Museum für Vor- und Frühgeschichte Das Schaufenster der Landesdenkmalpflege

Saarbrücken · Das Zuhause des Museums für Vor- und Frühgeschichte verblüfft: Es ist nicht so alt, wie es aussieht. Und es gibt mehr Überraschungen.

Wer den Schlossplatz besucht, wird kaum merken, dass das ehemalige Kreisständehaus nicht aus der Barockzeit stammt – so gelungen fügt sich der zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtete Bau in die Umgebung der ehemaligen fürstlichen Residenz ein.

Dazu trägt bei, dass den Besucher innen eine große Treppe empfängt, deren schmiedeeisernes Geländer von Barock-Baumeister Friedrich Joachim Stengel entworfen wurde und das aus dem barocken Palais Bode stammt.

Gleich beim Eintritt in das Museum zieht dieses elegante und ausladende Treppenhaus die Blicke auf sich. Vor der Treppe rechts neben dem Eingang ist die Museumskasse. „Linkerhand ist eigentlich der Ausstellungsbereich für Exponate der Steinzeit und der Bronzezeit“, erklärt Franz-Josef Schumacher, promovierter Archäologe und Sammlungsleiter des Museums für Vor- und Frühgeschichte, der sein Museum vorstellt. „Derzeit wird dieser Bereich als Schauraum für die Sonderausstellung ,Patara – Lykiens Tor zur römischen Welt’ genutzt, die noch bis zum 23. September läuft“, berichtet der Sammlungsleiter.

Daher sieht man in diesem Raum eine Einführung in die Grabungstätigkeit in Patara. Aber dieser Umstand macht schon deutlich, dass es derzeit gar nicht möglich ist, die Exponate des Museums für Vor- und Frühgeschichte umfassend zu präsentieren. Denn dem Museum bleibt aktuell nur die untere Etage des repräsentativen Baus, der eigentlich gar nicht ausreicht, die umfangreichen Sammlungen zu zeigen.

Die zweite Etage ist für Sonderausstellungen reserviert. Nach der derzeitigen Patara-Ausstellung wird ab Oktober eine große Schau zum 300. Geburtstag des Fürsten Wilhelm Heinrich von Nassau- Saarbrücken gezeigt, organisiert von den Mitarbeitern der Alten Sammlung des Saarlandmuseums, deren Schauräume sich wiederum in der dritten Etage befinden.

Aus Platzgründen hat man sich daher im Museum für Vor- und Frühgeschichte derzeit auf die Funde aus der keltischen und römischen Zeit beschränkt. Vor der barocken Treppe wendet man sich für eine chronologische Führung nach rechts zu den Exponaten der Keltenzeit.

Die Präsentation des Schmucks und der Keramik der Hallstattzeit um 700 Jahre vor Christus ist elegant gelöst. Statt in Vitrinen sind die wertvollen Gegenstände in beleuchteten Wandkästen.

Beeindruckend ist, was aus dieser Zeit im Saarland, und insbesondere im Saar-Pfalz-Kreis, alles gefunden wurde. Repräsentative Keramiken mit Verzierungen, restauriert und sehr gut erhalten, sind neben Fußringen aus Bronze zu sehen, die aufgrund ihrer originalen Patina grünlich schimmern.

Im nächsten Raum wartet der Höhepunkt des Museums, die Funde aus dem berühmten Fürstinnengrab von Reinheim. Sie sind in einem eigenen Schutzraum ausgestellt, der nachts zusätzlich verschlossen wird.

Das ist berechtigt, denn neben sehr schweren Bernsteinketten, einer filigranen Röhrenkanne aus Bronze und einem keltischen Bronzespiegel ist es insbesondere der prunkvolle und doch filigran gearbeitete Goldschmuck, der diesen Fund so einmalig macht. Die Grabbeigaben sind von unschätzbarem Wert. „Es sind die Exponate unseres Museums, die eine überregionale Bedeutung haben. Sie waren schon in Ausstellungen in Paris, Tokio oder Stuttgart zu sehen. Und sie sind in sehr vielen Büchern über die Keltenzeit abgebildet“, erläutert der Sammlungsleiter.

Gefunden wurden sie 1954, und das stellt sich als ein wahrer Glücksfall heraus. „Aus der Latènezeit, so um 500 vor Christus, stammen mindestens zehn wertvoll ausgestattete Fürstengräber im Saarland. Allerdings wurden die meisten im 19. Jahrhundert gefunden. Und diese Funde wurden damals nach Trier, Speyer, Bonn und Berlin gegeben. Erst ab den 1920er Jahren blieben die Funde im Saarland“, sagt der Archäologe.

