Kolumne So kann’s gehen Das Gute in Busverspätungen sehen

Manchmal wollen der Bus oder die Bahn einfach nicht kommen. Und manchmal entspinnt sich in der unfreiwilligen Wartezeit an der Haltestelle überraschend ein schönes Gespräch, an das man sich später gerne erinnert.

Es war eines dieser spontanen Gespräche mit einem fremden Menschen, die noch am nächsten Tag ein Lächeln ins Gesicht zaubern. „Können Sie mir bitte die Uhrzeit sagen?“ – „Es ist 18.03 Uhr.“ – „Wissen Sie, ich warte schon seit einer halben Stunde auf den Bus zum Rathaus, der kommt einfach nicht.“ – „Warten Sie, ich schaue in der App nach… Hier steht, die 125 kommt in fünf Minuten.“

Die ältere Dame freut sich, dass ich mir für sie die Zeit nehme. Selbstverständlich, ich stehe ja ebenfalls an der Haltestelle und warte auf den Bus. „Wissen Sie, ich habe nur schnell diese Kalender in der Apotheke dort besorgt. Die bringe ich ins Altenheim. Eigentlich habe ich denen schon 84 Stück vorbeigebracht, aber dann haben sie mich angerufen und gefragt, ob ich noch ein paar vorbeibringen könnte, damit alle einen bekommen können.“ – „Das ist wirklich nett von Ihnen.“ – „Ja, aber dass das jetzt so lange dauert. Wissen Sie, ich wohne auf dem Rodenhof und wollte nur schnell zur Apotheke. Jetzt warte ich hier schon eine halbe Stunde auf den Bus.“ – „Der kommt bestimmt gleich.“ – „Zu Hause steht schon die Kürbissuppe, und alles für die Kirschpfannkuchen ist vorbereitet. Ich hab auch noch gesagt, dass ich bald wieder zurück bin und wir dann zusammen essen können. Jetzt wird alles kalt sein.“ – „Ach Mensch, aber die Suppe lässt sich bestimmt schnell aufwärmen.“ – „Ja, aber wir wollten ja zusammen essen.“ – „Schauen Sie, da kommt ein Bus, allerdings nicht die 125.“

Die Dame greift nach ihrem Korb mit den Kalendern aus der Apotheke. „Haben Sie schon einen Kalender?“ – „Ja, danke, ich bin versorgt.“ – „Hier, nehmen Sie trotzdem einen. Es sind so schöne Saarlandmotive.“ Sie drückt mir im Vorbeigehen zwei der Exemplare in die Hand. „Eines reicht mir, Dankeschön!“ – „Behalten Sie beide. Ich muss den Bus bekommen. Der fährt zum Rathaus.“

Da stand ich nun also, mit zwei Kalendern aus der Apotheke in der Hand und einem breiten Grinsen im Gesicht, das durch die Maske niemand sehen konnte. Ein kurzer Blick verrät, die Bilder sind wirklich ganz schön.

Der Bus fährt los und mit ihm meine Gesprächspartnerin, die zu Hause hoffentlich von warmer Kürbissuppe und frischen Kirschpfannenkuchen in Empfang genommen wurde.

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