Historisches Museum Saar Die Wikinger hatten es ihm angetan

Saarbrücken · Simon Matzerath ist seit 2016 Direktor des Historischen Museums und liebt vor allem Originalschauplätze.

 Simon Matzerath kennt sich nicht nur im Saarland aus.

Simon Matzerath kennt sich nicht nur im Saarland aus.

Foto: Tobias Ebelshäuser

Um kurz vor zehn kommt er ins Büro. Das Hemd an den Schultern vom Saarbrücker Sommerregen durchnässt, die Wassertropfen stehen ihm auf den Brillengläsern. Zum Termin ist er noch zu früh, trotzdem entschuldigt sich Simon Matzerath ein paar Mal, dass er erst so spät erschienen sei. Es sei im Moment die absolute Ausnahme, dass er nach 8 Uhr ins Büro komme. Denn um die 50 Projekte verfolge das Team des Historischen Museums momentan.Wegen der Vorbereitungen der neuen Sonderausstellung dauere der Arbeitstag in letzter Zeit auch öfters mal von halb acht morgens bis elf oder zwölf Uhr abends. „Da ist mir diese Uhrzeit fast schon peinlich.“

Sein Büro ist am Ende des Flurs gelegen, im Saarbrücker Schloss. Ein weißer Raum, der auch ohne Beleuchtung sehr hell wirkt, trotz Regenwetter. Seit Oktober 2016 ist Simon Matzerath Direktor des Historischen Museums Saar und arbeitet daran, die saarländische Geschichte zu erforschen und zu vermitteln.„Es war eigentlich alles andere als automatisch“, sagt er auf die Frage, wie er denn überhaupt zur Geschichtswissenschaft gekommen sei. Er komme aus einem Nicht-Akademiker-Haushalt. Aber rückblickend habe es schon so ein paar Dinge in seiner Kindheit gegeben, wo man es sich hätte denken können, wie er sagt. Zum Beispiel, als er als Kind eine Wikinger-Ausstellung in Schleswig-Holstein besucht habe. „Und ich war dann so verrückt, mir als Zwölfjähriger einen Ausstellungskatalog mit wissenschaftlichen Beiträgen zu kaufen, und war stolz drauf“, erzählt er und lacht. „Rückblickend merkt man, dass ich in dieser Sache schon viel früher extrem wurde.“

Mittlerweile ist er 35 Jahre alt, hat in Düsseldorf, Bonn, Paris und Tübingen Geschichte studiert. Über 50 wissenschaftliche Aufsätze habe er (mit)verfasst, an archäologischen Ausgrabungen unter anderem in der Türkei, Jordanien und Syrien teilgenommen. Zu nur wenigen Zeitspannen der Geschichte habe er noch nichts publiziert. In alledem hat er gelernt, dass die Geschichte vielleicht mehr Bedeutung für die Zukunft trägt, als man vielleicht denkt.

„Ohne die Geschichte sollte man keinen Ausblick in die Zukunft wagen“, sagt er. „Wer eben kein historisches Verständnis hat, kann schlecht darüber reden, wie aktuell Politik zu gestalten wäre.“ Sonst laufe man die Gefahr, immer wieder die gleichen menschlichen Fehler zu begehen. Nicht nur für die großen gesellschaftlichen Probleme, sondern auch auf die existenziellen Fragen des Lebens könne die Geschichte Antworten liefern. „Die Menschen sind ja immer mit den Fragen des Lebens konfrontiert und damit, dass sie existieren“, sagt er. „Im Grunde ist die Geschichte nur ein Baustein, und alle Wissenschaften zusammen helfen, diese Fragen immer wieder ein bisschen zu beantworten.“

Doch wohin geht jemand, der schon so viel gesehen hat, selbst ins Museum? „Eigentlich hat bei mir jedes Museum eine gute Chance“, sagt er. Besonders geprägt habe ihn aber ein Besuch vor seiner Zeit als Historiker, als er als junger Mann 2001 in Indien war. Das „Salar-Jung-Museum“ in Hyderabad, das viel Kunst und Kultur des asiatischen Raums zusammenfasse. Besonders sei er heute ein großer Fan von Freilichtmuseen, oder noch besser, Originalschauplätzen. Dort, wo Dinge gefunden wurden oder noch gefunden werden, das echte „Ruinenerlebnis“.

Auch das Historische Museum hat diese Ruinen, unten im Keller sieht man Teile des alten Saarbrücker Schlosses. Im Team mit sieben Leuten arbeitet Simon Matzerath daran, das eigene Museum noch attraktiver zu gestalten. Eine strenge Hierarchie gebe es nicht in der Zusammenarbeit. „Jeder kann hier eigentlich jeden ersetzen“, sagt er. So versuche der Museumsdirektor auch mal, selbst einen kaputten Strahler zu wechseln, wenn die Haustechnik gerade verhindert ist.

Er erzählt von einigen Projekten, die er in den nächsten Jahren im Saarland angehen will, zum Beispiel neue Grundlagenforschung zum Schloss anzustoßen. So wie er es in seiner alten Heimat getan hat. Er kommt aus Körrenzig in Nordrhein-Westfalen. „In meiner ursprünglichen Heimat kann ich jeden Stein erklären. Ich habe immer gesagt, ich muss mich erstmal vor der Haustür beweisen, bevor es in die Welt rausgeht.“ Es scheint, als habe er das gleiche vor seiner neuen Haustür in Saarbrücken vor.

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