen sei. „Da war ich erstmal bedient“, gibt der 18-Jährige zu. Wann der Unterricht fortgesetzt werden könne, sei noch völlig offen. Und auch an einen neuen Prüfungstermin erst einmal überhaupt nicht zu denken. Der 18-Jährige ist jedoch überzeugt, dass auch ein praktischer Fahrschulunterricht trotz Corona-Einschränkungen durchgeführt werden könnte. Denkbar sei es, dass das Lenkrad nach jeder Fahrstunde desinfiziert würde und Schüler wie Lehrer Masken tragen. „Ich glaube nicht, dass solch ein großer Unterschied ist, ob man einen Meter entfernt vor einer Kassiererin mit Maske steht oder nebeneinander sitzt und geradeaus guckt.“

Das sieht Jan Nico Grund, ebenfalls kurz vor der praktischen Führerscheinprüfung, genauso. Er geht davon aus, dass er nach der wochenlangen Zwangspause ein paar Stunden mehr brauche, um sich wieder richtig sicher für die Prüfung zu fühlen. Vor allem nervt ihn, dass auch seine Theorieprüfung, die am 23. März geplant war, ebenfalls ins Wasser fiel. „Das Blöde ist, dass ab dem 1. April nun neue theoretische Fragen dazugekommen sind und ich jetzt 100 neue Fragen lernen muss, obwohl ich nichts dafür kann, dass alles verschoben wurde“, sagt er. „Das ist alles ein bisschen ärgerlich.“

Sein Stufenkollege Justus Almstedt ist enttäuscht über die Zwangspause bei seiner praktischen Ausbildung, aber auf keinen Fall wolle er für einen Führerschein ein Risiko eingehen. „Ich glaube, im Moment würde ich gar keine Fahrstunde nehmen – auch nicht mit Mundschutz“, gibt er zu. „Das wäre mir noch zu riskant.“

Der Landesverband der Fahrlehrer Saar macht sich schon länger Gedanken um mögliche Sicherheits- und Hygienekonzepte und tauscht sich mit dem Bundesverband aus. In Mecklenburg-Vorpommern etwa dürfe ab dem 4. Mai die praktische Ausbildung wieder starten, am theoretischen Unterricht dürfe ein Drittel der üblichen Schülermenge teilnehmen. „So etwas macht Sinn, das ist vernünftig“, meint Mühlast.

Mit Zweifeln betrachten er und seine beiden Stellvertreter hingegen technische Varianten wie Plastikscheiben zwischen Schüler und Fahrlehrer, die nun im Internet angeboten würden. „So schnell kann ich doch im Notfall gar nicht unten durchgreifen und an das Lenkrad kommen“, gibt der dritte Vorsitzende Jörg Henne zu bedenken. Auch Haftungsfragen und Überlegungen, ob überhaupt noch eine Betriebserlaubnis und Versicherungsschutz beim Einbau solcher Vorrichtungen bestehe, seien noch völlig ungeklärt. Und auch, was ein Airbag bewirken würde, wenn man ein Plastik-Visier tragen würde.

 Der Vorsitzende des Landesverbandes der Fahrlehrer Saar, e.V., Detlef Mühlast (l.),  mit seinen beiden Stellvertretern Richard Malsac (r.) und Jörg Henne (M.).

Der Vorsitzende des Landesverbandes der Fahrlehrer Saar, e.V., Detlef Mühlast (l.), mit seinen beiden Stellvertretern Richard Malsac (r.) und Jörg Henne (M.).

Foto: Katja Sponholz

Unabhängig davon hoffen die drei Vorstände, dass das Land so schnell wie möglich wieder Grünes Licht für den Fahrschulunterricht gibt. Und dass auch die Kunden mit mehr Verständnis auf die Zwangspause reagieren. Die meisten bedächten nicht, dass Fahrschulen kein Geschäft sondern eine Bildungseinrichtung seien. „Ein Riesen-Problem“, meint Richard Malsac. „Mitten in all diesen Schwierigkeiten müssen wir uns jetzt auch noch rechtfertigen.“

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