Urlaub im Saarland Wie der Saar-Tourismus unter Corona leidet

Saarbrücken · Die Übernachtungszahlen sind im Saarland zu Beginn der Corona-Krise massiv eingebrochen. Dazu hakt es mit Hilfe für die Tourismusbranche. Dennoch: Die Krise birgt auch Chancen.

 Selten wurde im Saarland so viel gewandert wie in der Corona-Krise. Dieser Wanderer genießt die Aussicht auf dem Felsenweg. Der führt rund um Losheim und bietet neben spektakulären Aussichten sowie mächtigen Felsformationen auch romantische Bachtäler. Der Weg wurde zu Deutschlands Wanderweg des Jahres 2005 gewählt. Einer von vielen traumhaften Wanderwegen im Saarland.

Selten wurde im Saarland so viel gewandert wie in der Corona-Krise. Dieser Wanderer genießt die Aussicht auf dem Felsenweg. Der führt rund um Losheim und bietet neben spektakulären Aussichten sowie mächtigen Felsformationen auch romantische Bachtäler. Der Weg wurde zu Deutschlands Wanderweg des Jahres 2005 gewählt. Einer von vielen traumhaften Wanderwegen im Saarland.

Foto: Michael Kipp

Zu den sicher am stärksten von der Corona-Krise betroffenen Branchen gehört der Tourismus. Hotel- und Gastronomiegäste blieben aus, Freizeitparks und Strandbäder waren während des Lockdowns geschlossen. Wie das Statistische Amt des Saarlandes meldet, brachen im Gastgewerbe die Umsätze zu über einem Drittel weg, wobei insbesondere die Beherbergungsbetriebe fast die Hälfte ihrer Einnahmen einbüßten.

Allerdings bot gerade das Saarland mit den vielen Wander- und Radwegen gute Chancen für den Individualtourismus. Birgit Grauvogel, Chefin der Tourismuszentrale Saar, berichtet, dass es erheblich mehr Zugriffe auf Wanderwege-Inhalte der Webseite sowie auf die Touren-App der Zentrale gegeben habe, zum Teil über 300 Prozent mehr als sonst. Da habe sich ausgezahlt, dass man „eine große Wanderkampagne gefahren“ habe, es sei überregional fürs Wanderparadies Saarland geworben worden. „Viele Leute haben auch festgestellt, dass mehr Radfahrer und Wanderer unterwegs waren“, sagt sie. Natürlich habe die Coronakrise aber auch zum Einbruch von statistischen Werten geführt: „Die Übernachtungen von Januar bis Juli liegen im Saarland üblicherweise um die 300 000. Jetzt haben wir im gleichen Zeitraum nur 160 000 gehabt.“ Zum August 2020 lägen noch keine Zahlen vor, das sei aber wohl ein starker Monat gewesen, sagt Grauvogel.

Für den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Dehoga gibt Angelika Hießerich-Peter Auskunft. Sie ist Vorsitzende des Ausschusses für Kultur, Verkehr und Tourismus: „Das schwierigste Segment im Tourismusbereich waren dieses Jahr die Geschäftsreisen. Da gab es schon im vergangenen Jahr weniger, weil einige große Unternehmen im Saarland massiv reduziert hatten, das hat sich in den Übernachtungszahlen sehr bemerkbar gemacht. Dieser Effekt hat sich durch Corona noch weiter verstärkt. Nur wer gar nicht anders konnte, ist gereist.“

Die Unternehmen seien durch die Krise auch auf das Instrument der Online-Konferenzen aufmerksam geworden und nutzten dieses aus Kostengründen auch immer stärker. „Da sind Hemmschwellen gefallen“, sagt Hießerich-Peter, die das Hotel Haus Schons in Mettlach betreibt und FDP-Landesvizin ist. Das reine Feriengästegeschäft sei diesen Sommer bei ihr gut gelaufen, im Juni habe es ein Minus von 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gegeben. Das finanzielle Loch, das im Mai entstanden ist, könne in den Wintermonaten nicht ausgeglichen werden: „Die Gäste, die im Mai nicht kommen konnten, werden ja jetzt nicht im Dezember bei drei Grad und Nieselregen Fahrrad fahren.“ Manche Gäste hätten aber gesagt, sie seien lieber dorthin gefahren, wo es weniger riskant ist, anstatt nach Spanien oder Italien zu fliegen. Auffällig sei auch, dass die Gäste im Haus Schons im Schnitt deutlich länger blieben als sonst.

Mit der Unterstützung der Hotel- und Gaststättenbetreiber durch Land und Bund ist Hießerich-Peter nicht zufrieden: „Die Soforthilfe war ein Tröpfchen auf einen sehr heißen Stein. Bei den Überbrückungshilfen der zweiten Runde hakt es an allen Ecken und Kanten. Die bürokratischen Hürden sind extrem hoch. Da merkt man, dass die Beamten ganze Arbeit geleistet haben.“

Hießerich-Peter geht davon aus, dass einige Betriebe schließen  müssen, weil die Hilfen nicht ausreichen. Das beträfe besonders jene, die mit Großveranstaltungen zu tun hätten. In einer Dehoga-Umfrage hatten bundesweit 60 Prozent der Betriebe angeben, dass sie sich in ihrer Existenz gefährdet sehen – im Saarland waren es sogar 70 Prozent. Was die Hotelbesitzerin noch umtreibt, ist die Politik auf der kommunalen und regionalen Ebene. „Da würde ich mir wünschen, dass nicht zu viele Querschläge kommen.“ Manche politische Akteure diskutierten über „Overtourism“ (also zu viel Tourismus) an Hotspots wie der Saarschleife und befürchteten dort ein neues Ischgl. „Da würde ich mir eher wünschen, dass die Lokalpolitiker lieber dafür sorgen, dass Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass die Touristen sich gut aufgehoben fühlen, dass sie gerne kommen und dass sie wiederkommen.“

Jacob Geditz, Vorstandsvorsitzender der Jugendherbergen in Rheinland-Pfalz und im Saarland, spricht von „gravierenden Auswirkungen“, die die Coronakrise auf seinen Verband habe. 2019 habe man 155 247 Übernachtungen verzeichnet, in diesem Jahr rechne man mit etwa 50 000, das sei ein Rückgang um zwei Drittel. „In den Ferienwochen, insbesondere im Juli, waren die Übernachtungszahlen wieder erfreulicher, wenn auch mit einer durchschnittlichen Auslastung von 55 Prozent noch nicht auf Vorjahresniveau.“ Die ländlich gelegenen Jugendherbergen Dreisbach und Tholey hätten eine überdurchschnittliche Auslastung aufgewiesen, was für die These spräche, dass die Gäste die Natur gesucht hätten. Geditz beziffert die Umsatzeinbußen der saarländischen Jugendherbergen auf circa zwei Millionen Euro. Die Unterstützung der Landesregierung habe nicht die Ausfälle ersetzt, sondern nur der Liquiditätsunterstüzung gedient. Somit habe man alle Möglichkeiten nutzen müssen um Einsparungen vorzunehmen, wie Kurzarbeit der Mitarbeiter, das Zurückstellen von Investitionen oder die Stundung von Verpflichtungen.

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