Ärger um Neubau in Saarbrücken Kahlschlag erzürnt die Anwohner

Saarbrücken · Die Bäume nahe der St.-Michael-Kirche in St. Johann – sie sind nicht mehr da. Eine Sondererlaubnis des Saar-Umweltministeriums machte es möglich. Damit ist der Weg für ein Bauprojekt frei.

 Kahlschlag: Die Bäume im ehemaligen Pfarrgarten nahe der Kirche St. Michael in Saarbrücken mussten wegen eines geplanten Bauprojektes fallen. Dagegen laufen Anwohner und eine Bürgerinitiative Sturm.

Kahlschlag: Die Bäume im ehemaligen Pfarrgarten nahe der Kirche St. Michael in Saarbrücken mussten wegen eines geplanten Bauprojektes fallen. Dagegen laufen Anwohner und eine Bürgerinitiative Sturm.

Foto: Barbara Tenkhoff-Achterberg

Ein neuer Wohnkomplex mit 35 Wohnungen: Dafür muss der einstige Pfarrgarten an der Kirche St. Michael in St. Johann weichen. Das sorgt seit geraumer Zeit für gewaltige Aufregung bei zahlreichen Anwohnern. Diese ist seit dieser Woche in Empörung und Wut umgeschlagen. Denn die hohen Bäume auf dem Grundstück sind gefällt. In einer Blitzaktion, wie es Beobachter schildern. Die Kritiker, darunter eine Bürgerinitiative, hätten keinerlei Chance gehabt, das Vorhaben zu stoppen. Obwohl die Untere Bauaufsicht der Landeshauptstadt Saarbrücken sehr wohl vorsehe, dass die Gruppe dem Genehmigungsverfahren hinzugezogen werde. Das behördliche Schriftstück  liegt der SZ-Redaktion vor.

Umso größer ist der Unmut über die geschaffenen Fakten. „Hilflos musste ich zusehen, wie in einer Hauruck-Aktion der gesamte Baumbestand gerodet wurde“, schreibt die empörte Beate Max aus der direkten Nachbarschaft des geplanten Bauprojekts. Dabei hätte jetzt gar nicht mehr gefällt werden dürfen, pflichtet ihr Barbara Tenkhoff-Achterberg bei, die ebenfalls dort lebt und nun einen Blick auf das verwüstete Gelände hat, wo vor Wochen noch hohe Bäume ihre Wipfel gen Himmel reckten. Sie ist überzeugt: Wegen der Brutzeit der Vögel verbiete das Gesetz, zwischen 1. März und 30. September die Säge anzusetzen.

Dies habe aber den Investor offensichtlich nicht von seinem Vorhaben abgehalten. Schlimmer noch: Das Ganze sei sogar von Behördenmitarbeitern genehmigt worden, echauffiert sich Andrea Häberle in einem offenen Beschwerdebrief, der an Saarbrückens Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD), den städtischen Baudezernenten Heiko Lukas und sogar an den neuen Saar-Ministerpräsidenten Tobias Hans (CDU) adressiert ist. Ist hier an Recht und Gesetz vorbei entschieden worden, wie Häberle befürchtet?

„Die Baumfällarbeiten erfolgten rechtmäßig“, verteidigt Stadtpressesprecher Thomas Blug auf SZ-Anfrage die Arbeiten. Zwar stimmt er zu, dass „aus Gründen des Natur- und Artenschutzes“ die Genehmigung, Bäume zu schlagen, „grundsätzlich befristet“ sei – und zwar auf den besagten Zeitraum zwischen 1. Oktober bis 28. Februar. „In begründeten Einzelfällen kann aber die Oberste Naturschutzbehörde (...) eine Befreiung vom Rodungsverbot (...) erteilen“, ergänzt Blug. Dies sei in diesem konkreten Fall so geschehen.

Verantwortlich dafür ist das saarländische Umweltministerium, bei dem die Oberste Naturschutzbehörde des Landes angedockt ist. „Es gibt einen Ermessensspielraum“, lässt Sabine Schorr, Pressesprecherin des Ministeriums, zuerst allgemein wissen. Was die Arbeiten speziell im ehemaligen Pfarrgarten betrifft, heißt es in einer schriftlichen Begründung: „Im vorligenden Fall ist (...) infolge der Verlängerung des Rodungszeitraumes in die ersten Märztage tatsächlich kein Schaden im Sinne des allgemeinen Artenschutzes zu befürchten.“ Weder zu schützende Arten noch brütende Vögel seien auf dem etwa 2500 Quadratmeter großen Terrain entdeckt worden.

Ein Gutachter soll dies nach den langen Frosttagen kurz zuvor festgestellt haben, ergänzt Markus Kollmann. Der 48-Jährige ist der Projektleiter und Investor des umstrittenen Bauvorhabens. Er habe am 28. Februar, also am letzten Tag, an dem Bäume noch gerodet werden dürfen, die Teilgenehmigung erhalten. „Als ich merkte, dass es damit zeitlich knapp wird, habe ich bereits lange im Vorfeld Genehmigungen eingeholt, um auch noch im März fällen lassen zu dürfen“, schildert er. Es habe sich also nicht um eine Nacht- und Nebel-Aktion gehandelt, als just am 1. März die Bäume fallen mussten.

 Im Herbst war noch alles gut: Bäume ragten in die Höhe.

Im Herbst war noch alles gut: Bäume ragten in die Höhe.

Foto: Barbara Tenkhoff-Achterberg

Übrigens: Baubeginn für das Projekt mit dem Namen Opus 25 soll  erst im Herbst sein, allerdings weit vor dem 1. Oktober, wenn Roden wieder erlaubt gewesen wäre. Kollmann will eine achtstellige Summe investieren. Für die gefällten Bäume müsse er Ausgleich schaffen. Dies sei eine Auflage der Stadt und koste Kollmann um die 10 000 Euro. So sollen unter anderem eine nahe Allee an der Kirche  bepflanzt und städtische Grünanlagen im direkten Umfeld aufgewertet werden.

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