Projekt „Strahlende Kinderaugen Kenia“ Saarländerinnen wollen ein Kinderheim in Kenia bauen

Saarbrücken/Mtwapa · Die Initiative „Strahlende Kinderaugen Kenia“ bittet um Spenden für ein neues Projekt, das ein sicherer Ort vor Armut, Hunger und Zwangsheirat werden soll.

 Schulleiter Jairus Orangi und sein Team nutzen einen Geländewagen, um die Schüler in Corona-Zeiten mit Essen zu versorgen. Das deutsche Projekt „Strahlende Kinderaugen Kenia“ unterstützt finanziell.

Schulleiter Jairus Orangi und sein Team nutzen einen Geländewagen, um die Schüler in Corona-Zeiten mit Essen zu versorgen. Das deutsche Projekt „Strahlende Kinderaugen Kenia“ unterstützt finanziell.

Foto: Strahlende Kinderaugen Kenia

„Precious Hope“ – kostbare Hoffnung. Ja, die Jungen und Mädchen in Mtwapa in Kenia haben Hoffnung. Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Jairus Orangi will Kindern aus ärmsten Verhältnissen diese Zukunft bieten. Der Lehrer – selbst aufgewachsen in Armut – hat 2013 im Slumgebiet von Mtwapa, eine Stadt nahe Mombasa, die „Precious Hope School“ gegründet. 290 Kinder gehen dort zur Schule. Unterstützt wurde Orangi von dem Deutschen Hans Gnann und dessen Verein „Leben im Licht“. Die Zusammenarbeit wurde rasch ausgebaut, die Initiative „Strahlende Kinderaugen Kenia“, verwaltet vom Verein, nur ein Jahr später in Hemau in Bayern ins Leben gerufen. Sie fördert auch das Waisenheim „Minto Childrens Home“ in Mombasa, wo aktuell 26 Mädchen leben. Das platzt aber aus allen Nähten. Der Wunsch: Ein neues Kinderheim in der Nähe der Schule in Mtwapa. Der Neubau würde 180 000 Euro kosten – für die Menschen vor Ort eine nicht zu stemmende Summe. Die Initiative bittet daher um Spenden.

Eine, die sich seit Jahren in der Initiative engagiert, ist Michaela Scharf aus Saarbrücken. 2016 wurde sie bei einem Vortrag von Hans Gnann auf das Projekt aufmerksam. „Das hat mich gereizt“, sagt Scharf. „Ich habe den Mut gefasst und gefragt, ob ich helfen kann.“ Spontan flog sie einige Zeit später mit Gnann nach Kenia. Gut eine Woche war sie vor Ort. Das Leben dort, die Menschen hätten sie sehr berührt. „Trotz großer Armut bringen sie einem eine unbeschreibliche Herzlichkeit entgegen.“ Zurück in Deutschland hat sich Scharf ins Zeug gelegt. Die Werbetrommel gerührt, bei ihren Bekannten, auf der Arbeit. Sie hat Vorträge gehalten und den Internetauftritt der Initiative gestaltet. Zwei weitere Male besuchte Scharf die Schule und das Waisenhaus. Vergangenes Jahr war Jutta Geisbauer, eine weitere Saarländerin, zum ersten Mal in Kenia. Sie erinnert sich: „Mich hat am meisten beeindruckt, wie ein junges Elternpaar darum gekämpft hat, dass ihr Sohn in die Grundschule aufgenommen wird. Ich durfte dabei sein, als ihnen die Aufnahme verkündet wurde und ihre Freude und Dankbarkeit darüber werde ich nie vergessen. Ihnen ist regelrecht ein Stein vom Herzen gefallen.“ Bildung für alle – in Deutschland selbstverständlich, in Kenia für viele unmöglich.

Dieses Jahr wollten Scharf und Geisbauer wieder nach Mtwapa reisen. Corona macht einen Strich durch die Rechnung. Auch in Kenia grassiert das Virus. Seit März waren die Schulen geschlossen. Zumindest Schüler der 4. und 8. Klasse dürfen aber seit Oktober unter Hygieneregeln wieder zum Unterricht. Die Initiative steht durchgehend in Kontakt mit Schulleiter Orangi. Er und sein Team setzten alles daran, dass es jedem Schüler gut geht, sagen Scharf und Geisbauer. Die Schüler, die noch zu Hause bleiben müssen, werden mit Essen versorgt und erhalten Unterrichtsmaterialien. Die Familien leben teilweise weit außerhalb von Mtwapa in Lehmhütten. Der Zugang zu sauberem Trinkwasser und zu ausreichend Lebensmitteln ist beschränkt. Zunächst mit einem Eselwagen ist das Team zu den Kindern gelangt. Dank Spenden konnte mittlerweile ein geländefähiges Fahrzeug angeschafft werden.

Vor wenigen Wochen erreichte die Initiative dann eine erschütternde Nachricht von Schulleiter Orangi. Drei Schülerinnen wurden zwangsverheiratet. Ein 13-, ein 15- und ein 17-jähriges Mädchen wurden von ihren Eltern regelrecht verkauft. An Männer, die die Familien mit Geld, aber auch mit Kühen und Ziegen bezahlten. „In Kenia“, erklärt Scharf, „ist es verboten, dass Schulkinder verheiratet sind.“ Das Team machte sich sofort auf die Suche nach den Mädchen. Zwei konnten sie in der Nähe finden, ein Mädchen wurde rund 1000 Kilometer nach Tansania verschleppt. Die traumatisierten Jugendlichen wurden aufgrund von Vergewaltigungen erst einmal ins Krankenhaus gebracht. Statt Erleichterung machte sich bei den Eltern Empörung breit, erklärt Scharf. „Weil sie das Geld und die Tiere wieder zurückgeben mussten.“ Die Familien stünden nun unter strenger Beobachtung, die Mädchen würden regelmäßig besucht, um sie in der Aufarbeitung des Geschehenen zu begleiten.

„Manche der Schülerinnen und Schüler müssen wirklich Schlimmes erleben. Viele werden von den Familien schlecht versorgt und manche werden zur Prostitution gezwungen, um Geld zu verdienen. Leider greift hier der Staat nicht ausreichend ein, um diese Missstände zu unterbinden“, sagt Scharf. Umso drängender ist nun das Bestreben, ein neues Kinderheim in der Nähe der Schule zu bauen. „Dies soll zum einen für Kinder sein, die derzeit allein oder unter schlimmsten Umständen leben. Aber auch für die Waisenmädchen des Minto Childrens Home in Mombasa“, erklärt Scharf. Auch könnten in dem Heim Räume für praktische Tätigkeiten wie nähen genutzt werden, um die Schüler an Berufe heranzuführen. „Dann können wir den Kindern auch eine weitere Zukunft bieten, über die Schule hinaus.“

Auch kleine Spendenbeträge würden helfen und „kommen auf jeden Fall an“, sagt Scharf. Etwa um Lebensmittel zu kaufen. Dringend würden auch Monatsspender gesucht, um laufende Kosten zu decken. „Jeder Betrag zählt.“

 Michaela Scharf aus Saarbrücken engagiert sich im Projekt „Strahlende Kinderaugen Kenia“.

Michaela Scharf aus Saarbrücken engagiert sich im Projekt „Strahlende Kinderaugen Kenia“.

Foto: Strahlende Kinderaugen Kenia
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