Europäische Verwandtschaften Wir Neandertaler

Pepe Gonzales in Valencia, Brian McDougle in Edinburgh und Dana Wójcik in Warschau sind mit uns verwandt. Genauso wie die übrigen 750 Millionen Europäer. Dafür sprechen nicht nur die Völker, die ihre Spuren an der Saar hinterlassen haben, sondern ganz einfach auch die Zahlen: Jeder von uns hat zwei Eltern, vier Großeltern, acht Urgroßeltern, 16 Ururgroßeltern . . .

 Marco Reuther

Marco Reuther

Foto: SZ/Robby Lorenz / SZ

Nimmt man 25 Jahre für eine Generation, dann müsste ein heute lebender junger Mensch im Jahr 1 – also vor 80 Generationen – rein rechnerisch mehr als 1,2 Quadrillionen direkte Vorfahren gehabt haben (die Zahl hat 25 Ziffern). Das ist natürlich vollkommen unmöglich, da im Jahr 1 in ganz Europa keine 50 Millionen Menschen lebten. Jeder von uns muss also unzählige Mehrfach-Vorfahren mit unzähligen Querverbindungen gehabt haben, was ein sehr starkes Indiz dafür ist, dass wir tatsächlich so etwas wie eine große, eine sehr große Familie sind – wenn auch nicht immer eine glückliche.

Ein weiteres Indiz liefert jemand, der lange vor uns Europa betreten hat: Der Neandertaler hat in jedem von uns, dank Paarung, ein bis drei Prozent Neandertaler-Erbgut hinterlassen – obwohl er vor 30 000 Jahren ausgestorben ist. Dass es dennoch seine Spuren in jedem Europäer gibt, spricht dafür, dass es auch unter den verschiedenen Gruppen unserer Homo-sapiens-Vorfahren einen gewissen Austausch gab. Jedenfalls: Wir sollten an unsere große Familie denken, zur Wahl gehen und Europa nicht den Blinden überlassen, die wieder Grenzen zwischen uns und unseren Cousins ziehen wollen. Auch wenn es sehr weit entfernte Cousins sind.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort