Stadtrat „Das ist parteischädigend“

Saarbrücken · Grünen-Ortsverband kritisiert Spaltung der Ratsfraktion. Seit 2014 gab es große Veränderungen bei kleinen Parteien.

 12STV-Stadtverordnete-4sp.pdf

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Foto: SZ/Müller, Astrid

So ein großes Stühlerücken gab es im Saarbrücker Stadtrat wohl noch nie. Im Laufe der Legislaturperiode haben sich seit der Kommunalwahl 2014 zwei neue Fraktionen gegründet, und eine ist komplett verschwunden. Die kürzliche Abspaltung von drei Mitgliedern der Grünen-Fraktion, die sich jetzt „Unabhängige Grüne im Saarbrücker Stadtrat“ nennen (die SZ berichtete), stößt nun auf heftige parteiinterne Kritik. Patrick Ginsbach, Vorsitzender des Grünen-Ortsverbandes Saarbrücken-Mitte, der Direktkandidat bei der Bundestagwahl war: „Das ist parteischädigend und nicht gut für die grüne Sache. Die Partei gibt ein katastrophales Bild nach außen ab.“ Das Verhalten des früheren Fraktionschefs Timo Lehberger und von Simone Wied sowie Britta Planz sei „moralisch verwerflich“ und entspreche nicht dem Wählerwillen. Denn die Stadtverordneten seien vor der Kommunalwahl von der Partei aufgestellt worden und die Bürger hätten die Grünen als Partei gewählt.

Ginsbach, der Lehberger als Vorsitzender des Grünen-Ortsverbandes abgelöst hat, kann sich vorstellen, dass die Parteigremien über Disziplinarmaßnahmen gegen die drei „Abtrünnigen“ nachdenken. Er findet es sehr schade, dass nun Grüne gegen Grüne im Stadtrat kämpfen. Die Mehrheit der Grünen-Fraktion hatte Lehberger nach der Landtagswahl abgewählt, weil er sich unter anderem im Landtagswahlkampf nicht engagiert haben soll. Sein Nachfolger ist Torsten Reif.

Die Grünen-Stadtratsfraktion besteht damit noch aus sechs Stadtverordneten. 2015 hatte sie Zuwachs bekommen. Denn die beiden Piraten José Ignacio Rodriguez Maicas und Thomas Brass wechselten zu den Grünen. Sie waren als Piraten in die Oppostion gewählt worden, hatten aber kein Problem, dem Regierungsbündnis beizutreten. Maicas betonte damals, sie hätten sehr schnell eine große inhaltliche Nähe zu den Grünen festgestellt.

Mit dem Austritt der drei Grünen-Stadtverordneten ist nun fast das Kräfteverhältnis direkt nach der Kommunalwahl wiederhergestellt: Die rot-rot-grüne Koalition hat jetzt mit 34 Stadtverordneten einen Sitz weniger als zu Beginn der Legislaturperiode, aber immer noch die Mehrheit. 2015 gab es auch bei der Alternative für Deutschland (AfD)  große Veränderungen. Die waren dem Machtkampf auf Bundesebene geschuldet. Als Bernd Lucke damals gegen  Frauke Petry verlor und eine eigene Partei gründete, verließen die Stadtverordneten Sven Wagner und Martina Brenner die AfD. Sie sind jetzt Vertreter der „Liberal-Konservativen Reformer“ im Stadtrat. Für die AfD, die keinen Fraktionsstatus mehr hat, sitzt nur noch Bernd Krämer im Stadtrat.

Was sagt das Kommunale Selbstverwaltungsgesetz (KSVG) zur Spaltung der Grünen? Widerspricht das nicht dem Wählerwillen? Für Jürgen Wohlfarth, Rechtsdezernent der Stadt Saarbrücken, ist Letzteres ein „politisches Argument“. Nach dem Kommunalen Selbstverwaltungsgesetz seien die ehrenamtlichen Stadtverordneten nur dem Gemeinwohl verpflichtet und nicht an Weisungen gebunden. Zwar seien zwei Fraktionen einer Partei grundsätzlich nicht möglich. In diesem Fall würden die beiden Gruppierungen aber miteinander konkurrieren, erklärt Jürgen Wohlfarth. Nach der Geschäftsordnung des Stadtrates müsse die Neugründung einer Fraktion der Verwaltung mitgeteilt werden. Das sei geschehen. Also gebe es keine Einwände gegen die „unabhängigen Grünen“.

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