97-jährige Saarbrückerin Von Saarbrücken in die weite Welt

Saarbrücken · Die 97-jährige Irmgard Liehl unterrichtete als Deutschlehrerin in Asien und Afrika. Ein erfüllter Alltag hält sie topfit.

 Irmgard Liehl ist auch im hohen Alter noch topfit.

Irmgard Liehl ist auch im hohen Alter noch topfit.

Foto: Heiko Lehmann

Wenn Irmgard Liehl in diesen Tagen in den Nachrichten vom Krieg in Afghanistan hört oder diverse Meinungen, dass Flüchtlinge aus Afghanistan gefährlich sein könnten, dann ist sie den Tränen nah. Sie hat das Land und die Menschen dort ganz anders kennengelernt. „Hilfsbereit, gastfreundlich, nett“, sagt die 97-jährige Saarbrückerin. In den 1960er-Jahren bewarb sich die Deutschlehrerin an einer Schule in Afghanistan und wurde genommen. „Es war eine reine Jungen-Schule, in der die Jugendlichen ihr Abitur in Deutsch machten. Damals gab es eine große Freundschaft zwischen Deutschland und Afghanistan. Ich konnte mich als Frau im ganzen Land frei bewegen, wie ich wollte, nirgends war es gefährlich“, sagt Irmgard Liehl, die von ihren Freunden Irmchen genannt wird. „Einmal sind eine Freundin und ich einfach mit meinem VW-Käfer ins Gebirge gefahren, und der Wagen machte schlapp. Plötzlich tauchten zwei Afghanen auf, die uns den kompletten Berg hochschoben, damit wir auf der anderen Seite runterrollen konnten. Solche Begegnungen mit hilfsbereiten Menschen hatte ich zuhauf“, erzählt die 97-Jährige.

Der Abenteuerdrang und die Reiselust verschlugen die Saarbrückerin an viele Orte dieser Welt. Mit ihrem Käfer fuhr sie von Afghanistan 2000 Kilometer durch Pakistan bis nach Indien. „In Indien war ich schon dreimal, das ist mein absolutes Lieblingsland“, sagt Liehl. In den 70ern war sie fünf Jahre lang Lehrerin im Tschad in Zentralafrika. „Eine Affenhitze, alles war flach, aber wunderschöne Tiere“, sagt Irmgard Liehl über das Land, in dem ihr Haus Anlaufstelle für viele Menschen war. Denn die Saarbrückerin war überall sehr beliebt. „Als ich mittags von der Schule nach Hause kam, saßen schon Menschen bei mir im Haus, unterhielten sich und tranken einen. Es war eine herrliche Zeit.“ Sie war auch in China, Thailand und Kolumbien.

In einem Kinderbuch hat sie all ihre Erfahrungen zusammengeschrieben. Wie eine 40-Jährige springt Irmgard Liehl von ihrer Couch auf und wühlt kniend in der untersten Schublade ihres Wohnzimmerschrankes, bis sie ein Exemplar des Buches herausholt. „Hier ist es“, sagt sie, lächelt und setzt sich wieder. Ihre Wohnung hängt voll von selbstgemalten Aquarellen – eine ihrer großen Leidenschaften. Die größte ist das Bridgespielen. Bis zu fünfmal in der Woche fährt sie in ihrem eigenen Auto nach St. Arnual zum Bridge. „Ich fahre keine großen Strecken mehr. Dazu habe ich keine Lust mehr. Aber bei den kleinen Strecken habe ich überhaupt keine Probleme. Was soll ich auch machen? Ich muss ja zum Bridge, und einkaufen muss ich auch“, sagt Irmgard Liehl, die am Kieselhumes im vierten Stock wohnt – ohne Aufzug wohlgemerkt. „80 Stufen täglich und meistens mit Einkaufstaschen, das hält ungemein fit. Dazu kommt Bridge. Bei dem Spiel muss man zu jederzeit mitzählen und mitrechnen, sonst hat man keine Chance. Ich mache mir keine so großen Gedanken über das Altwerden. Ich kann es ja ohnehin nicht ändern“, sagt die 97-Jährige, die schwer auf Draht ist.

„Wollen Sie einen Whiskey oder eine Zigarette?“, fragt Liehl plötzlich und unvermittelt. „Ich rauche schon immer und trinke auch gerne einen. Warum auch nicht?“, sagt die außergewöhnliche 97-jährige Saarbrückerin, die auch keine richtige Erklärung dafür hat, warum sie so alt geworden ist und dabei noch so fit ist. „Ich bin immer noch neugierig und ich habe nichts am Essen. Ich habe schon immer sehr wenig gegessen und war mein ganzes Leben lang sehr schlank“, sagt die abenteuerlustige Weltenbummlerin. Vor 14 Tagen hat Liehl noch an einem Bridge-Turnier am Bodensee teilgenommen.

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