Nackte Puppen und blödsinnige Klassik am Flügel

Dudweiler · Die Konzertmuschel im Dudweiler Stadtpark war am Montag Spielort des Straßentheaterfestivals „Sommer Szene“. Und obwohl das Wetter nicht gerade bester Laune war, gelang es den Künstlern, ihr Publikum nachhaltig zu erheitern.

 Claudia Engel (l.) und Matthias Ludwig sind das Duo „Flunker Produktionen“. Sie begeisterten mit skurrilem Puppenspiel. Foto: Kerstin Krämer

Claudia Engel (l.) und Matthias Ludwig sind das Duo „Flunker Produktionen“. Sie begeisterten mit skurrilem Puppenspiel. Foto: Kerstin Krämer

Foto: Kerstin Krämer

Draußen oder nicht draußen? Das war am Montag wieder mal die Frage. Die beiden "Sommer Szene"-Chefs Charlie Bick und Marion Künster entschieden sich tollkühn für die Konzertmuschel im Dudweiler Stadtpark und wurden mit einem Publikum belohnt, das den kühlen Temperaturen und dem immer wieder einsetzenden Regen tapfer trotzte.

Aufgewärmt wurde man von einem teilweise heißen Vorprogramm: Bei der "Magic Butter Show" des Duos "Flunker Produktionen" tanzten die Puppen schon mal splitterfasernackt und trieben es nicht unbedingt jugendfrei - das jedoch nur als kleines Intermezzo. Im Wesentlichen erzählt die Show von den Eskapaden eines Magiers, dessen leidgeprüfte Partnerin gute Miene zum frechen Spiel macht. Die beiden Hauptfiguren werden als "Kaukautzky-Puppen" gespielt: Claudia Engel und Matthias Ludwig, beide Absolventen der Berliner Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch, leihen ihre echten Köpfe viel zu kleinen Körpern. Komisch wirkten hier alleine schon die verqueren Größenverhältnisse. Wesentlich raumgreifender agierten danach "Stenzel & Kivits", die bei ihrem "Impossible concert" einen Konzertflügel tatkräftig über den Bühnenrand hinaus manövrierten. Das holländische Duo ist im Saarland schon direkt heimisch: 2005 zeigten die beiden Musikkomödianten bei der Sommer Szene ihr erstes Programm, 2013 begeisterten sie bei der Comedy im Herbst, und im September werden sie bei der St. Ingberter Pfanne wetteifern. Tiny van den Eijnden, der Mann mit den rhythmischen Augenbrauen und dem Teekistenbass, und der wirrhaarige Pianist Wilbert Kivits sind der leibhaftige Beweis, dass sich virtuose Klassikinterpretationen und Blödsinn bestens vertragen.

Egal, ob sie nun Johnny Cashs "Ring of fire" als italienische Arie bringen, bei einer Schallgeschwindigkeits-Version von Rossinis "La Danza" die Noten Feuer fangen oder Kivits in wilde Jazzimprovisationen ausbricht. Obendrein setzen die beiden auf abstruses Instrumentarium wie etwa eine Gouda-Panflöte oder ein Holzschuh-Stabspiel, und sie lieben technische Spielereien: Da ist auf der Unterseite des Flügels eine beleuchtete Orgel eingebaut, Klavierhocker und Notenständer funktionieren hydraulisch, und per beweglichem Lautsprecher darf sogar der große Caruso wiederauferstehen.

Als die beiden zum Schluss am Schlafittchen an einem Galgen zappelten, war auch dem letzten Zuschauer klar, was ein fliegender Holländer ist.

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