Pfarrer zum Taizé-Gebet Der ungeheuer wertvolle Moment des Schweigens

Dudweiler · Der Dudweiler Geistliche Heiner Eschenbach erklärt, warum das Taizé-Gebet bei den Gläubigen – und weniger Gläubigen – auf so große Beliebtheit stößt.

 Heiner Eschenbach

Heiner Eschenbach

Foto: Eschenbach

In der evangelischen Christuskirche in Dudweiler findet das Taizé-Gebet, das an jedem zweiten Freitag im Monat (diesmal um 18 Uhr, ansonsten um 19 Uhr) gebetet wird, immer mehr Anhänger. Heiner Eschenbach ist als ordinierter Prädikant in ehrenamtlicher Funktion für die Leitung und Gestaltung von Gottesdiensten ausgebildet.

Was versteht man als Taizé-Gebet?

Eschenbach Die christliche Gemeinschaft in Taizé, einem Ort im Burgund, ist in den Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg als christlich-ökumenische Bewegung gewachsen. Hier treffen sich Hunderttausende meist jugendliche Christen aus aller Welt, um miteinander zu beten oder unter Anleitung der Theologen von Taizé kritisch die Bibel zu diskutieren. Die Taizé-Gesänge haben bis in die Gegenwart Bekanntheit erlangt. Sie sind melodisch unkompliziert, und die Texte reduzieren sich auf das Grundanliegen eines Gebets.

Wie kam die Idee zum Taizé-Gebet in der Christuskirche zustande?

Eschenbach In aller Welt werden hin und wieder Taizé-Gebete durchgeführt. Oft koordiniert mit anderen Gemeinden welweit, wodurch das Gebet über Grenzen und Zeitzonen hinaus für die Gläubigen einen besonderen Reiz darstellt. Oft werden Taizé-Gebete in Andachten oder Gottesdienst-Liturgien angeboten, um Gläubigen etwas Abwechslung im Gottesdienst-Erfahren zu bieten. So kamen auch in der evangelischen Kirchengemeinde Dudweiler-Herrensohr die Verantwortlichen auf die Idee, den Taizé-Gedanken zu verbreiten. Hier kann auf jahrelange Erfahrung und regelmäßiges Lernen der Konzepte, der Theologie und der Liturgie zurückgeblickt werden, um dem eigentlichen Kern einer solchen Andacht möglichst nah zu kommen.

Wie gestaltet sich die Zusammenkunft im Gotteshaus?

Eschenbach Mit einem gesungenen Gebet wird die Andacht eingeleitet. Es folgt ein Impulsvers, der, aus der Bibel zitiert, der Andacht das Thema gibt. Nach weiteren gesungenen Gebeten beschäftigen sich Liturg und Besucher mit dem Impulsvers: Hier werden Gedanken zur heutigen Bedeutung und zum Gegenwartsbezug des jeweiligen Verses vorgestellt und Fragen formuliert, die die Besucher dazu motivieren sollen, sich wieder mit dem besprochenen Vers zu beschäftigen. Mit der „Weitergabe des Lichts“ wird dann eine spirituell ausgesprochen starke und tiefgreifende Handlung vollzogen. Da Jesus einmal gesagt haben soll: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben“ (Joh. 8,12), zündet der jüngste Besucher eine Kerze an, deren Licht er an die Kerze eines nächsten Besuchers weitergibt. Jeder Besucher gibt dann sein Licht ebenfalls an die Kerze seines Nachbarn weiter. So flutet in kurzer Zeit der Kerzenschein den Kirchenraum. Symbolisch bringen die Kerzen das Licht Christi und damit das Leben.

Was ist das Schöne an der Veranstaltung, was nimmt man mit nach Hause?

Eschenbach Allein das zeitweilige Schweigen wird von vielen Gläubigen und auch ansonsten eher kirchenfremden Besuchern sehr oft als ungeheuer wertvolles Moment in der Taizé-Andacht begriffen: Man hat hier nicht nur die Gelegenheit, im Schweigen zu sich selbst zu finden – man wird in diesen Augenblicken regelrecht dazu gezwungen, was in unserer Zeit, in der man so oft von „Entschleunigung des Alltags“ spricht, als ausgesprochen wohltuend beschrieben wird. Die Entspannung, die Ruhe und der schimmernde Glanz zahlloser Kerzen, aber auch der gemeinsame Gesang und das Erleben von Verbundenheit und Gemeinschaft in völliger Friedlichkeit hinterlassen tiefe Spuren bei den Anwesenden und können Kraft geben für die kommende Zeit. Auf jeden Fall helfen sie, Strapazen, Stress und Hektik abzulegen und in einem Moment der Stille und Meditation wieder Ruhe zu finden.

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