Impro-Krimi im Kino Blöd, wenn man die Kettensäge daheim vergisst

Saarbrücken · Von Anja Kernig

„Wo finden wir Malte“, fragt Malte alias Stephan Vanecek beim zigsten Brainstorming des Abends in die Runde. Und bittet um Vorschläge mit lokalem Bezug. „In der Saar“, hallt es irgendwo aus den hinteren Reihen des „pickepacke“ ausverkauften Kinos achteinhalb. Plausibel, aber langweilig. „Im Krabbencocktail.“ Alles prustet und auch die sechs Schauspieler auf der Mini-Bühne grinsen um die Wette. Blöd nur: Axt und Kettensäge sind daheim in Trier geblieben. Aber es kommen ja noch genügend andere Vorschläge. Letztendlich scheidet Malte Trump, 36, in Saarbrücken praktizierender Nordseekrabbenfischer und begnadeter Salsa-Tänzer, vor der Nordsee-Filiale in der Bahnhofstraße aus dem Hier und Jetzt. Und auch das hübsch originell: Er wurde totgeküsst.

Viel gagiger kann ein Kriminalfall unmöglich gelöst werden als vom 2005 gegründeten Improvisationstheater „sponTat“. Was ein offenes Geheimnis zu sein scheint, so gut, wie die Veranstaltung besucht war. Vier Frauen und zwei Männer im pinkfarbenen Vereins-Shirt hießen die Gäste willkommen und schlüpften, nachdem die Charaktere gemeinsam an einem Flipchart entwickelt worden waren, in ihre Kostüme und Rollen.

Motive gab es wie Sand am Saarstrand: Aktionskünstler Monsieur Déjà-Vu (Benjamin Joe Kelm) war Malte gram, weil der ihm eine Großlieferung Krabben vorenthielt – das Aus für des Malers megawichtige Ausstellung in Saargemünd. Gerade den Laufpass gegeben hatte Malte zudem seiner langjährigen Tanzpartnerin Gudrun (Karin Jostock). Maltes Schwester Ingeborg (Hannah Swoboda) schließlich hasste den kleinen Bruder, weil er ihr, dem Keller-traumatisierten Opfer, Asyl auf seinem Kutter verwehrte. Heidewitzka, wer war es bloß gewesen?

Ein kniffliger Fall für Kommissarin Bagges (Karin Pütz), die zu allem Überfluss noch durch ein Gag-Tourette gehandicapt war, und ihre multibegabte Assistentin Heinrich (Lisa Höpel). Da half es auch nur bedingt weiter, dass die Zuschauer einen leuchtenden Luftballon, eine Pilates-Gymnastik-Rolle und zwei künstliche Augäpfel als Indizien beigesteuert hatten. Nach der Pause gab es erstmal eine Pressekonferenz, bei der sich jeder im Raum äußern durfte, vorausgesetzt, er konnte sich als Journalist ausweisen. Nein, es sei kein politisch motivierter Mord, auch wenn das der Name des Opfers vermuten lasse, meinte Bagges gelangweilt auf die entsprechende Frage vom „Trierer Volksfreund“. Wie man jemanden totküsst? Das, so Heinrich, habe viel mit Osmose und chemischen Vorgängen und letztlich mit Zellteilung zu tun.

Den Vertreter der Schülerzeitung der Grundschule Saarbrücken Ost mobbte die Kommissarin regelrecht – genau wie die kleine kompakte Gudrun, deren Fäustchen und Füßchen Gegenstand eines Running-Gags des Abends waren. Da wunderte es auch schon gar nicht mehr groß, dass am Ende tatsächlich die falsche Person verhaftet und eingelocht wurde … aber genau das ist eben Impro. „Vielleicht kommen wir wieder?!“, postete die Gruppe am Tag nach ihrem denkwürdigen Auftritt im Internet. Das wollen wir doch schwer hoffen.