„Steile“ Thesen im Bürgerhaus Dudweiler? Ein Kritiker der Förster schlägt Alarm

Dudweiler · „30 Jahre naturnahe Waldwirtschaft im Saarland – Anspruch und Wirklichkeit“: Ehemaliger Umwelt-Staatssekretär fordert Umdenken.

 Klaus Borger 

Klaus Borger 

Foto: Borger

In seinem Vortrag fand der Diplom-Forstwirt und ehemalige Staatssekretär des Saar-Umweltministeriums, Klaus Borger, kürzlich deutliche Worte. „In unseren Wäldern brennt der Kittel“, sagte er. Zahlreiche Zuhörer, die ins Dudweiler Bürgerhaus gekommen waren, stimmten ihm zu. Der Ortsverband Dudweiler/Scheidt von Bündnis 90/Die Grünen hatte zum Referat eingeladen, nachdem sich einige Leute immer wieder über den Zustand der hiesigen Wälder nach Abholzungsmaßnahmen beklagt hatten.

Es erschließt sich nicht, weshalb Privatpersonen außerhalb des Waldes im Sinne des Vogelschutzes auf das Abholzen einzelner Bäume verzichten, der Saarforst jedoch durch den Holzeinschlag auf Hunderten Hektar die Tiere existenziell bedrohen darf“, schrieben die Grünen in ihrer Ankündigung zum Termin. Borgers Vortrag stand unter der Überschrift: „Naturnahe Waldwirtschaft im Saarland – Anspruch und Wirklichkeit“. Er zeigte zu Beginn seines Vortrags Fotos von naturbelassenen Mischwäldern.

„Viele verschiedene dicke und alte Bäume, dichter Bewuchs und viel natürliches Totholz zeichnen einen natürlichen, unbeeinflussten Wald aus. Heutzutage entsprechen jedoch gerade noch 4,4 Prozent der deutschen Wälder dieser Beschreibung“, so Borger: „Der moderne Wald muss mittlerweile viele, vor allem wirtschaftliche Ansprüche erfüllen. Und man findet kaum noch Bäume, die älter als 140 Jahre alt sind.“

Die Holz verarbeitende Industrie fordere immer mehr standardisiertes Holz als Rohstoff. Wie sich die industrialisierte Forstwirtschaft aus seiner Sicht auf die heimischen Wälder auswirkt, demonstrierte er  anhand weiterer Fotos, unter anderem von tiefen schlammigen Furchen, die tonnenschwere Erntemaschinen in Waldböden gegraben hatten. Einige der Gäste berichteten von ähnlichen Beobachtungen im hiesigen Forst. „Solche massiven Bodenschäden wirken sich auf Jahre aus. Die öffentlichen Wälder dürfen nicht länger als ,Holzfabriken’ missbraucht werden“, so Borger weiter. Nach der Abholzung werde zwar meist wieder aufgeforstet, aber oft zu einseitig, meinte er. „Mischwälder verschwinden immer mehr, und Nadelwälder werden herangezogen, denn Fichten sind lukrativer als beispielsweise Buchen. Und sie wachsen schneller.“ All dies werde als ordnungsgemäße und naturnahe Forstwirtschaft deklariert und von internationalen und nationalen Wald- und Naturschutzorganisationen wie BUND oder NABU entsprechend zertifiziert.

Borger macht sich Sorgen um die Zukunft des heimischen Waldes. Dabei müsse es doch gerade im Saarland vorbildlicher zugehen, findet er. Immerhin sei das Saarland das erste Bundesland gewesen, das vor 30 Jahren ein eigenes Regelwerk für naturnahe Waldwirtschaft aufgesetzt und den Waldschutz in seiner Landesverfassung verankert habe. Doch der Begriff der „naturnahen Waldwirtschaft“ sei dehnbar und nicht klar definiert.

Wortmeldungen der Zuhörer gab es natürlich auch. Der Referent:  „Wir erleben ein Zeitalter der Verrohung. Der verantwortungsvolle Umgang mit unseren Wäldern braucht daher neue und klare Regeln. Die wirtschaftlichen Interessen dürfen nicht länger ökologischen Gesichtspunkten vorangestellt werden.“

Klaus Borger appellierte an die Landesregierung, ein zeitgemäßes Waldnutzungsgesetz mit klaren Definitionen zu erarbeiten. Viele der Anwesenden beklagten, dass von verantwortlicher Seite niemand gekommen sei, um aus deren Sicht die Ausführungen zu ergänzen oder Maßnahmen im Forst zu erklären. Es zeigte sich im Laufe des Austauschs, dass weiterhin viel Informationsbedarf besteht.

Um die Diskussion öffentlich weiterzuführen, wollen die Dudweiler Grünen demnächst zu einer gemeinsamen Waldbegehung einladen. Sie hoffen, dass sich dann auch Bedienstete des Saarforst Landesbetriebs anschließen werden, um den Bürgern bei dieser Gelegenheit ihre Sicht der Dinge darzulegen.

„Es geht nicht um das Ob, sondern um das Wie. Bitte engagieren Sie sich weiter, erheben Sie Ihre Stimme, gehen Sie mit offenen Augen durch den Wald und schauen Sie hin. Denn Staatswald ist Bürgerwald“, sagte der Referent.

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