Pop-Art in Saabrücken Der Typ, der Jesus durch eine Banane ersetzte

Saarbrücken/Völklingen · Der Bananensprayer zeigt seine Kunst in der Saarbrücker Galerie Elitzer und im Weltkulturerbe Völklinger Hütte.

 Bis 9. November sind die Werke in der Galerie Elitzer zu sehen.  Foto: Laffitau

Bis 9. November sind die Werke in der Galerie Elitzer zu sehen. Foto: Laffitau

Foto: jean m. laffitau

Wäre dieser Jesus nicht vom Kreuz gefallen, hätte das Leben von Thomas Baumgärtel sich womöglich etwas anders entwickelt. Thomas Baumgärtel wäre vielleicht Arzt geworden, so wie sein Vater das gerne gesehen hätte. Und vieleicht wäre sein Leben dann nicht Banane. Aber dieser Jesus ist vom Kreuz gefallen. Und aus Thomas Baumgärtel wurde kein Arzt, sondern der Banansprayer, einer der international erfolgreichsten deutschen Pop-Art-Künstler.

Von 1985 bis 1990 studierte der Mann,  der Arzt werden sollte, Freie Kunst an der Fachhochschule Köln. Parallel dazu studierte er  Psychologie an der Universität zu Köln. Seit 1986 markiert er weltweit Kunstorte, also etwa Museen und Galerien, mit einer gesprayten Banane. Seine Bananen sind unter anderem in Aachen, Athen, Basel, Berlin, Bonn, Dresden, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Frankfurt/M., Innsbruck, Hamburg, Hannover, Kassel, Korbach, Köln, London, Linz, Mallorca, München, Mülheim, Moskau, New York, Paris, Wien, Zürich. Von 4000 Orten ist inzwischen die Rede.

Baumgärtels Ur-Banane hing allerdings in einem katholischen Krankenhaus in Rheinberg. Allerdings nicht lange. In Rheinberg, einem Ort im Ruhrgebiet, wurde Thomas Baumgärtel 1960 auch geboren. Er habe ein gutes Abitur gemacht, erzählt der Bananensprayer. „Mein Vater wollte, dass ich Medizin studiere“, erinnert er sich. Er habe sich deshalb um eine Zivildienststelle im Krankenhaus beworben. Das klang nach einer guten Vorbereitung auf den Arztberuf.

Und dann, 1983, kam der Tag, an dem die Welt eine andere wurde – zumindest für den Zivi Baumgärtel. Über jedem der Krankenhausbette habe damals ein Kreuz gehangen, erzählt er. Eines morgens lag eins dieser Kreuze am Boden. Die Jesusfigur, die daran festgemacht war, lag in viele Teile zersprungen herum. „Der Jesus war kaputt“, sagt Baumgärtel. Da sei nichts mehr zu retten gewesen. Er habe also die Scherben zusammengekehrt. „Ich wollte das Kreuz aber nicht einfach leer an die Wand zurückhängen“, erklärt Baumgärtel das, was aus heutiger Sicht seine erste Kunstaktion war.  Er hat seine Frühstücksbanane am Kreuz befestigt.

„Klar, das gab Stress, aber die Ordensschwestern mochten mich gerne. Ich durfte also meinen Zivildienst noch zu Ende machen“, sagt Baumgärtel. Das Entscheidende war aber: „Mir war da klar: Ich möchte keine Medizin machen, sondern Kunst.“ Dass er sich in Köln auch für Psychologie eingeschrieben hat, sei zunächst ein Signal für seinen Vater gewesen: Psychologie ist ja auch eine Art Medizin. Aber ausgerechnet die Psychologie brachte ihn künstlerisch weiter, sagt Baumgärtel. In diesem Studium habe er mehr über das, was Kunst ist, erfahren, als in der Werkstatt der Kunstfachhochschule.

Ein Teil dieser Erfahrung hängt gerade in Saarbrücken und in Völklingen. In der „Urban Art!“-Biennale im Weltkulturerbe Völklinger Hütte hängt Baumgärtels Queen mit blauem Auge und Bananenkrone. Die  Saarbrücker Galerie Elitzer zeigt einen Querschnitt durch das Bananensprayer-Werk. Thomas Baumgärtel hat dort auch eine alte Tür hingestellt, auf die er Lemmy Kilmister, den legendären Chef der Band Motörhead gesprayt hat. Es gibt auch ein Bild des amerikanischen Komikers Robin Williams. Beides ohne die gelbe Frucht. „In meiner Kunst ist also nicht alles Banane“, sagt der Bananensprayer.

Aber die Banane sei schon etwas Beständiges und Wichtiges in seiner Kunst. Wie sehr diese Banane geschätzt wird, habe er vor einigen Jahren in Moskau erlebt. Er sei bis dahin noch nie in Moskau gewesen, sagt er. Aber als er zum Museum kam, in dem er seine Kunst zeigen sollte, waren da schon seine Bananen an der Wand. Jemand hatte sie einfach kopiert. Baumgärtel fand das überraschend und wunderbar.

Manchmal, sagt er, kommen Leute zu ihm und sagen: „Da hat jemand Deine Bananen geklaut, kopiert. Da musst Du dagegen klagen.“ Ganz im Ggegenteil, findet Baumgärtel. Es sei „doch eine Auszeichnung für einen Künstler, wenn andere ihn kopieren“. Der prominenteste Kopierer des Bananensprayers sei übrigens Banksy, sagt der Banansprayer. Er habe zum Beispiel sehr früh Landschaftsbilder gekauft, mit Bananen ergänzt und so zu neuen Kunstwerken gemacht. Das habe niemanden interessiert. Bis Banksy das auch getan hat. Dieses prominente Kopieren hat der Karriere Baumgärtels gut getan, so wie der Jesus 1983.