Völklingen Dem Russischen Bären auf der Spur

Fürstenhausen · Christine Diener aus Fürstenhausen entdeckte bereits 40 Schmetterlingsarten auf dem ehemaligen Kokereigelände.

  Christine Diener zeigt  Fotos,  die sie im Industriegebiet Fürstenhausen aufgenommen hat.

Christine Diener zeigt Fotos, die sie im Industriegebiet Fürstenhausen aufgenommen hat.

Foto: BeckerBredel

Christine Diener jagt in Fürstenhausen Russische Bären. Sie stellt ihnen nach, beweist Geduld auf der Pirsch, scheut weder Unterholz noch Hecken. Und wenn sie einen gefunden hat, dann schlägt ihr Herz höher, denn dann kommt der entscheidende Moment. Wenn das Foto gelingt, ist sie glücklich.

Der Russische Bär, ein farbenfroher Schmetterling, darf weiterfliegen. Christine Diener nimmt ihn auf, bestimmt Gattung und Geschlecht, trägt ihren Fund mit der lateinischen  wissenschaftlichen Bezeichnung in eine Liste ein und schickt diese am Ende des Jahres an das Zentrum für Biodokumentation des Umweltministeriums in Reden.

Als ehrenamtliche Naturbeobachterin ist die 54-jährige Filialleiterin eines Casinos meist in Fürstenhausen unterwegs. Wenn sie mit dem Hund nach draußen geht, richtet sie ihre wachsamen Augen auf alles, was herumflattert. Sowohl im Wald als auch im Freigelände des ehemaligen Kokereiareals.

Ihre Leidenschaft entdeckte sie 2018 im Schwarzwald bei einem Familienurlaub. „Ich wollte Orchideen fotografieren, als auf einer der Blüten ein weißer Schmetterling reglos in der Sonne saß. Es gelangen mir wundervolle Bilder mit dem Handy.“ Später begegnete sie in Fürstenhausen einem Kaisermantel, einem orangefarbenen großen Tagfalter. Wieder habe sie versucht, zu einem Foto zu kommen, und das sei mit viel Geduld gelungen.

Danach habe sie sich vorgenommen, einen Schwalbenschwanz abzulichten. Das war ein ehrgeiziger Plan, denn die prächtigen Edelfalter setzen sich selten und gelten als scheu.

„Ein Sommerflieder an der Kokerei machte es möglich. Überhaupt war ich völlig erschlagen von der Artenvielfalt, als ich erstmals ins Kokereigelände ging. 40 Tagfalter habe ich dort schon nachgewiesen und auch den Schwalbenschwanz fotografieren können. Als es hieß, dass dort neu gebaut wird, habe ich an die Völklinger Oberbürgermeisterin geschrieben und nie eine Antwort bekommen. Aber die Bebauung war ohnehin nicht zu verhindern. Ich wollte es wenigstens versucht haben. Im Internet habe ich dann den Nachruf auf ein verschwundenes Paradies veröffentlicht. Nun hoffe ich, dass zumindest auf den kleineren Restflächen noch Raum für die Schmetterlinge bleibt“, sagt die Fürstenhausenerin, die sich Literatur angeeignet hat und ihre Beobachtungen wissenschaftlich einordnet.

Inzwischen hat sie den Status einer offiziellen Naturbeobachterin des Umweltministeriums und darf sich auch abseits der Wege in Naturschutzgebieten bewegen. Ihre Beobachtungen werden in Reden in den Saarländischen Schmetterlingsatlas übertragen und gelten als Rohdaten für die alle 10 Jahre zu veröffentlichenden „Roten Listen“, in denen der Gefährdungsgrad einheimischer Arten verzeichnet wird.

Wenn das Kokereigelände neu bebaut wird, will Diener ihre Beobachtungen in Fechingen im dortigen Naturschutzgebiet weiterführen. Das Umweltministerium hat ihr die dafür erforderliche Ausnahmegenehmigung erteilt und sucht landesweit weitere Naturbeobachter – nicht nur für Schmetterlinge.

Es werden eigens Kurse angeboten, um naturinteressierte Laien zu schulen, denn die Behörde braucht verlässliche Daten über Vögel, Spinnen, Fledermäuse, Wanzen. Fliegen, Kleinsäuger oder auch die Schmetterlinge.

Christine Diener trägt dazu bei, die Arten nachzuweisen, Gefährdungen zu erkennen und neue Schutzmaßnahmen zu planen. Informationen über die Naturbeobachter gibt es im Internet.

Die „Delattinia Naturforschende Gesellschaft des Saarlandes“ ist eine Vereinigung von ehrenamtlich tätigen Naturforschern, die sich mit der Erfassung der Flora und Fauna des Saarlandes und seiner Grenzregionen beschäftigt. Sie ist direkt an das Umweltministerium angeschlossen.

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