Autos in der Stadt Bürgerforum: Autos sollen raus aus der Stadt

Saarbrücken · Parken ist zu teuer. Saarbrücken ist eine autofeindliche Stadt. Alles Quatsch, findet das Saarbrücker Bürgerforum.

 Stau ist auf der A 620 keine Seltenheit. Um die Saarbrücker vor Lärm und Abgasen zu schützen, müssen möglichst viele Berufspendler dazu bewogen werden, mit Bus und Bahn zur Arbeit zu kommen, fordert das Saarbrücker Bürgerforum.  Archivfoto: Becker&Bredel

Stau ist auf der A 620 keine Seltenheit. Um die Saarbrücker vor Lärm und Abgasen zu schützen, müssen möglichst viele Berufspendler dazu bewogen werden, mit Bus und Bahn zur Arbeit zu kommen, fordert das Saarbrücker Bürgerforum. Archivfoto: Becker&Bredel

Foto: BeckerBredel/BeckerBredel/ck

Für Ulrike Donié ist es ein Traum, für viele andere Saarländer ein Albtraum: „Die Saarbrücker City autofrei.“ Ulrike Donié ist Vorsitzende des Saarbrücker Bürgerforums. Einer Gruppe, die vor vier Jahrzehnten das Altstadtfest „erfunden“ hat und sich immer wieder einmischt, wenn es um die Entwicklung der Landeshauptstadt geht. Und in diesen Tagen sei es besonders wichtig sich einzumischen, sagen Ulrike Donié und ihr Vorstandskollegen Klaus Fuhs. Denn es laufe etwas ziemlich schief.

Stadtverwaltung und Stadtrat haben zwar einen so genannten Verkehrsentwicklungsplan beschlossen, aber der kratze allenfalls an der Oberfläche des Problems, findet das Bürgerforum. Man habe selbst an der Erstellung dieses Plans mitgearbeitet, sagt Donié, aber das, was am Ende rauskam und vom Stadtrat abgesegnet wurde, schaffe „lediglich kleine Inseln“ im Meer der Verkehrs­probleme.

Wobei es aus Sicht des Bürgerforums vor allem drei Probleme gibt, die die Lebensqualität der Saarbrückerinnen und Saarbrücker einschränken: Es gibt zu viele Autos, und diese Autos dürfen zu schnell fahren. Problem Nummer drei: Die Stadt und vor allem das Land verweisen auf den Plan mit dem Stadtautobahntunnel, um die Probleme Nummer eins und zwei nicht ernsthaft angehen zu müssen.

Im Frühjahr haben Vertreter des Bürgerforums auf einer von ihnen organisierten Veranstaltung gefordert, dass Stadt und Land sich dringend um Lärmschutz kümmern müssen. Dazu brauche es Lärmschutzwäde und vor allem eine Tempo-60-Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Stadtautobahn, sagt das Bürgerforum. Die zuständige Abteilungsleiterin im saarländischen Wirtschafts- und Verkehrsministerium, Astrid Klug, verwies auf die Tunnelplanung. Die werde nach wie vor weiter verfolgt.
Ulrike Donié und Klaus Fuhs haben nichts dagegen, die Stadtautobahn in einem Tunnel verschwinden zu lassen. Sie sprechen aber aus, was jeder weiß: Das Tunnelprojekt ist tot. Zumindest wird niemand in den kommenden Jahren anfangen, in Saarbrücken einen Tunnel zu bauen.

„Die Tunnelvision ist schön. Sie könnte ein Segen für die Stadt sein“, sagt Donié. Aber aus dem wegweisenden Projekt sei ein Klotz am Bein der Stadtentwicklung geworden. „Zurzeit lähmt die Tunnelplanung den Fortschritt“, sagt Donié.

Fortschritt, das wären aus ihrer Sicht effektiv kontrollierte Geschwindigkeitsbegrenzungen und Flüsterasphalt auf der Stadtautobahn. Aber da passiere nichts, weil es immer heiße, dass man nicht investieren könne, weil dann ja doch alles ganz anders werde, wenn der Tunnel kommt. „Der Tunnel ist zum Totschlagargument geworden“, kritisiert Donié.

Sie und ihre Mitstreiter vom Bürgerforum finden, dass die Sache mit der alles andere verhindernden Tunnelplanung keine Sache ist, die man einer Abteilungsleiterin überlassen dürfe. Da müsse eine politische Entscheidung her. Deshalb hat Klaus Fuhs vor etwa sieben Wochen Ministerin Anke Rehlinger angeschrieben.

Weniger Geschwindigkeit führe zu weniger Lärm und weniger Schadstoffbelastung für die Saarbrücker, heißt es im Brief des Bürgerforums. Auch wegen der eh sehr kurzen Autobahnauffahrten in der Stadt sei eine Tempoverringerung sinnvoll. Weil der Bau eines Tunnels „im nächsten Jahrzehnt nicht in Angriff genommen werde“, solle die Ministerin auf den Weg bringen, „was in vielen anderen Städten, die von Autobahnen durchschnitten werden, eine Selbstverständlichkeit ist“, fordert das Bürgerforum: Lärmschutz.
 Das Wirtschaftsminsterium teilte dazu auf SZ-Anfrage mit, dass man mit einer „Antwort noch warten“ wolle, „bis ein paar Fragen im Detail geklärt sind“. „Es haben sich nämlich auf der Grundlage einer aktualisierten lärmtechnischen Bewertung ein paar neue Erkenntnisse ergeben. Unsere Fachabteilung ist gerade noch dabei, diese auszuwerten“, sagt Ministeriumssprecher Wolfgang Kerkhoff. Vermutlich im Laufe der kommenden Woche will sich das Ministerium äußern.

Apropos Ministerium: Die Landesregierung könnte noch durch eine andere Maßnahme dazu beitragen, dass es in Saarbrücken weniger Verkehr gibt, sagt das Bürgerforum. Es fordert die Ministerien und Landesbehörden auf, ihren Mitarbeitern nicht weiter kostenlose Parkplätze zur Verfügung zu stellen. „Die fahren quer durchs ganze Saarland und verpesten die Luft, stehen dann bei uns in Saarbrücken im Stau und verpesten auch bei uns die Luft“, zürnt Donié. Kostenlose Parkplätze seien keine Motivation, auf Busse und Bahn umzusteigen. Deshalb solle die Landesregierung diese Vergünstigung streichen.

 Ulrike Donié.

Ulrike Donié.

Foto: BeckerBredel

Wer unbedingt mit dem Auto zur Arbeit wolle, müssen eben zahlen. Da sei es „gar nicht so schlecht, dass Q-Park so hohe Preise hat, dann kommt der eine oder andere vielleicht auf die Idee, mit dem  Rad oder dem öffentlichen Personennahverkehr in die Stadt zu kommen“, hofft Klaus Fuhs. Wobei man nicht einfach nur Behördenparkplätze streichen dürfe. Das Angebot an Park&Ride-Plätzen vor den Toren der Stadt müsse deutlich ausgebaut werden. Und die Landesregierung solle überlegen, ihren Mitarbeitern kostenlose oder vergünstigte Bahn- und Bustickets zu finanzieren. Geredet sei genug, das Land müsse schnell handeln, sagt Donié, denn: „Es müsste jetzt mal langsam etwas passieren. Wir leben schließlich jetzt. Mann kann das nicht  auf den St.-Nimmerleins-Tag verschieben.“

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