Saarbahn Streit um die Fahrgastrechte auf der Schiene

Regionalverband · Die Grünen sehen schwere Versäumnisse bei der Saarbahn GmbH. Die griff die Kritik auf, lässt aber nicht jeden Vorwurf gelten.

 Wo die Saarbahnen auf Zugstrecken verkehren, wie hier in Kleinblittersdorf oder auf der Köllertal-Trasse, haben Fahrgäste Erstattungsansprüche bei Verspätungen.

Wo die Saarbahnen auf Zugstrecken verkehren, wie hier in Kleinblittersdorf oder auf der Köllertal-Trasse, haben Fahrgäste Erstattungsansprüche bei Verspätungen.

Foto: BECKER&BREDEL/Becker && Bredel

Die Saar und Bäche treten über die Ufer, fluten Straßen, unterspülen Bahngleise. Ein Unwetter stürzt die Region Anfang Juni ins Chaos und wirft Fahrpläne über den Haufen. An den Saarbahn-Ausfällen als Folge der Überschwemmungen hat sich ein Streit entzündet. Denn nun behauptet die Grünen-Fraktion der Regionalversammlung, „dass die Saarbahn auf den Strecken im Köllertal und der Oberen Saar ihre Fahrgäste völlig unzureichend und teilweise falsch über ihre Fahrgastrechte bei Verspätungen und Ausfällen informiert“.

Damit verhindere das Unternehmen nicht nur gerechtfertigte Entschädigungsansprüche seiner Fahrgäste, sondern komme zugleich gesetzlichen Pflichten nicht nach.

 Schon seit 2007 haben den Grünen zufolge alle Fahrgäste im Eisenbahnverkehr europaweit verbriefte Rechte. Dies sei auch bei der Saarbahn der Fall, und zwar auf denjenigen Streckenabschnitten, auf denen sie als Eisenbahn verkehrt. Das treffe zu entlang der Oberen Saar zwischen Brebach und Saargemünd sowie im Köllertal zwischen Etzenhofen/Walpershofen und Lebach-Jabach, sagt Fraktionschef Manfred Jost.

Bei Ausfällen und Verspätungen auf diesen Streckenabschnitten stünden den Fahrgästen Entschädigungszahlungen zu. Aber dieses Recht müssen die Fahrgäste den Grünen zufolge regelrecht aufstöbern. „Lediglich auf der Internetseite und auf Nachfrage im Service-Center wird darüber informiert, und dann auch noch falsch.”

Denn entgegen der Darstellung auf der Saarbahn-Internetseite stünden den Fahrgästen ihre Rechte ausdrücklich auch bei höherer Gewalt zu. Dies habe bereits der Europäische Gerichtshof im Jahr 2013 entschieden. Das EU-Recht regele sogar detailliert, wie informiert werden muss. „Bereits beim Verkauf der Fahrkarten muss die Saarbahn ihre Fahrgäste über ihre Rechte informieren. An keinem Saarbahn-Automaten befindet sich jedoch ein entsprechender Aufkleber oder Aushang“, sagt Philip Oppenländer, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Mobilität der Grünen Jugend.

Das gleiche Bild ergebe sich an den Saarbahn-Haltepunkten. „Auch dort wird nicht informiert, obwohl informiert werden muss.” Verkehrsministerin Anke Rehlinger müsse dafür sorgen, dass die Saarbahn ihre Fahrgäste angemessen über ihre Rechte informiert. Das Ministerium bleibe seit Jahren untätig. „Die Landeseisenbahnaufsicht im saarländischen Verkehrsministerium darf die massiven Informationsdefizite nicht noch länger ignorieren, sondern muss geltendes EU-Recht gegenüber der Saarbahn im Sinne der Fahrgäste auch durchsetzen.“

Den Vorwurf der Untätigkeit weist Wolfgang Kerkhoff, der Sprecher des Verkehrsministeriums, auf SZ-Anfrage zurück. Er teilt mit, im Verkehrsministerium würden Fahrgastrechte großgeschrieben. Das Haus schalte in dieser Sache das Eisenbahnbundesamt ein. Das sei schon bei einer früheren Anfrage geschehen, und die Behörde unterstütze das Verkehrsministerium auch in der von den Grünen vorgebrachten Angelegenheit. „Wir gehen der Sache nach, und wenn es Mängel gibt, müssen sie natürlich abgestellt werden.“

Einen Mangel hat die Saarbahn GmbH auch ohne Weisung von höherer Stelle beseitigt. Unternehmenssprecherin Ulrike Reimann räumt ein, dass es den Verweis auf Haftungsausschluss wegen höherer Gewalt auf der Internetseite des Unternehmens noch gegeben habe. „Wir bedanken uns ausdrücklich für den Hinweis und haben das postwendend geändert.“

 Aber die Unternehmenssprecherin lässt nicht jeden Vorwurf der Grünen gelten. Insbesondere nicht den, dass die Saarbahnkunden generell unzulänglich über ihre Rechte aufgeklärt würden.

Reimann: „Die Saarbahn informiert auf ihrer Internetseite über die Fahrgastrechte insbesondere auf der Köllertalstrecke und über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die AGB. Alle Dokumente stehen optisch hervorgehoben über sogenannte Teaser auch zum Download bereit.“

Die AGB an den Automaten auszuhängen, sei nicht sinnvoll, „da wir dann die kompletten Automaten mit den 60-seitigen Tarif- und Beförderungsbestimmungen bepflastern müssten“, sagt Reimann.

Die Informationen über Fahrgastrechte und AGB gebe es überdies kostenlos im Saarbahn Service Center an der Nauwieser Straße. Reimann weist darüber hinaus darauf hin, dass für den größeren Teil der Fahrgäste ohnehin gar keine Gesetze zur Entschädigung existieren: „Für den Stadtbusverkehr gibt es anders als für die Fernbusse keine Regelung.“

Aber Reimann versichert, die Saarbahn GmbH nehme jede Beschwerde auch über die Bus-Sparte sehr ernst und überprüfe alle Vorkommnisse. Eine Möglichkeit, bei Busausfällen und -verspätungen: „Wir helfen bei der Suche nach Alternativen, wenn man keine Möglichkeit hat, auf der SaarVV-App zu suchen. Die Kundenhotline des SaarVV und das Saarbahn Service Center stehen mit Rat und Tat zur Seite.“ Neu sei auch die Broschüre „Alternativen bei Fahrtausfällen“. Sie ist zu finden auf der Webseite http://www.saarbahn.de/fahrplan und im Service Center erhältlich.

Eine Alternative bei der Prüfung von Versäumnissen im Bahnverkehr strebt auch das saarländische Verkehrsministerium an. Und zwar als bundesweit wirksame Lösung.

Sprecher Kerkhoff weist darauf hin, dass die Landesregierung eine zentrale Zuständigkeit für die Fahrgastrechte beim Eisenbahn-Bundesamt erreichen wolle. Sie unterstütze eine entsprechende Initiative. Und zwar deswegen: „Wir sind der Meinung, dass auf diese Weise die einheitliche Durchsetzung der Fahrgastrechte erleichtert werden kann.“

Die Saarbahn GmbH informiert die Fahrgäste auf einer überarbeiteten Internetseite über ihre Rechte.

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