333.bank.literaturarchiv-reportage david lemm Text "literarisch schreiben" „Die Kritik an den Texten ist gnadenlos ehrlich“

Saarbrücken · Im Literaturarchiv Saar-Lor-Lux-Elsass können Studierende aller Fakultäten das literarische Schreiben lernen. Von Fantasy bis Experimental-Lyrik ist alles dabei.

 Im Literaturarchiv an der Universität des Saarlandes werden nicht nur die Schriften und Nachlässe von Autoren der Region gesammelt, auch der Autoren-Nachwuchs bekommt seine Chance.

Im Literaturarchiv an der Universität des Saarlandes werden nicht nur die Schriften und Nachlässe von Autoren der Region gesammelt, auch der Autoren-Nachwuchs bekommt seine Chance.

Foto: Marc

Vom neunten Stockwerk des ehemaligen Bücherturms der Saarländischen Universitäts- und Landesbibliothek hat man einen majestätischen Blick über den Campus der Universität des Saarlandes (UdS). Vor zwei Jahren zog Sikander Singh, seit 2011 Leiter des Literaturarchivs Saar-Lor-Lux-Elsass der UdS, mit seinem Team in den Turm ein. Er schnuppert seitdem wieder Campusluft. Die Rückkehr von Dudweiler auf den Uni-Campus freut ihn, denn schließlich sei man nun näher an den Studierenden. Und zwar nicht an nur jenen, die sich der Credit Points wegen in Seminaren einfinden, sondern auch denen, die sich ganz freiwillig weiterbilden möchten.

Seit 2012 bietet Professor Singh zusammen mit seinem Kollegen Johannes Birgfeld ein freies, nicht offiziell institutionalisiertes Seminar namens „literarisch schreiben“ für schreibende Studierende an. Ob man dieses unverbindliche Angebot als Schreibwerkstatt titulieren könne, darüber ist sich Singh nicht ganz sicher. „Ein Forum, literarische Texte vorzutragen, kritisch zu diskutieren und im Dialog den individuellen Schreibstil weiterzuentwickeln“, heißt es auf der Internetseite.

„Jeder Studierende, der schreibt, sich nicht sicher ist und Rat sucht, ist herzlich willkommen“, stellt Singh heraus. Die Faszination an Literatur scheint ungebrochen: Von entwicklungsbedingter Empfindungslyrik und spätpubertärer Bewältigungsprosa über Textexperimente wie einen E-Mail-Roman bis hin zu ausgearbeiteten historischen Romanen und mehrteiligen Fantasy-Schmökern reiche die Bandbreite an literarischem Output der Studierenden. Das große Maß an Vorstellungskraft fasziniert Singh – ebenso das „innere Bedürfnis“ zu schreiben.

„Schreiben ist Handwerk. Desto mehr sie schreiben, desto besser werden sie“, betont er. „Um ein guter Schreiber zu werden, benötigt man ein gewisses Maß an Leidensfähigkeit. Die Kritik an den Texten ist zwar nie persönlich verletzend, aber gnadenlos ehrlich, wenn die Wunden des Textes – also jede Stelle, die nicht funktioniert – benannt und seziert wird“, mahnt er.

Es ist kein leichtes Unterfangen mit den zurückgespiegelten Lektüre-Einrücken zurechtzukommen, vor allem wenn man sich als geborenen, von Thalia geküssten Schreiber betrachtet. Dass die systematische, entbehrungsreiche Arbeit am Text sich dennoch lohnt, beweisen die ehemaligen Teilnehmer Kevin Höhn, Andreas Sebastian Rouget, Daria Kramskaja und Michaela Albrecht, die allesamt entweder mit dem Haupt- oder Förderpreis des Hans-Bernhard-Schiff-Literaturpreis ausgezeichnet wurden.

Im Gegensatz zu den renommierten Schreibinstituten in Hildesheim und Leipzig ginge es in Saarbrücken jedoch nicht nur um die perfekte Handwerklichkeit des Schreibens, sagt Singh. Sondern um die Thematisierung des schwierigen Individuellen, was man eben nicht lernen kann – ganz im Sinne einer Bewusstseinswerdung.

 Sikander Singh, Direktor des Literaturarchivs Saar-Lor-Lux-Elsass, kümmert sich mit großer Freude um literarischen Nachwuchs.

Sikander Singh, Direktor des Literaturarchivs Saar-Lor-Lux-Elsass, kümmert sich mit großer Freude um literarischen Nachwuchs.

Foto: Oliver Dietze

www.literaturarchiv.uni-saarland.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort