Saarbrücker Dichterdschungel Zwei, von denen sich einer zum Affen macht

Saarbrücken · Christoph Endres und Peter Leinen nehmen Abschied vom Saarbrücker Dichterdschungel.de.

Christoph Endres (l.) und Peter Leinen.

Christoph Endres (l.) und Peter Leinen.

Foto: Zippo Zimmermann, www.designladen.com

Die Sache mit dem Affen war so nicht geplant. Er sollte ein Gag sein. Dann, sagt Christoph Endres, habe sich „der Affe verselbstständigt“. Das müsse so im Herbst 2011 gewesen sein, also kurz nachdem Peter Leinen in den Dichterdschungel.de kam. Denn Peter ist ja der Affe. Beziehungsweise: Peter war der Affe. Aber angefangen hat die Geschichte, die nun endet, ohne Peter und ohne den Affen. Und zwar vor elf Jahren.

Ganz so genau kann Christoph das gar nicht mehr sagen. Aber da gab es eine WG aus dem Nauwieser Viertel, „einer hieß Sebastian“, erinnert sich Christoph. Und diese WG hat Poetry Slams im Theater im Viertel, dem TiV, organisiert. Ein Poetry Slam ist ein Dichterwettstreit, bei dem das Publikum am Ende durch mehr oder weniger Applaus den Gewinner bestimmt. Eine klasse Sache, an der sich auch Christoph Endres und Hauke Trustorff mit Texten beteiligt haben. „Irgendwie“ habe sich die WG aus dem Viertel „dann nicht mehr darum gekümmert“. „Hauke hat gesagt: Das ist ’ne coole Sache, lass uns das machen.“ Und sie haben es dann gemacht.

2008 haben die beiden den Dichterdschungel.de gegründet. Hauke, erzählt Christoph, habe gesagt, dass das Saarland für jemanden, der von außen kommt, wie ein dichter Dschungel wirkt. Erst haben sie die Bühne für „ehrenamtliche Bühnenliteratur“ weiter im TiV veranstaltet. Dann kam Joachim „Puma“ Schmidt und hat den Kontakt zum Camera Zwo hergestellt. Poetry Slam im Kino, das war noch cooler. So cool, dass bisher alle Veranstaltungen im großen Kinosaal ausverkauft waren.

Bis auf zwei Science Slams, korrigiert sich Christoph. Da geht es nur um wissenschaftliche Themen, das ist etwas spezieller. Als Peter 2011 die Lücke schloss, die Hauke hinterlassen hatte, kam die Idee mit dem Affenkostüm. Der Affe hatte die Aufgabe, die Vortragenden nach sieben Minuten von der Bühne zu scheuchen. Eine Aufgabe, die er bis vor zwei Wochen mit Bravour erfüllt hat. Bis zu dem Tag, an dem Peter und Christoph dem Publikum mitteilten, dass sie aufhören und die Bühne Jüngeren überlassen.

Zwischen dem ersten Auftritt und dem letzten liegen unter anderem eine Scheidung, eine Heirat, zwei Kinder, eine Doktorarbeit, sagt der Informatiker Christoph, 48 Jahre alt. Und man solle aufhören, so lange man noch vermisst wird, wenn man es tut. Bei Peter, der Sportwissenschaftler ist und 36 Jahre alt, sei es nur eine Doktorarbeit, aber als Peter gesagt habe, dass alles seine Zeit habe und es nun Zeit sei, einen Punkt zu machen, sei klar gewesen: „Wir gehen beide zusammen von der Bühne.“ Die Jungen werden es wohl anders machen, aber da machen sich die beiden keine Sorgen.

Wenn er etwas mitnehme aus all den Jahren beim Dichterdschungel.de, dann das, sagt Christoph: „Die Jugend von heute ist super. Es hat halt jede Generation ihre zehn Prozent Arschlöcher.“ Das Affenkostüm zieht Peter also nicht mehr an. Dass er es so lange getragen hat und aus dem einmaligen Gag eine Slam-Kultfigur gemacht hat, habe daran gelegen, dass er „eine Rampensau sein wollte, ohne sein Gesicht zu zeigen“, witzelt Christoph.

Wobei es schon eine gewisse Leidensfähigkeit erfordert habe, sich zum Affen zu machen. Man komme ins Schwitzen. Und man könne das Kostüm nicht einfach in die Waschmaschine stecken. „Der Affengeruch ist also echt“, sagt Peter.

Aber das ist Geschichte. Er freue sich jetzt darauf, ohne Maske beim Poetry Slam aufzutauchen, sich ganz entspannt hinzusetzen und die Kunst der anderen zu genießen. „Vielleicht“, sagt Christoph, „werden wir sein wie die beiden alten Opas in der Muppet Show.“

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