Auf erläuternde Wandtexte wird verzichtet, stattdessen stehen in jedem Raum audiovisuelle Stationen, wo sich der Besucher über die Exponate sowie über historische oder stilistische Zusammenhänge informieren kann. Um den Schutzraum des Fürstinnengrabes sind weitere Funde aus der Keltenzeit ausgestellt wie der Schmuck aus einem Kinderdoppelgrab, eine Schnabelkanne und Fibeln, also alte Schmuck-Schnallen. „Fibeln sind wichtig, denn sie zeigen eine technische Entwicklung, dienen daher als Datierungshilfe.“

Neben den Schaukästen und vor dem Glasanbau zur Schlosskirche schließt sich das „Götterrondell“ im Museum an. Dort stehen steinerne Götterfiguren aus unserer Region. „Dabei handelt es sich sowohl um römische als auch einheimische Götterdarstellungen, die allerdings römisch interpretiert wurden. So sieht man einen ,typischen’ römischen Merkur, aber auch einen in gallischer Tracht“, sagt der Archäologe. Jetzt wird es Zeit für die römischen Funde des Museums, die im linken Flügel sind. Und auch dort werden Funde aus dem Saarland gezeigt, die bereits in früheren Jahrzehnten gemacht wurden, aber auch aktuelle Funde, wie die römische Parademaske, die erst zu Beginn der 2000er Jahre in Reinheim entdeckt wurde.

Denn das Museum versteht sich auch als Schaufenster der Landesdenkmalpflege und zeigt daher auch die neuesten Funde. „Das Museum gehört seit 1980 zur Stiftung Saarländischer Kulturbesitz, arbeitet jedoch eng mit dem Landesdenkmalamt zusammen. Es gibt also eine Trennung von Amt und Museum. Trotzdem zeigen wir heute auch Exponate, die dem Land gehören“, erklärt Franz-Josef Schumacher die etwas komplizierte organisatorische Situation. Höhepunkt der römischen Epoche sind neben den hochwertigen, filigranen Bronzefiguren aus Schwarzenacker die Wandmalereien von Mechern. Sie befinden sich im abgedunkelten Herzstück des Flügels mit römischen Exponaten.

„Die Wandmalereien wurden 1969 entdeckt. Die heutige Kirche in Mechern steht über den Fundamenten einer bedeutenden gallo-römischen Villa, darunter lag eine noch ältere römische Villa, von der sich die Wandmalereien erhalten hatten“, erklärt der Sammlungsleiter. Neben Gladiatorenszenen sind auf den in die Wand eingelassenen Malereien Tiere zu erkennen wie Rehe und Hirsche, aber auch Abbildungen aus einem Esszimmer, wie ein Fisch, ein Schinken und Pilze auf einer Silberplatte. Es handelt sich dabei um die Original-Malereien, einige sind frisch restauriert.

In der Mitte des Raums wird dagegen das römische Mosaik aus Nennig auf den Fußboden projiziert. Es ist ein Hinweis darauf, dass dieser bedeutende römische Mosaikboden samt Museum ebenfalls eine Abteilung des Museums für Vor- und Frühgeschichte ist, wenn auch 70 Kilometer entfernt. In einem kleinen Raum hinter den beeindruckenden Malereien werden römische Keramiken gezeigt, die im 2. Jahrhundert im saarländischen Blickweiler angefertigt wurden.

Eigentlich würde man jetzt gerne wissen, wie es weitergeht mit den archäologischen Funden aus dem Saarland, was die Zeit der Merowinger oder des Frühmittelalters hinterlassen hat. Aber da muss man sich gedulden, bis im Museum noch mal umgeräumt wird. Oder aber bis dem Museum für Vor- und Frühgeschichte mehr Platz zur Verfügung gestellt wird.

Serie Museen im Saarland: Die SZ stellt in den nächsten Monaten jeweils wöchentlich ein saarländisches Museum vor. Teil 1: Interview mit Meinrad Maria Grewenig, Generaldirektor des Weltkulturerbes Völklinger Hütte und Präsident des Saarländischen Museumsverbandes (6. Juni), Teil 2: Roland Mönig und die Moderne Galerie (13. Juni), Teil 3: Ludwig-Galerie Saarlouis (20. Juni), Teil 4: Das St. Wendeler Museum im Mia Münster Haus (27. Juni), Teil 5: Uhrenmuseum in Köllerbach (4. Juli), Teil 6: Historisches Museum Saarbrücken (11. Juli), Teil 7: Das Römermusuem in Schwarzenacker (18. Juli), Teil 8: Saarland-Museum, Museum für Vor- und Frühgeschichte (25. Juli), Teil 9: Das Zeitungsmuseum in Wadgassen (1. August)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort