Konkurrenz ums Grundwasser Wirbel um Pläne von französischer Mineralwasser-Firma – CDU fürchtet um Trinkwasserversorgung in Saarbrücken

Saarbrücken/Kleinblittersdorf · Konkurrenz ums Grundwasser: Die CDU-Stadtratsfraktion fürchtet um die Saarbrücker Trinkwasserversorgung. Der Grund: die Pläne einer französischen Mineralwasser-Firma.

 Die CDU-Stadtratsfraktion und der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) empfehlen das Saarbrücker Leitungswasser als umweltfreundliche Alternative zum abgefüllten Wasser aus Flaschen jeder Art.

Die CDU-Stadtratsfraktion und der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) empfehlen das Saarbrücker Leitungswasser als umweltfreundliche Alternative zum abgefüllten Wasser aus Flaschen jeder Art.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Wie die Faust aufs Auge – so passt der Kampf ums Grundwasser von Rilchingen-Hanweiler zu diesem extremen Dürresommer. Hitze und Trockenheit quälen Mensch und Natur. Jedermann steht klar vor Augen: Leichtfertiger Umgang mit Trinkwasser kann fatale Folgen haben. In solchen Situationen ergeben sich oft überraschende Bündnisse. So auch jetzt im Kampf ums Grundwasser von Rilchingen-Hanweiler.

Da stehen ungewohnterweise die Saarbrücker CDU-Stadtratsfraktion und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Seite an Seite – und warnen das saarländische Umweltministerium vehement vor einer allzu schnellen Entscheidung über einen Antrag der französischen Mineralwasserfirma Roxane GmbH. Die möchte in Rilchingen-Hanweiler künftig pro Jahr nicht mehr nur 90 000 Kubikmeter Wasser fördern, sondern zunächst 200 000 Kubikmeter – und später vielleicht sogar 400 000.

Roxane GmbH will in Rilchingen-Hanweiler noch mehr Wasser fördern

Die Vorgeschichte: Im Februar 2020 verkaufte die Karlsberg-Gruppe ihre Tochter-Firma „Gesundbrunnen Bad Rilchingen GmbH“ in der Von-der-Leyen-Straße in Rilchingen-Hanweiler an die Roxane GmbH (Marke: Christaline). Die „Gesundbrunnen Bad Rilchingen GmbH“ hatte 2006 eine wasserrechtliche Erlaubnis zur Förderung von 140 000 Kubikmetern pro Jahr erhalten, schöpfte das aber längere Zeit nicht aus und ließ die Erlaubnis 2015 auf 90 000 Kubikmeter reduzieren. Diese wasserrechtliche Erlaubnis ging beim Verkauf an die Roxane GmbH über.

Im Februar 2021 beantragte Roxane beim Umweltministerium die Erweiterung der Erlaubnis auf 200 000 Kubikmeter – und deutete an, später wahrscheinlich sogar eine Erweiterung auf 400 000 Kubikmeter beantragen zu wollen. Im Augenblick liegt aber nur der 200 000 Kubikmeter-Antrag vor.

Widerstand gegen Pläne von Roxane

Mitte Juli 2021 formierte sich Widerstand. „Das wollen wir mit aller Macht verhindern“, verkündete damals Rainer Lang, SPD, der Bürgermeister von Kleinblittersdorf: „Wir müssen sorgsam mit unserem Wasser umgehen und haben schon die Saarland Therme, die eine nicht unerhebliche Menge an Grundwasser im Jahr fördert.“

Und der Gemeinderat erklärte in einer Resolution: „Unser Grundwasser ist in erster Linie der regionalen Trinkwasserversorgung vorbehalten und sollte nicht leichtsinnig für jedwede kommerziellen Zwecke Verwendung finden. Unabhängig von Gutachten möchten wir uns klar gegen eine Erhöhung jeglicher Fördermengen aussprechen.“

Zu dieser Zeit hatte das Umweltministerium bereits eine „Vorprüfung des Einzelfalls“ anberaumt und kam zum Ergebnis, dass der 200 000 Kubikmeter-Antrag einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterworfen werden muss. Darüber wurde Roxane mit Schreiben vom 26. August 2021 informiert.

Hat das Saarland „mehr als genug Grundwasser“?

Roxane selbst gab ein hydrogeologisches Gutachten in Auftrag. Das ist – laut Umweltministerium – „keine Besonderheit“, sondern „wird von Wasserbehörden regelmäßig gefordert“ und gehört „zu den wichtigsten Bestandteilen der vom Vorhabenträger beizubringenden Unterlagen“.

Im Oktober 2021 lud Bürgermeister Lang den Experten Dr. Michael Penth, den Leiter des Geschäftsbereiches 2 „Wasser“ im Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz (LUA), in den Gemeinderat. Dort sorgte Penth für Erstaunen, als er erläuterte: „Wir haben im Saarland eine Grundwasserneubildung von 400 Millionen Kubikmetern pro Jahr. Wir können die ganze Menge nicht gebrauchen. Ein Teil fließt in die Saar. Aus meiner Sicht haben wir mehr als genug Grundwasser.“

BUND: Ministerium soll Genehmigung versagen

Aber der Gemeinderat blieb skeptisch und Bürgermeister Lang erklärte: „Wir wollen eine weitere Entnahme von Grundwasser bei uns verhindern.“

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Foto: Ruppenthal

Inzwischen hat die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) begonnen. Erster Schritt ist das sogenannte Scoping-Verfahren – bei dem auch der BUND um eine Stellungnahme gebeten wurde.

Und mit Schreiben vom 18. August 2022 empfahl der BUND: Das Ministerium solle „die Genehmigung vorläufig versagen“ – zumindest bis wissenschaftlich geklärt ist, wie viel Grundwasser im Saarland und speziell im „Einzugsbereich“ Rilchingen-Hanweiler pro Jahr neu entsteht. Die letzte offizielle Datenauswertung zu diesem Thema stammt laut BUND von 1995.

Außerdem gibt der BUND Folgendes zu bedenken: Die EU möchte erreichen, dass die Bürger mehr Leitungswasser trinken, weil dann weniger Plastikmüll und Treibhausgase entstehen. Deshalb sollen die Mitgliedsstaaten ihre Bürger darüber aufklären, dass Leitungswasser zu den am meisten und am besten kontrollierten Lebensmitteln der EU gehört. Der BUND wirft der Mineralwasser-Industrie vor, sie habe – „im Gegensatz“ zu den Absichten der EU – versucht, das Leitungswasser „zu diskreditieren“ und die Bürger davon abzuhalten, Leitungswasser zu trinken.

CDU fürchtet um Trinkwasserversorgung in Saarbrücken

Überraschende Schützenhilfe bekommt der BUND von der Saarbrücker CDU-Stadtratsfraktion. Die fürchtet, das Projekt von Roxane könnte die Trinkwasserversorgung der Landeshauptstadt beeinträchtigen. Hintergrund: 60 Prozent des Saarbrücker Trinkwassers kommen aus den Brunnen der „Wasserwerke Bliestal GmbH“ in Wolfersheim und Blickweiler.

Diese Brunnen sind zwar in der Luftlinie rund 20 Kilometer von den Bohrungen der Roxane GmbH entfernt – trotzdem zapfen beide Unternehmen aus demselben saarländischen „Grundwasserkörper“ (Reservoir) Nummer sieben.

Wie der BUND so beklagt auch die CDU-Fraktion, dass die letzte offizielle Datenauswertung zur Grundwasser-Bildung im Saarland von 1995 stamme. Und die CDU verweist auf ein Gutachten aus Rheinland-Pfalz, wonach die Grundwasserbildung dort von 2001 bis 2018 „um rund 25 Prozent zurückgegangen ist“.

Daher fordert CDU-Fraktionschef Alexander Kessler, „dass die Entscheidung“ über den Antrag der Roxane GmbH „erst dann gefällt wird, wenn eine abgeschlossene Studie zur Grundwasserneubildung im Saarland vorliegt und diese Studie auch allen Entscheidern zugänglich gemacht worden ist“.

Das Umweltministerium versichert, dass landesweit die Grundwasserspiegel überwacht werden, um stets eine realistische Beurteilung der Grundwasserneubildung zu ermöglichen. Außerdem beteilige sich das Saarland mit mehreren anderen Bundesländern an einer Datensammlung zur „Klimaveränderung und Wasserwirtschaft (Kliwa), deren Ergebnisse Ende 2023 vorliegen sollen.

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