Eröffnung des "East Side Fab" Sascha Lobo erklärt Unternehmern im Saarland den digitalen Wandel

Saarbrücken · Am Montagabend wurde der Saarbrücker „Innovations-Vulkan“ East Side Fab eröffnet. Eines haben die Verantwortlichen bereits jetzt richtig gemacht.

Internet-Experte Sascha Lobo weihte die Saarbrücker Denkfabrik „East Side Fab“ mit einem Vortrag überraschender Erkenntnisse ein.

Internet-Experte Sascha Lobo weihte die Saarbrücker Denkfabrik „East Side Fab“ mit einem Vortrag überraschender Erkenntnisse ein.

Foto: BeckerBredel

Es sei eine schwarze Woche für das Saarland gewesen, sagt Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) am Montagabend im Saarbrücker Osten. Stellenabbau in vielen Unternehmen – da hätte der Zeitpunkt für die Eröffnung des „East Side Fab“ kaum passender sein können. Denn in Zukunft soll es „Raum für Querdenker und Innovations-Vulkan sein“, so Rehlinger, ein Ort, der Ideen sprudeln lässt für die Herausforderungen der Moderne – seien es nun Klima- oder Strukturwandel.

Bei letzterem sind im wirtschaftlich schwächelndem Saarland Innovationen am dringendsten gefragt, appelliert die Ministerin an die „Repräsentanten aus Wirtschaft und Wissenschaft“, die bei der Einweihung dabei sind und beifällig nickten. Im feinen Business-Zwirn gewandet passen sie nicht so recht in die Fabrik-Kulisse, in der nun nach dem Umbau alles neu, modern und eben innovativ aussieht. Sie sitzen auf Plastikhockern oder Stehtischen, die mittels abnehmbaren, rutschfesten Bezügen ebenfalls zu Sitzgelegenheiten umfunktioniert wurden. Zu trinken gibt es Limonade von Piranja, dem Neunkircher Vorzeige-Startup, und Craft-Bier aus der saarpfälzischen Grenzregion, das irgendwie nach Blumen schmeckt.

Stichwort „Wandel“: Was das angeht, hätte man in der alten Industriehalle ja mal mit dem Einziehen einer energiesparenden Zwischendecke beginnen können. Ein wenig wirkt das „East Side Fab“ wie ein Lehrer, der versucht, seine Schüler mit Jugendsprache zu beeindrucken. Sascha Lobo (44), der im Anschluss an Rehlinger eine „Keynote“ (normaldeutsch: Vortrag) hält, ist da schon authentischer. Der Blogger und Journalist (der alle Akteure dieses Abends duzt – im Internet tut man das schließlich auch), trägt ebenfalls Sakko und Hemd, das aber am Hals lässig offen steht, weil er auf Krawatte verzichtet. Thema: „Wie das Netz die Welt verändert und was das für Innovation, Arbeit und Wirtschaft heißt“. Darüber werde er jetzt vier Stunden referieren, witzelt er. Seine Zuhörer lachen – allerdings nicht lange.

Was Lobo (in doch nur knapp einer Stunde) darlegt, lässt immer mehr Kinnladen Richtung Boden sacken. Er spricht von Infrastruktur, durch die Deutschland zu einer Wirtschaftsmacht geworden ist, eine Infrastruktur, die in digitaler Hinsicht allerdings desaströs ist. Zu negativ? Nun, der Anteil der Glasfaseranschlüsse betrage in Deutschland (Stand 2018) gerade einmal 2,3 Prozent – so viel wie in Angola. „Nichts gegen Angola, aber das Land wurde bis 2002 von ein Bürgerkrieg beherrscht“, gibt Lobo zu bedenken. Nur 40 Prozent der Haushalte dort haben heute Trinkwasser. Und auf dem Niveau bewegt sich die Bundesrepublik im digitalen Zeitalter?

So erfrischend klar, dabei völlig ohne sinnfreie Schlagworte, von der es in der Wirtschaft meist nur so strotzt, setzt Lobo seinen Vortrag fort. „Ich wusste nicht, dass es so schlimm ist,“ fasst ein Zuhörer seine Eindrücke am Ende bei der Fragerunde zusammen. Und noch am selben Abend werden unter dem eigens aufgebauten Raucherpavillon Konsequenzen formuliert. „Wir müssen unbedingt mehr in Richtung ‚digital’ tun“, drängt eine Unternehmerin ihren Kollegen. Insofern kann die Einladung Lobos wohl als ein erster Erfolg des „East Side Fabs“ gelten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort