Kino fasziniert Das Filmhaus startet zur zweiten Karriere

St. Johann · Mehr Filmpremieren, weniger Mainstream. Senioren- und Schulprogramm bleiben, dazu kommen Vorträge im großen Saal.

 Christel  Drawer     Foto: Jo Burgard         

Christel  Drawer   Foto: Jo Burgard         

Foto: Jo Burgard

Wo man sich früher auf rustikale Holzstühle quetschen musste, darf man jetzt auf schwarzen Cocktail-Sesseln Platz nehmen. Statt wie im Wirtshaus fühlt man sich im Filmhaus-Foyer jetzt wie in einer modernen Lounge. Bevor Christel Drawer und Michael Krane das kommunale Kino in der Mainzer Straße am 15. Juni mit einem neuem Konzept wiedereröffneten, haben sie es auch optisch einer Frisch­zellenkur unterzogen. Und die - so zeigt sich bei einem Rundgang durchs Haus - hat sich auf jeden Fall gelohnt. „Wir haben es entrümpelt“, sagt Michael Krane: „Nach 25 Jahren ist ein Kino einfach in die Jahre gekommen, und wenn man mal anfängt, aufzuräumen, hört man nicht mehr auf.“

Camera-Zwo-Betreiber Krane, der für das Filmprogramm und den Abspielbetrieb des Filmhauses sorgt, und Drawer, die für die Gesamtorganisation zuständig ist, verstehen sich als Team und haben selbst mit Hand angelegt.

Jede Menge alter Kinoplakate und endlose Meter Kabelschächte hätten sie von den Wänden runtergerissen, erzählt Krane. Im ganzen Treppenhaus, im Foyer und im Kinosaal haben die Maler den Putz ausgebessert und neu angestrichen. Auch die Beleuchtung wurde teils repariert, teils erneuert. Das schöne Dachgestühl im Kinosaal sollte sichtbar werden, die bunten Neonlampen sollten wieder leuchten. Sogar die Theke im Foyer ist mit LEDs farbig illuminiert. Gleichzeitig haben Drawer und Krane alles, was ihnen überflüssig erschien und die Räume verengte wie Flyer-Ständer oder alte Rankpflanzen, ausgeräumt. Die Neueinrichtung sollte nicht viel kosten, betont Drawer. So stammen etwa die Sessel-Gruppen im Foyer aus der früheren Filmhaus-Galerie, die jetzt das Festival Max-Ophüls-Preis übernommen hat. Der historische Filmprojektor, der das Treppenhaus im Erdgeschoss aufpeppt, ist ein Geschenk von Krane aus seinem Arthouse-Kino Camera Zwo. Das Pulp-Ficton-Plakat und die Dick& Doof-Pappkameraden, die jetzt sparsam aber wirkungsvoll die Wände um die Sitzgruppe im Foyer zieren, sind laut Drawer aus dem Fundus. Inhaltlich geben diese Klassiker-Reminiszenzen aber nicht die Richtung fürs neue Filmhaus vor. Auch angesichts dessen, dass man künftig nur noch im großen Kinosaal Filme zeigt, will Krane keinen „Gemischtwarenladen“ mehr bieten. Mit einem „konsequenten Erstaufführungsprogramm“ will sich Krane einerseits vom Kino Achteinhalb, das sich der Pflege der Filmgeschichte widme, absetzen, andererseits aber auch von der Camera Zwo. Die Filme, die dort für lange Schlange sorgten, seien fürs Filmhaus „zu mainstreamig“, sagt Krane. Um die Besucherzahlen zu steigern, wie die Stadt es von ihm erwartet, reduziert Krane das Angebot der Filme in Original-mit-Unteritel-Fassungen. Um die Laufzeiten der Filme flexibler an die Nachfrage anpassen zu können, legt er, wie bei der Camera Zwo üblich, fürs Filmhaus nur ein Wochenprogramm fest.

Statt des alten Monatsprogrammhefts erscheint daher ein gemeinsamer wöchentlicher Programmflyer für beide Kinos. In einer gemeinsamen Monatsvorschau im DIN-A5-Format werden die einzelnen Filme dann ausführlicher beschrieben. Samstags, sonntags, montags erwarten die Filmhausbesucher jetzt drei und an den übrigen Tagen zwei Filmvorstellungen. „Wenn’s nach mir ginge, gäbe es noch eine vierte Spätvorstellung“, sagt Krane, vermutet dafür aber zu wenig Nachfrage. Einiges bleibt, etwa das Seniorenkino, die Schulkinowoche, die Länderfilmreihen und andere Reihen mit Kooperationspartnern.

 MIchael Krane    Foto: Andreas Engel

MIchael Krane Foto: Andreas Engel

 Bislang ein Sorgenkind der Saarbrücker Kulturpolitik: Das Filmhaus nimmt einen neuen Anlauf - in privater Regie.  

Bislang ein Sorgenkind der Saarbrücker Kulturpolitik: Das Filmhaus nimmt einen neuen Anlauf - in privater Regie.  

Foto: Oliver Dietze

Ganz neu hinzu kommt schließlich die Wissenschafts-Schiene. Christel Drawer, bei der Stadt auch für den Kontakt zu den Universitäten zuständig, will ab Herbst wissenschaftliche Vorträge und Vorlesungen ins Filmhaus einladen. Sie erfreuten sich sehr großer Beliebtheit, sagt Drawer. Da man im Rathausfestsaal gar nicht genügend Termine frei habe, sollen einige Ringvorlesungen künftig im großen Kinosaal stattfinden. Andere, für die Drawer bisher Räume anmieten musste, sollen in den Schauplatz verlegt werden, der sich derzeit noch im Umbau befindet. Da liegt es doch fast auf der Hand, das Filmhaus in „Haus für Filmkultur und Wissenschaft“ umzubenennen.

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