100. Geburtstag in Corona-Krise Der Hundertjährige, der seinen Gratulanten in Saarbrücken vom Balkon zuwinkte

Dudweiler · Auch in Corona-Zeiten kann man Geburtstag im Altenheim feiern. Karl Wilhelms Hundertster war der „mit Abstand“ schönste.

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100. Geburtstag im Altenheim in Zeiten von Corona

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„Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand.“ An diesen Bestseller von Jonas Jonasson war man am Dienstag zwangsläufig erinnert, als Karl Wilhelm auf den Balkon des Dudweiler Caritas-Seniorenheims trat. Er winkte den Menschen zu, die sich ihm zu Ehren im Hof versammelt hatten.

Nur verschwinden wollte Wilhelm gar nicht. So sehr gefiel es ihm, dass seine Verwandten ihm zum 100. Geburtstag in Corona-Krisenzeiten ein Geburtstagsfest mit Sicherheitsabstand zelebrierten. Gestützt von zwei Altenpflegerinnen mit Mundschutz zog sich Wilhelm aus dem Rollstuhl am Balkongeländer hoch und ließ es sich nicht nehmen, im Stehen zu winken: „Das ist ein überraschender Wahnsinn – leider hab ich eine unglückliche Stellung“, freute und entschuldigte er sich. Denn gern hätte er gerade stehend applaudiert, was ihm nach einem Sturz nicht mehr möglich ist.

Leicht gebückt zu sein, störte an diesem Tag nur den Jubilar selbst. Alle anderen waren aus dem Häuschen. Das Fernsehen war da, die Tochter Gabriele Zang hatte eine SZ-Torte gebacken. „Die Saarbrücker Zeitung jeden Morgen und das Kreuzworträtsel sind das Allerwichtigste am Tag“, sagte sie. Caritas-Mitarbeiter Achim Waltzinger sorgte für eine andere Überraschung. Er hatte für den Jubilar Leberknödel gekocht – seine Leibspeise. Mehrere Ständchen wurden gesungen, Sekt ausgeschenkt, es fehlte an nichts bei diesem Geburtstagsfest. Nur auf Umarmungen und direkten Kontakt musste in dieser Corona-Zeit verzichtet werden.

Wilhelm wurde vor 100 Jahren in Malstatt geboren, lernte bei Edeka und blieb dem Handelsverbund sein ganzes Berufsleben lang verbunden. Mit seiner Frau war er Inhaber eines eigenen Marktes in Neunkirchen. „Mit einer herrlichen Pralinentheke“, wie sich die Tochter erinnert. Zum Ende seines Berufslebens vor vielen Jahren war Wilhelm Warenbereichsleiter für Süßwaren bei Edeka in St. Ingbert. Dort ging er in Rente.

Nach einem Sturz zog er ins Seniorenheim, weil er fremde Hilfe zu Hause ablehnte. Mit seiner inzwischen verstorbenen Frau konnte er dort noch die Eiserne Hochzeit feiern.

 Der Jubilar plauderte vom Balkon herab mit seinen Gästen, beantwortete alle Fragen und freute sich sichtlich über die Abwechslung. Wenn das Virus überwunden ist, will er nachfeiern. Dann wünscht er sich eine „anständige“ Party – ohne Abstand.

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