Coronakrise Seit dem Lockdown haben sich die Todesfälle im Regionalverband mehr als verdoppelt

Interaktiv | Regionalverband  · Wie haben sich die Corona-Zahlen im Regionalverband seit dem Lockdown ab 2. November entwickelt? Ein Überblick.

Als am Samstag, 5. Dezember, in der Saarbrücker Innenstadt die Maskenpflicht eingeführt wurde, waren nicht alle davon begeistert. Die Entwicklung der vergangenen zwei Monate zeigt jedoch, dass mehr Maßnahmen als bisher nötig sind, da die Ausbreitung des Corona-Virus noch längst nicht gestoppt ist – trotz Lockdown und Kontaktbeschränkungen.

Als am Samstag, 5. Dezember, in der Saarbrücker Innenstadt die Maskenpflicht eingeführt wurde, waren nicht alle davon begeistert. Die Entwicklung der vergangenen zwei Monate zeigt jedoch, dass mehr Maßnahmen als bisher nötig sind, da die Ausbreitung des Corona-Virus noch längst nicht gestoppt ist – trotz Lockdown und Kontaktbeschränkungen.

Foto: dpa/Oliver Dietze

Lockdown und kein Ende: Beim Corona-Gipfel am Dienstag wurden die bundesweiten Corona-Regeln ein weiteres Mal verschärft. Ab dem 11. Januar sind unter anderem Treffen nur noch mit den Angehörigen des eigenen Haushalts plus einer weiteren Person erlaubt, Gastronomie, Kultur- und Freizeiteinrichtungen bleiben ganz, Schulen und Kitas teils zu, ab einer Inzidenz von 200 dürfen Menschen sich nur noch innerhalb eines Radius von 15 km bewegen.

Vor allem die letzte Regel stieß bei einigen Mitgliedern der Opposition auf wenig Gegenliebe. Klar ist dennoch: Die bisherigen Maßnahmen reichen nicht, wie ein Blick auf die Zahlen zeigt. Weder die Corona-Regeln, die am 2. November in Kraft traten (häufig als Wellenbrecher-Lockdown oder „Lockdown Light“ bezeichnet), noch die Verschärfungen ab dem 16. Dezember haben die Ausbreitung des Virus eindämmen können. 

Dem Lockdown im November vorausgegangen waren explodierende Fallzahlen im Oktober – auch im Regionalverband (siehe Grafik).  Seit dem 2. November sanken die Fallzahlen jedoch weit weniger als erhofft. An diesem Tag, einem Montag, meldete der Regionalverband 35 Neuinfektionen. Akut infiziert waren 702 Personen, insgesamt hatten sich zu diesem Zeitpunkt 2677 Menschen seit dem Beginn der Pandemie im Regionalverband angesteckt.  Diese Zahl hat sich seitdem mehr als verdreifacht auf 8411, während die Zahl der Menschen, die akut infiziert (und damit ansteckend) sind, zwischenzeitlich auf den Rekordwert von 1236 stieg, jetzt mit 718 aber wieder auf dem selben Niveau wie Anfang November angekommen ist. 

Vor allem die Zahl der Todesfälle hat sich seitdem dramatisch entwickelt. Am 2. November – knapp acht Monate seit dem ersten positiven getesteten Fall im Regionalverband am 6. März – waren 116 Menschen an Corona verstorben. Aktuell ist die Zahl der Corona-Toten auf 270 angewachsen – und hat sich damit in nur zwei Monaten mehr als verdoppelt. Allein 14 Tote (die jedoch größtenteils bereits im Dezember verstorben sind) wurden am Mittwoch nachgemeldet – ein trauriger Tagesrekord.

Der bisher größte tägliche Anstieg der Neuinfektionen wurde am 9. Dezember verzeichnet: Damals kam es zu einem unkontrollierten Ausbruch in einer Einrichtung für behinderte Menschen in Kleinblittersdorf. 116 der 258 an diesem Tag gemeldeten Fälle gingen allein auf Bewohner oder Angestellte dieser Einrichtung zurück. Dadurch schnellte die Inzidenz (die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern in den letzten sieben Tagen) auf 232,7 und übertrat damit erstmals die Grenze von 200. Der Inzidenz-Höchstwert wurde aber erst zwei Wochen später erreicht: Einen Tag vor Weihnachten betrug er 272. 

