Saarbrücker Straßennamen Missbrauch einer Heldengeschichte?

Alt-Saarbrücken · Stefan Weszkalnys ist ein Mann mit viel historischem Wissen und Gespür. Und er weiß aus seiner Erfahrung als Beamter im Kultusministerium, dass Dinge manchmal Zeit brauchen, wenn man sie richtig gut machen möchte.

Bereits im Mai vergangenen Jahres hat der Pensionär an den Präsidenten des Roten Kreuzes im Saarland, Michael Burkert, geschrieben, um ihn auf ein wichtiges Ereignis und einen wichtigen Mann hinzuweisen: die Schlacht von Spichern, die sich 2020 zum 150 mal jährt, und John McIntosh, der als Rot-Kreuz-Helfer aus Großbritannien verwundeten Soldaten deutschen und französischen Soldaten zur Seite stand. Man könne doch pünktlich zum Schlacht-Jubiläum eine Saarbrücker Straße nach John McIntosh benennen, schlug er vor.

Der Schotte, der auch noch Wochen und Monate nach der Schlacht Verwundete versorgte, starb am 23. November 1870, vermutlich an Diphtherie. Ein Held der Menschlichkeit, ein historisches Datum - für Stefan Weszkalnys klang das alles nach einem „internationalen Ereignis“. Um so enttäuschter zeigt er sich nun, weil   „die Oberbürgermeisterin und ihre Ratgeber es für besser gefunden haben, die Namensgebung ruck,zuck als eine Wahlkampfaktion zu verheizen“.

Statt im kommenden Jahr wurde die „John McIntosh“-Straßentafel bereits am 4. Mai im Quartier „Im Wittum“ im unteren Alt-Saarbrücken angebracht. Ein Termin, zu dem kein „Hochrangiger“ des britischen Roten Kreuzes „abkömmlich war“, weil eine Rot-Kreuz-Veranstaltung mit Prinz Charles „alle Kräfte band“, wie Weszkalnys sagt. Dass es schnell gehen musste vor der Wahl am 26. Mai, zeige sich auch an der öffentlichen Bekanntmachung. Der Straßennamen-Beschluss des Bezirksrats Mitte wurde am 30. April veröffentlicht – mit dem Hinweis, dass man innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen kann. Vor dem 30. Mai hätte also nichts passiren dürfen, sagt Weszkalnys.

Stadtpressesprecher Thomas Blug erklärt das alles ganz anders.  Der neue Platz ist am 28. März im Bezirksrat einstimmig benannt worden. Im April ist der Platz fertiggestellt worden, am 4.  Mai war die offizielle Eröffnung. „Das ist ein üblicher zeitlicher Ablauf“, sagt Blug. Die Gäste vom Britischen Roten Kreuz hatten ihre Teilnahme an der Eröffnung im Vorfeld zugesagt. Der Landesverband Saarland des Deutschen Roten Kreuzes hatte den Termin mit den Briten koordiniert. Die Briten hätten erst wenige Tage vor der Veranstaltung abgesagt. Die Widerspruchsfrist habe „bei der Terminierung keine Rolle gespielt“. Widersprüche gegen Straßenbenennungen seien „eine absolute Ausnahme, in den zurückliegenden Jahren gab es nur einen Fall“. Erfolgreich könnte ein Widerspruch nur sein, wenn die Benennung die Rechte von jemandem verletzt.

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