Grubenflutung Bergwerk Saar wird wohl trotz Urteils volllaufen

Saarbrücken · „Stopp!“ hatte das Oberverwaltungsgericht gesagt, das Grubenwasser im Bergwerk Saar dürfe nicht weiter steigen. Doch das tut es, wenn nun auch langsamer.

  Ein Gericht hat den Grubenwasseranstieg im Bergwerk Saar gestoppt. Doch auch wenn die Pumpen dort wieder laufen, wird das Grubenwasser wohl auf natürliche Weise weiter ansteigen.

Ein Gericht hat den Grubenwasseranstieg im Bergwerk Saar gestoppt. Doch auch wenn die Pumpen dort wieder laufen, wird das Grubenwasser wohl auf natürliche Weise weiter ansteigen.

Foto: Ruppenthal

Das Bergwerk Saar bei Ensdorf wird wohl trotz eines anders lautenden Richterspruchs auf -400 Meter mit Grubenwasser volllaufen. Das ergaben Recherchen unserer Zeitung. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Saarlouis hatte kurz vor Weihnachten vergangenen Jahres ein erstinstanzliches Urteil bestätigt, wonach der Bergbaukonzern RAG das Grubenwasser im Bergwerk Saar nicht wie geplant von -1413 auf -400 Meter ansteigen lassen darf, sondern es weiter abpumpen muss (wir berichteten). Die Gemeinde Nalbach hatte 2015 – mehr als zwei Jahre nach der Genehmigung des Anstiegs durch die Bergbehörden – Widerspruch dagegen eingelegt. Sie sah ihre Planungshoheit verletzt und fürchtete im Zuge des Anstiegs unter anderem Erderschütterungen, Trinkwasserverunreinigungen und unkontrollierte Ausgasungen.

Nach Angaben von Berg- und Oberbergamt wird das Bergwerk Saar nun aber trotz des Urteils – und zwar auf natürlichem Wege – in den kommenden rund 80 Jahren auf -400 Meter volllaufen. Wie das? Das Bergwerk Saar mit den ehemaligen Abbaufeldern Primsmulde und Dilsburg war nach dem Ende des Bergbaus explosionssicher abgeworfen worden. Das heißt, der dortige Nordschacht wurde mit einer Art Beton-Pfropfen abgedichtet. Die darunter liegenden Grubenräume sind seither nicht mehr zugänglich. Dementsprechend liegen die Pumpen, die das Grubenwasser im Bergwerk Saar an die Tagesoberfläche befördern, auch oberhalb dieses Beton-Pfropfens – und zwar in der 14. Sohle auf -400 Metern. Hier sammelt sich nach Bergamtsangaben das Grubenwasser (ursprünglich Regenwasser) aus dem gesamten Einzugsbereich von Saarwellingen bis Lebach und von Obersalbach bis Nalbach. Würden die Pumpen hier abgestellt, sickere das Wasser vergleichsweise zügig und auf natürlichem Wege durch das Gebirge nach unten – und fülle dort allmählich die ehemaligen Abbaufelder. Sind die Pumpen in Betrieb, sickere das Regenwasser dennoch – wenn auch deutlich langsamer – durch das Gebirge nach unten in die ehemaligen Abbaufelder und steige innerhalb von nun rund 80 Jahren bis zur 14. Sohle (wo die Pumpen sind) auf -400 Metern an. Und genau das sei nun nach dem Richterspruch der Fall.

Dem ursprünglichen Antrag der RAG zur Genehmigung der Flutung des Bergwerks Saar auf -400 Meter waren die Bergbehörden nach eigenen Angaben vor allem deshalb nachgekommen, weil sie die Gefahr von Erderschütterungen damit zeitlich verkürzen wollten. Hintergrund: Das dortige Gebirge gilt als spannungsgeladen, die daraus resultierende Gefahr von Spannungsentladungen (Erderschütterungen) soll laut Experten nach einer Überflutung für alle Zeiten gebannt sein. Dies hat grundsätzlich so auch unter anderem der Landesgutachter Professor Jürgen Wagner festgestellt. Die Flutung bis zur 14. Sohle auf -400 Meter im Bergwerk Saar hätte nach Bergamtsangaben rund 8 Jahre gedauert. Nun bestehe die Gefahr von Erderschütterungen hingegen rund 80 Jahre fort.

Nalbachs Bürgermeister Peter Lehnert (Grüne) erklärte am Freitag in einer ersten Stellungnahme gegenüber unserer Zeitung: „Wir werden überprüfen, ob hier etwas hinten herum erschlichen wurde, was eigentlich nicht rechtskonform ist.“

Die Bergbehörden haben zudem einen Medienbericht als unvollständig und damit irreführend zurückgewiesen, wonach das Oberbergamt selbst einen angeblichen Verfahrensfehler des untergeordneten Bergamts bei der beantragten Teilflutung des Bergwerks Saar moniert habe. Zwar habe eine frühere Justiziarin des Oberbergamts in einem Schreiben an das Bergamt vom 19. Dezember 2012 tatsächlich einen sogenannten Sonderbetriebsplan für das Vorhaben als nicht ausreichend bezeichnet und einen Abschlussbetriebsplan gefordert. Grund dafür sind nach Angaben des Oberbergamts lückenhafte Erkenntnisse der Justiziarin gewesen. Deshalb habe am Folgetag ein Gespräch zwischen Berg- und Oberbergamt stattgefunden, bei dem einvernehmlich geklärt worden sei, dass ein Sonderbetriebsplan für die Flutungspläne im Bergwerk Saar doch ausreiche. Ein entsprechender Aktenvermerk von diesem Gespräch und seinem Ergebnis liegt der SZ vor. Diese Übereinkunft von Berg- und Oberbergamt am Folgetag sei in dem kritisierten Medienbericht jedoch nicht erwähnt worden.

Gegen das Urteil des OVG hatten das Bergamt und die RAG kürzlich Widerspruch eingelegt (wir berichteten). Sollte eine Revision zugelassen werden, wird der Fall vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig landen.

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