Region ist Sperrgebiet für weitere Hautärzte

Dudweiler · Es gab mal einen Hautarzt im Stadtbezirk Dudweiler. Das jedoch ist schon eine Weile her. Ein neuer Facharzt darf sich indessen dort nicht mehr ansiedeln. Dafür sorgt die Bürokratie – zum Leidwesen der Kranken im 28 000 Einwohner zählenden Stadtbezirk.

,,Der Stadtbezirk Dudweiler mit seinen 27 600 Einwohnern hat seit geraumer Zeit keinen Hautarzt mehr. Um einen Termin wahrzunehmen oder ein Rezept zu erhalten, das nur ein Hautarzt ausstellen darf, muss man nach Saarbrücken, Sulzbach oder St. Ingbert fahren." Das schreibt SZ-Leser Bernhard Schumann. Auf Nachfrage in einer Apotheke sei ihm gesagt worden, dass Interesse bestehe.

Da jedoch der früher im Stadtbezirk ansässige Arzt seine Praxis nach Saarbrücken-City in eine Praxisgemeinschaft "mitgenommen" habe, könne sich kein anderer Hautarzt mehr in Dudweiler niederlassen. ,,Dieser unhaltbare Zustand", schreibt unser Leser, betreffe vor allem diejenigen Bürger, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, sowie die Bewohner der drei Pflegeheime. Dafür würden den Dudweiler Bürgern mittlerweile elf Orthopäden zur Verfügung stehen.

Die SZ hat nachgefragt bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) im Saarland und von deren Pressestelle folgende Informationen erhalten: ,,Ärzte oder Psychotherapeuten, die gesetzlich versicherte Patienten ambulant behandeln möchten, benötigen einen freien Arztsitz. Wie viele es davon in einer Region gibt, regelt die sogenannte Bedarfsplanung."

Diese sei ein gesetzliches Instrument zur Steuerung der möglichst gleichmäßigen Verteilung und werde in der Bedarfsplanungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) geregelt.

"Auf dieser Grundlage stellen die Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen den Bedarfsplan des KV-Bezirks auf, der den Stand und den Bedarf der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung widerspiegelt."

Der Bedarfsplan für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland sei in der Sitzung des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen am 12. Juni 2013 beschlossen worden und bilde die Grundlage der vom Landesausschuss zu fassenden Beschlüsse über Zulassungsmöglichkeiten und die Anordnung beziehungsweise Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen in den Planungsbereichen.

Und: Die Planungsbereiche würden die räumliche Bezugsgröße in der Bedarfsplanung bilden und seien ein Kriterium für die Ermittlungen zum Stand der vertragsärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung sowie für die Feststellungen zur Über- beziehungsweise Unterversorgung.

Was die Zahl der niedergelassenen Hautärzte angeht, "haben wir ein Problem, was uns der Gemeinsame Bundesausschuss im Auftrag der Bundesregierung nicht gelöst hat", erklärt die KV-Pressestelle: Die Bedarfsplanung sehe eine bestimmte Zahl von Hautärzten pro Einwohnerzahl vor: ,,Diese Zahlen stammen aus dem letzten Jahrhundert und tragen nicht dem ausreichend Rechnung, dass die Versorgungsumfänge sich geändert haben."

Bei den Hautärzten habe zum Beispiel die Einführung der neuen Hautkrebsfrüherkennung dazu geführt, dass viele Menschen diese Untersuchung in Anspruch nehmen, die andere Arbeit sei aber nicht weniger geworden.

Zusätzliche Hautarzt-Praxen habe der Gemeinsame Bundesausschuss der KV aber nicht genehmigt, ,,sodass hier ein auch von der Ärzteschaft nicht gewünschter Engpass entsteht."

Die Soll-Zahl nach erlaubter Planung betrage 36, die Ist-Zahl 43. Folge: Die Krankenkassen legen sich im Zulassungsausschuss quer, wenn ein Hautarzt seine Praxis an einen Kollegen abgeben will. Das heißt: ,,Im Regionalverband darf sich kein weiterer Hautarzt niederlassen."


"Nicht jede Mittelstadt muss einen Hautarzt haben"


Dr. Joachim Meiser ist stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland. Wir sprachen mit ihm über Obergrenzen, Verteilung und den Wettbewerb.

Warum entscheidet nicht der Wettbewerb darüber, wie viele Ärzte sich in einer Region niederlassen?

Dr. Meiser: Es gibt keinen freien Markt unter Kassenärzten, keinen Wettbewerb um freie Plätze. Das wurde vor Jahren von der Bundesregierung so beschlossen, um eine ausgewogene Versorgung sicherzustellen. Bei Privatärzten ist es etwas anderes, sie können frei entscheiden.

Gibt es weitere Obergrenzen in anderen medizinischen Disziplinen?

Dr. Meiser: Alle Fachrichtungen werden beplant. Hausärzte etwa auf Gemeindeebene. Begrenzte Abweichungen sind zulässig, wenn ein besonderer Bedarf, beispielsweise durch mehrere Altenheime, vorhanden ist. Bei allgemeinen Fachärzten zählt die Kreisebene. Bei speziellen Fachärzten, etwa Neurochirurgen, wird je nach Größe des Bundeslandes für die Region oder das Land geplant.

Wie lässt sich einer weiteren Konzentration von Fachärzten entgegenwirken?

Dr. Meiser: Wenn in Dudweiler kein Hautarzt ist, ist das schade. Doch St. Ingbert und Saarbrücken sind nicht weit weg und mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen. Nicht jede Mittelstadt muss einen Hautarzt haben. Allerdings lässt sich der Umzug eines Arztes auch verhindern, wenn er den Planungsbereich ohne gute Gründe verlässt. Sonst besteht auch die Möglichkeit, durch finanzielle Anreize einen Arzt zu einem Zuzug zu bewegen.

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