Kolumne So kann’s gehen Katzen mit toten Augen, die an Pfosten kreischen

Die Saarbrücker Stadtreinigung entfernt gerade mit einer gewissen Leidenschaft Aufkleber. Haben die sonst nichts zu tun?

 Es kamen keine Tiere zu Schaden, es geht hier um Musik.

Es kamen keine Tiere zu Schaden, es geht hier um Musik.

Foto: Martin Rolshausen

Ich habe gelernt, einfach so rumzustehen. Also auf etwas zu warten, ohne zum Beispiel mit dem Handy zu spielen. Ich kann auch im Zug oder im Bus sitzen und einfach nur aus dem Fenster schauen oder andere Fahrgäste beobachten. Ich fürchte mich nicht vor Langeweile. Das hat mitunter Vorteile: Wenn der Blick nicht ständig gesenkt ist, sieht man einfach mehr.

Gestern Morgen an der Bushaltestelle zum Beispiel war diese kreischende Katze mit den toten Augen. Hören konnte ich sie nicht. Sie klebte am Pfosten des Haltestellenschilds. Das Maul weit aufgerissen, die Zähne gebleckt. „Deäd Kätz“ stand darunter. Also sowas wie „tote Katzen“. Daneben gleich noch ein Aufkleber mit Katze. Diesmal eine lebendige, die einen Buckel macht. Dazu der Spruch: „Kein Angriff ohne Antwort. Das nennen wir Gewerkschaft.“ Dazu noch ein Aufkleber mit etwas Lateinischem, Lorbeerkranz und Speeren.

Zwei Minuten an der Bushaltestelle zu viel in der Gegend rumgeschaut und schon Gedanken für den halben Tag im Kopf. Im Büro bin ich diesen Gedanken dann gleich mal nachgegangenen. Das ist der Vorteil, wenn man in einer Zeitung Kolumnen schreibt: Gedanken zu verfolgen, ist Arbeit.

Das mit dem Latein und den Speeren ist offenbar irgendwas mit Kunst. Das mit der Gewerkschaft erschließt sich mir auch nach längerem Nachdenken nicht. Und „Deäd Kätz“ sind eine Saarbrücker Band und keine Tierquäler, jedenfalls ist davon nichts bekannt. Wer sich Musik von denen im Internet anhören möchte, findet welche unter www.deadkatzkill.bandcamp.com.

 Irgendwas mit Gewerkschaft findet man auch an  Pfosten. 

Irgendwas mit Gewerkschaft findet man auch an  Pfosten. 

Foto: Martin Rolshausen
 Der „House of Baul“-Aufkleber weist auf irgendwas mit Kunst hin.

Der „House of Baul“-Aufkleber weist auf irgendwas mit Kunst hin.

Foto: Martin Rolshausen

Und noch etwas habe ich entdeckt: Die Stadtreinigung schabt zurzeit mit einer gewissen Leidenschaft solche Aufkleber von Laternen- und Schilderpfosten ab. Haben die sonst nichts zu tun? Sind Aufkleber wirklich das vordringlichste Problem? Vielleicht sollte da mal jemand Aufkleber mit diesen Fragen an Pfosten drücken.

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