Musical Blues Brothers Bei den „Blues Brothers“ bebt die Bühne

Saarbrücken · Wenn Laien mit Profis arbeiten, kann das fürchterlich schiefgehen. Nicht so bei diesem Rhythm-and-Blues-Musical in Saarbrücken.

 Erste Bühnenprobe des Rhythm-and-Blues-Musicals „Blues Brothers“ mit dem Projektchor im Saarländischen Staatstheater.

Erste Bühnenprobe des Rhythm-and-Blues-Musicals „Blues Brothers“ mit dem Projektchor im Saarländischen Staatstheater.

Foto: Iris Maria Maurer

„Heute alles mit doppeltem Tempo“, mahnt Regisseur Matthias Straub. „Ich brauch’ keine Schnarchnasen.“ Die 40 Damen und Herren nehmen es klaglos zur Kenntnis. Eben haben sie sich aus ihren warmen Sachen geschält, Mäntel und Taschen in den ersten drei Reihen des Zuschauersaals deponiert. Und nun suchen sie als Gottesdienstbesucher und Gospelsänger ihren Platz auf der Bühne.

Ein Hauch Euphorie liegt in der Luft, eine Prise freudige Erwartung. Für die Sänger ist es schließlich das erste Mal. Bisher haben sie im Chor- und Ballettsaal geübt und auf der Probenbühne – kein Vergleich mit der „richtigen“ Bühne, auf der das Kultmusical „Blues Brothers“ am 13. Januar Premiere feiern wird.

Das Besondere daran: Den „Blues Brothers“-Chor spielen ausnahmslos Amateure. „Alles Bürger des Landes, schlummernde Talente“, sagt Dramaturg Horst Busch, und es schwingt Respekt mit.

Für das nicht­alltägliche Projekt „haben wir die ganzen Laienchöre in der Gegend abtelefoniert“. Gesucht waren tanzbegeisterte Mitstreiter in vier Stimmlagen, die die Songs beherrschen und Lust auf solch ein Experiment haben.

Und, nicht zu vergessen, „die bereit sind, viel Zeit zu investieren“: dreimal pro Woche bis zu vier Stunden Probe. „Erstaunt“ hat Busch, was da an Potenzial schlummert. Blieb die Frage, „ob es zeitlich zu schaffen ist“ – Start war am 28. November. Doch auch diese Sorge erwies sich als unbegründet.

An jenem Samstagvormittag klappen die meisten Einsätze auf Anhieb. Da hat Choreographin Julia Grunwald erstaunliche Vorarbeit geleistet. Holzbänke werden diszipliniert rein- und wieder rausgeschleppt, die Kirche mutiert zum Tanzsaal. „Halleluja“, alles wirbelt, wilde Sprünge und Flick Flacks inklusive. Zwischendrin fährt der hintere Bühnenteil samt Klavier hoch.

Viele der Akteure haben T-Shirts und Tops an, es ist unglaublich warm. Dann heißt es: „Aufpassen!“ Ein riesiges Maschendrahtgeflecht schwebt zu Boden. Das ist auch bitter nötig, zielen die verärgerten Kneipenbesucher doch mit Bierdosen auf die frisch wiedervereinte Blues-Band. Straub vermisst da etwas Pfeffer: „Das ist eine Western­kneipe mit echten Kerlen, also bitte nicht so pussymäßig.“

Mauro Barbierato drückt der Schuh ganz woanders: „Ich will mehr hören von euch.“ Der gebürtige Italiener, der unter anderem den Kinderchor des Staatstheaters leitet, betreut den Laienchor gesanglich. Was „sehr intensiv und super spannend“ sei.

„Da seh’ ich ein Engagement, das von Profis weniger kommt.“ Für ihn spiegelt der Chor „den Querschnitt der Bevölkerung“ wider, „davon lebt der Film ja auch“. Diese Probe überrascht Barbierato positiv: „Ich dachte, hier bricht das Chaos aus.“ Von wegen: „Da haben wohl einige fleißig zuhause vor dem Spiegel geübt.“ Die Herausforderung beim Musical ist ja auch weniger das Singen als das Tanzen“ – einmal mehr bei dieser „Blues Brothers“-Inszenierung mit „krassen Choreographien. Das ist doppelt so anstrengend.“ Trotzdem seien alle bei der Stange geblieben. Auch Silke Profitlich. Die Chorleiterin und zweifache Mutter musste in der Vorweihnachtszeit so rotieren wie noch nie, um Chöre, Privatleben und Musicalproben unter einen Hut zu kriegen.

„Zeitlich ist das der Hammer“ und funktioniert auch nur, „weil meine Familie sehr kulant ist“. Der Reiz liegt für sie vor allem darin, „mal etwas Neues auszuprobieren“.

Ähnlich geht es Mario Ferber. „Ich habe noch nie gesungen, höchstens im Auto oder so“, gibt der Lacklaborant zu, der „nie auf einer Bühne stehen“ wollte – nur dieses eine Mal, weil er Fan der „Blues Brothers“ ist. „Das Stück ist super witzig, die Leute sind alle super drauf.“ So locker er im Moment auch ist, etwas Bammel schleicht sich doch langsam ein. Zwar tanzt der Saarbrücker seit zweieinhalb Jahren Lindy Hop – auch vor Publikum. Aber es ist schon eine andere Baustelle, „wenn 850 Leute auf dich sehen“.

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