Seitdem ist die Inzidenz kontinuierlich gefallen – das ist jedoch kein Grund zur Freude: „Die Aussagekraft der Zahlen über die Feiertage ist nicht sonderlich hoch, weil in dieser Zeit weniger getestet wurde“, erklärt Lars Weber, Pressesprecher des Regionalverbandes. Erst jetzt, einige Tage nach dem Jahreswechsel, könne man den Zahlen langsam wieder trauen. Das Tragische: Es zeichnet sich erneut ein leichter Aufwärtstrend ab.

Das Ziel der Bundesregierung, die Inzidenz in den Landkreisen wieder unter 50 zu drücken, ist damit im Regionalverband praktisch genauso weit entfernt wie vor dem Lockdown Light. Diese Zahl, ab dem ein Landkreis als Risikogebiet eingestuft wird, gilt als wichtiger Grenzwert bei der Bekämpfung der Pandemie: Ab einer Inzidenz von 50 ist das Infektionsgeschehen so groß, dass eine Kontaktnachverfolgung durch die Gesundheitsämter nicht mehr gewährleistet werden kann. Der Regionalverband hatte das letzte Mal am 16. Oktober, also vor etwa zweieinhalb Monaten, eine Inzidenz von unter 50. Während der ersten Welle im Frühjahr war dieser Wert nur an 16 aufeinanderfolgenden Tagen (Ende März bis Mitte April) überschritten worden. Während der zweiten Welle im Dezember knackte er dagegen sogar die Grenze von 200 insgesamt 18 Mal. Ab diesem Wert treten laut neustem Beschluss für Bewohner der betroffenen Landkreise härtere Regeln wie die Beschränkung des Bewegungsradius auf 15 km in Kraft.

Besonders zwei Dinge stechen bei der Betrachtung der Neuinfektionen in den vergangenen beiden Monaten ins Auge: Einerseits gab es viele Ausbrüche in Senioreneinrichtungen, andererseits wurden viele positive Fälle in Schulen und Kitas gemeldet. Von den insgesamt 2248 im November gemeldeten Fällen betrafen 330, also rund 14,7 Prozent, Schüler oder Kita-Kinder. Im gleichen Zeitraum wurden 152 Bewohner von Pflegeheimen sowie 39 Pflegekräfte positiv getestet. 230 Schulklassen und Kita-Gruppen – rund 3000 Kinder und über 600 Bedienstete – mussten ganz oder teilweise in Quarantäne. Im Dezember (3170 Neuinfizierte) waren 190 Schulklassen und Kita-Gruppen mit insgesamt 4500 Kindern und rund 260 Bediensteten betroffen. Im gleichen Zeitraum wurden 392 Bewohner von Pflegeheimen und 123 Pflegekräfte positiv getestet. Ein Großteil dieser Fälle verteilt sich auf rund zehn größere Ausbruchsgeschehen. Am stärksten betroffen waren Senioren- und Pflegeeinrichtungen in Saarbrücken, Völklingen, Kleinblittersdorf und Riegelsberg. Bewohner solcher Einrichtungen machten 53 Prozent der insgesamt 109 Todesfälle im Dezember aus.

Obwohl der Regionalverband zeitweise der am schlimmsten betroffene Landkreis im Saarland war, nahmen am 17. Dezember in Saarbrücken bei zwei verschiedenen Kundgebungen der „Querdenker“-Bewegung je 70 Personen teil. Dabei behaupteten die Veranstalter nicht nur, Corona sei „nicht schlimmer als eine Grippe“, sondern spielten auch die Todesfälle herunter. Teilweise waren sie und die Zuschauer ohne Abstand und Mundnasenschutz unterwegs. Die Polizei hatte sie gewähren lassen: Die betreffenden Personen hatten Atteste.

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