Jugendjury beim Ophüls-Festival Von morgens bis abends Filme schauen

Saarbrücken · Die deutsch-französische Jugendjury beim Festival Max Ophüls Preis hat ein strammes Programm zu bewältigen. Aber Karl Schwab, Mizgin Zerey, Diego Baer, Leni Kaurin und Clara Niesporek haben Spaß dabei.

Sie dürfen den ganzen Tag Nachwuchsfilme ansehen, die deutsch-französische Jugendjury im Cinestar: Diego Baer, Karl Schwab, Clara Niesporek, Mizgin Zerey (von links), vorne Leni Kaurin.

Sie dürfen den ganzen Tag Nachwuchsfilme ansehen, die deutsch-französische Jugendjury im Cinestar: Diego Baer, Karl Schwab, Clara Niesporek, Mizgin Zerey (von links), vorne Leni Kaurin.

Foto: Silvia Buss

Karl Schwab, 19, wollte eigentlich schon viel früher in der deutsch-französischen Jugendjury beim Festival Max Ophüls Preis mitmachen. Aber dann kam Corona. Mizgin Zerey (16), war jetzt zum ersten Mal im Saarbrücker Cinestar. Vorher war sie nur einmal überhaupt in einem Filmtheater, in den Thalia Lichtspielen in Bous. In Völklingen- Stadtmitte, wo sie wohne, da gebe es ja leider kein Kino mehr, stellt die Kurdin bedauernd fest. Und außerdem begann, als sie 13 war, gerade Corona. Die Jugendlichen von heute, sieht man da wieder einmal, haben viel nachzuholen.

Fünf Glückliche können das jetzt besonders intensiv. Sie haben sich erfolgreich um einen Platz in der deutsch-französischen Jugendjury des MOP-Filmfestivals beworben: Karl Schwab, Mizgin Zerey, Diego Baer (17), Leni Kaurin (16) und Clara Niesporek (17), allesamt Schüler- und innnen und bis auf Mizgin Zerey alle aus Saarbrücken, dürfen sich in dieser Woche täglich um die vier Kino-Filme im Cinestar ansehen, um hinterher den ihrer Ansicht nach besten Wettbewerbsfilm mit dem Preis der Jugendjury auszuzeichnen.

Sie hätten sich das anfangs ja viel anstrengender vorgestellt, so viele Stunden am Stück Filme anzugucken, sagt Diego Baer. Aber siehe da: Die Filme seien alle so verschieden und behandelten so interessante Themen, da werde einem nie langweilig, und man werde auch nicht müde. Da sind sich alle einig. Nahezu einig sind sich die Fünf auch in der Herangehensweise an die Wettbewerbsfilme: Sie lesen sich die Beschreibungen der Filme vorher nicht durch. „Extra nicht, um neutraler zu sein“, erklärt Mizgin Zerey. „Ich passe sogar auf, dass ich die Filmplakate nicht lese“, meldet sich Karl Schwab zu Wort und setzt noch eins drauf. „Ich kenne manchmal noch nicht mal den Titel des Films, wenn ich im Saal sitze, ich will alles auf mich wirken lassen.“

Nach dem Film, spätestens nach dem letzten am Abend, beginnt dann die Pflicht: Jedes Jurymitglied sollte sich eine Meinung über die Filme gebildet haben und diese mit Argumenten den anderen gegenüber vertreten. Wie schwer fällt ihnen das? „Ich habe tatsächlich auch schon vorher, wenn ich mit Eltern oder Freundinnen und Freunden Filme angeguckt habe, hinterher drüber geredet“, sagt Clara Niesporek. Man erzähle sich gegenseitig, wie man etwas verstanden habe und könne sich ergänzen. Über Filme hinterher zu sprechen und Kritikpunkte zu vergleichen, das ist auch für Leni Kaurin nichts Ungewohntes.

Zur Vorbereitung wurden sie von Anna Kautenburger vom Saarländischen Filmbüro außerdem in einem Crash-Kurs noch mit Fachwissen geboostert. Fazit der Fünf: Es ist eine Pflicht, aber keineswegs eine lästige. Im Gegenteil! „Ich finde, das macht sehr viel Spaß diese Woche, dass wir uns austauschen und noch mal schauen können, was uns an welchem Film gefallen hat“, spricht Clara Niesporek aus, was alle empfinden. Sie ist diesmal übrigens die einzige in der Jury, die auch einen teilweise französischen Familienhintergrund hat.

Nun aber mal ehrlich: Wie halten es die Jugendlichen mit der Liebe zum Kino? Lieber Kino oder lieber Streamingsdienste auf dem Sofa? Karl Schwab traut sich als erster: „Wenn es gute, atemberaubende Filme sind so wie Avatar, kann man dafür schon ins Kino gehen, weil das ist ja eine ganz andere Erfahrung als zu Hause vorm Fernseher, wo man dann auch nicht den Sound hat, die Bildqualität und auch nicht 3D – und auch nicht das Feeling, viel zu viel Popcorn zu essen und zu viel Cola zu trinken“.

Damit ist Diego Baer nicht ganz einverstanden. Man müsse auch unterscheiden zwischen Filmen der Streamingdienste, die eher der Bespaßung dienten, und solchen Filmen, die man eher in den kleineren Kinos finde. „Filme, die wirklich gesellschaftskritisch sind und Themen behandeln, die uns wirklich betreffen, die wir jetzt zum Beispiel auch hier im Festival sehen“, wendet er ein. Diese Filme wollen dann aber auch erst einmal verarbeitet werden. Die Jugendjury geht morgens in die erste Vorführung und kommt abends um 23 Uhr aus der letzten heraus. Mal links und rechts in andere Wettbewerbsreihen schauen, das schaffen sie dann nicht mehr.

Und Lolas Bistro? Am Montag, nach der Eröffnung seien sie natürlich mitgegangen in den Festivalclub – und fanden es beeindruckend. Aber jeden Abend Lola, nur um Filmleute zu treffen, das sei doch etwas zu anstrengend. Regisseurinnen und Schauspieler kennenlernen könne man auch hier, im Cinestar, dazu brauche man nur mal durch den Flur zu laufen oder zur Toilette, sagt Diego Baer. Ob sich die Jugendlichen denn auch trauen, die Stars anzusprechen? Gar nicht nötig, hört man Karl Schwab. „Ich wurde hier in der Schlange vorm Popcornessen von einem Mitglied aus dem Filmteam von „Alaska“ angesprochen“, erzählt er und grinst. Der hatte wohl einfach Lust auf Smalltalk, vermutet er. Filmleute sind eben auch nur Menschen.

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