Widerstand Auf Willi Grafs Spuren durch die City

St. Johann · Bei einem Gedenkspaziergang erinnerten Saarbrücker an die Verhaftung des Widerstandskämpfers vor 75 Jahren.

 Auf der Bismarckbrücke endete der Gedenkspaziergang zum 75. Jahrestag der Verhaftung von Willi Graf. Von der Bismarckbrücke hatte Willi Bollinger, ein Freund von Graf, die Kopiermaschine für die Flugblätter der Weißen Rose  in die Saar geworfen, um Willi Grafs Eltern zu schützen. Unser Foto zeigt die vordere Reihe der Teilnehmer am Gedenkspaziergang, in der Mitte Marc Oster mit einem Bild von Willi Graf.

Auf der Bismarckbrücke endete der Gedenkspaziergang zum 75. Jahrestag der Verhaftung von Willi Graf. Von der Bismarckbrücke hatte Willi Bollinger, ein Freund von Graf, die Kopiermaschine für die Flugblätter der Weißen Rose  in die Saar geworfen, um Willi Grafs Eltern zu schützen. Unser Foto zeigt die vordere Reihe der Teilnehmer am Gedenkspaziergang, in der Mitte Marc Oster mit einem Bild von Willi Graf.

Foto: Iris Maria Maurer

Fast schweigend zieht das kleine Grüppchen über den St. Johanner Markt in die Mainzer Straße. Knapp 30 Saarbrücker, die losgegangen sind, um einem der mutigsten Kämpfer gegen das Nazi-Regime Ehre zu erweisen: Es geht um Willi Graf, der am gestrigen Sonntag auf den Tag genau vor 75 Jahren von der Gestapo (Geheime Staatspolizei) verhaftet und eingekerkert wurde.

Leise unterhalten sich einige der Gedenkenden. Jeder von ihnen trägt eine weiße Rose in der Hand – denn die Widerstandsgruppe um Willi Graf und die Geschwister Sophie und Hans Scholl nannte sich Weiße Rose.

Selbstverständlich ist Willi Graf das Thema. Und wie sich zeigt, ist es wichtig, mit Aktionen wie diesem Spaziergang an den Saarbrücker Ehrenbürger zu erinnern. Herbert Rothgerber ist immer wieder erstaunt und erschrocken, wenn junge Saarbrücker mit dem Namen Willi Graf nur wenig verbinden können: „Schließlich war er damals einer der wichtigsten Widerstandskämpfer, Willi Graf ist doch einer, der bundesweit bekannt ist“, sagt Rothgerber. Er selbst bewundert Grafs Mut: „Vielleicht war er zu mutig, wenn man sein erschütterndes Schicksal bedenkt.“

Auch die Weiße Rose als Widerstandsorganisation ist Thema. Marc Oster vom Pfarrgemeinderat der Basilika hat den Gedenkspaziergang organisiert. Oster geht vorn und trägt ein Foto von Willi Graf.

Die Gestapo verhaftete vor 75 Jahren auch Willi Grafs Schwester Anneliese, die später wieder freigelassen wurde. Sie wusste weder von der Weißen Rose, noch von den Aktivitäten ihres Bruders. Der Volksgerichtshof  verurteilte Willi Graf am 19. April 1943 zum Tode. Nach weiteren Monaten, in denen Willi Graf immer wieder von der Gestapo zu weiteren Mitstreitern befragt wurde, aber keine Namen preisgab, schlugen die Nazis ihm schließlich am 12. Oktober 1943 im Alter von 25 Jahren auf der Guillotine den Kopf ab.

Der Johannishof in der Mainzer Straße ist ein Ziel der Gruppe. Dort erinnert eine Gedenktafel an Graf. Zwischen 1922 und 1937 hat er in einem Haus gewohnt, das damals an dieser Stelle stand. Der Text auf der Tafel endet mit der Aufforderung „weitertragen, was wir begonnen haben“. Ein Zitat aus einem Brief, den Grafs Schwester Anneliese am Tag der Hinrichtung an Grafs Freunde schrieb.

Wieder ist die geringe Beteiligung beim Gedenkmarsch Thema. „Nur 30 von über 100 000 Saarbrückern - traurig“, ist da zu hören. Unter anderem wird eine Beteiligung der Willi-Graf-Schulen thematisiert. Die sind allerdings mehr am 12. Oktober, an Grafs Todestag, aktiv.

Einige weiße Rosen werden noch an die Gedenktafel am Johannishof geklemmt, dann geht es weiter. An der Birsmarckbrücke angekommen, liest Oster noch ein Gebet. Danach wird an eine bislang unbekannte Episode aus dem Widerstand in Saarbrücken erinnert: Die Kopiermaschine, mit der Flugblätter der Weißen Rose gedruckt worden waren, hatte Willi Graf in die elterliche Wohnung in der Mainzer Straße gebracht. Damit die Maschine der Gestapo nicht als belastendes Beweisstück diene, holte der damalige Freund Willi Grafs, Willi Bollinger, nach Bekanntwerden der Verhaftungen die Kopiermaschine aus der Familienwohnung und warf sie von der Bismarckbrücke in die Saar.

Als Erinnerung daran werfen die Gedenkenden die zuvor mitgeführten weißen Rosen über die Brückenbrüstung in den Fluss. Und während die Rosen still und ziemlich schnell davontreiben, zündet Oster noch eine weiße Gedenkkerze an. 

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