Die große Faszination des Schattenspiels

Dudweiler · Ellen Lischewski bezieht geschickt ihr junges Publikum in ihre Vorführungen im Dudweiler Lesetreff mit ein.

Zwei kleine spielende Mäuse wecken den Löwen aus dem Schlaf. Der König der Tiere reagiert ungehalten und droht, die beiden Nager aufzufressen. "Von wegen Mittagsschlaf!", tönt es da, "Du störst uns beim Spielen." Das solle der Löwe gefälligst in Ordnung bringen, was der gefährlichen Raubkatze offenbar einleuchtet. So sagt das Raubtier: "Okay, dann spiele ich halt mit." Die beiden Mäuse und der Löwe wurden am vergangenen Dienstagnachmittag von Marie und Loreana gesprochen. Die zwei Mädchen gehörten zu dem knappen Dutzend Kinder, das im Kultur- und Lesetreff im Bürgerhaus Dudweiler das Schattenspiel von Ellen Lischewski besuchte.

Die Schattenspielerin hatte auf ausgediente Schächtelchen von Arzneimitteln Figuren aufgesteckt, die sie aus starkem, schwarzem Papier ausgeschnitten hatte. Auch die Kulissen - wie Bäume, Berge und Sträucher - hinter der durchsichtigen Folie waren liebevoll gebastelt und erzeugten für die Kinder die Illusion, kurz in einer Wüste gelandet zu sein.

Dort hatte Ellen Lischewski die Fabel "Der Löwe und das Mäuschen" des griechischen Dichters Äsop spielen lassen. In der ursprünglichen Fassung schenkt der Löwe einer Maus das Leben. Der Nager befreit das Raubtier dafür später aus einem Fangnetz. Zur Lehre der Geschichte fragte Lischewski in die Runde: "Was will Äsop damit sagen?"

Schnell kamen die Kinder darauf, dass man auch die Kleinsten nicht übermütig behandeln sollte. Auch wenn dem ein oder anderen der Löwe etwas zu lieb daherkam, waren sich doch alle darüber einig, dass die Mäuse clever und flink seien.

Bereits im Vorfeld hatte die Schattenspielerin eine weitere Fabel vorgelesen, um in die Thematik einzuführen. "Fabeln geben Tipps, wie man sich als vermeintlich Schwacher in einer bestimmten Situation verhalten kann", erklärte sie den Kindern, die das Vorgetragene sichtlich interessiert aufnahmen.

Immer wieder band sie die jungen Besucher in die Geschichten mit ein, sprach sie direkt an. Mitunter griff sie auch beherzt ein und half dabei, eine Geschichte weiter zu spinnen. Etwa, als die Zwillinge Björn und Corvin in ihrer Nacherzählung nicht mehr recht weiter wussten und ihre Mäuse per Fantasie auf eine Reise schickten. "Wo kommt der Käse in der Wüste her?", fragte sie oder hakte nach, ob denn die Mäuse auf dem Eiffelturm den Käse gefunden hätten. "Nein, da sind Mäuse doch verboten", so die einleuchtende Erklärung der kindlichen Logik.

Immer wieder zupfte Tom Türling, Lebensgefährte der Schattenspielerin, passende Akkorde auf seiner Gitarre, die die Geschichten musikalisch untermalten. Einmal improvisierte auch er ein Spiel. Leon übernahm dabei den Part seines Nachbarn aus "Loch Numero 104", Tom Türling selbst war Moritz Mäusezahn aus Nummer 133. Man verabredete sich zum Spielen mit der Mäuse-Fußballmannschaft und diskutierte über die Frage, ob man lieber auf dem Feld oder im Mäuseloch kicken sollte. "Aber dort ist es doch viel zu eng", sagte ein Kind.

Als Zugabe spielte Ellen Lischewski noch die bekannte Geschichte von Hase und Igel, bei denen der Igel durch eine List stets den Sieg beim Wettrennen davonträgt. Nach etwa anderthalb Stunden ging der Spiele-Nachmittag zu Ende. Beim Herausgehen zeigte ein Kind auf ein sich bewegendes Objekt an einer Fassade: "Da! Ein Schatten."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort